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Mörderische Tage

Mörderische Tage

Titel: Mörderische Tage
Autoren: Andreas Franz
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sie noch nie zuvor gesehen hatte.
    »Vielleicht ist sie taubstumm oder Ausländerin«, bemerkte eine junge Frau vorsichtig, die sich zu ihnen gesellt hatte, doch es schien, als glaubte sie es selbst nicht.
    Nur fünf Minuten nach dem Anruf trafen drei Polizei- und zwei Notarztwagen ein.
    Die ersten Fahrzeuge setzten sich wieder in Bewegung, der kleine Stau begann sich aufzulösen, fünf Beamte nahmen nacheinander die Personalien der Unfallbeteiligten auf, während ein sechster zu der jungen Frau trat.
    »Hauptkommissar Hellmer, K11 Frankfurt«, sagte Frank und hielt seinen Dienstausweis hoch. »Sie war mir fast vors Auto gelaufen.«
    »Schmidt, Revier Eschborn«, stellte sich der Beamte vor.
     »Und weiter?«
    »Nichts und weiter. Sie sehen ja selbst, was hier los ist. Sie steht entweder unter Schock, oder sie ist verwirrt. Jedenfalls spricht sie kein Wort.«
    Schmidt startete ebenfalls einen vergeblichen Versuch, mit der Frau Kontakt aufzunehmen.
    »Und sie ist tatsächlich einfach so auf die Autobahn gelaufen?«, fragte er Hellmer und die Umstehenden, nachdem er es aufgegeben hatte, ihr wenigstens den Namen zu entlocken.
    »Einfach so«, antwortete Hellmer.
    »Sonst wär der ganze Schiet doch nich passiert!«, brüllte der Lkw-Fahrer wieder los. »Ich bin voll in die Eisen gestiegen, aber sie war zu nah. Ich musste ausweichen, sonst wär sie jetzt nur noch Matsch. Sie sehen ja selbst, was draus geworden ist. Schietdeern!«
    Der Beamte entgegnete: »Das war sehr mutig von Ihnen. Für den entstandenen Schaden kommt die Versicherung auf, ich werde einen entsprechenden Vermerk in meinem Bericht machen.«
    »Und welche? Die hat doch bestimmt keine, so wie die aussieht.«
    »Ihre Firma ist doch sicher für alle Eventualitäten gerüstet, vor allem, wenn Sie solch hochwertige Ladung transportieren«, sagte Schmidt ruhig. »Die Frau muss auf jeden Fall möglichst rasch ins Krankenhaus.«
    »Besser in die Klapse«, fluchte der Lkw-Fahrer weiter.
    »Vielleicht kommt sie ja dahin«, meldete sich ein anderer zu Wort.
    Schließlich wurde die Unbekannte auf eine Trage gelegt, wo sie die Hände über dem Bauch faltete und die Augen schloss, und in den Notarztwagen gebracht. Schmidt und Hellmer folgten.
    »Sie ist völlig weggetreten«, sagte einer der Ärzte und sah kurz Hellmer an, während er ihr den Blutdruck maß. »Neunzig zu fünfzig, Puls neununddreißig«, bemerkte er mit sorgenvoller Miene und fügte hinzu: »Ungewöhnlich niedrig. Ihre Atmung ist sehr flach und unregelmäßig. Außerdem hat sie Schweiß auf der Stirn und in den Handflächen. Ich will mich nicht festlegen, aber es ist möglich, dass sie unter der Einwirkung von starken Beruhigungsmitteln steht, bloß bei diesen Werten wäre sie normalerweise gar nicht in der Lage, draußen rumzugeistern. Das ist alles sehr merkwürdig. Wir bringen sie in die Städtischen Kliniken Höchst, hier können wir nichts für sie tun. Da ich nicht weiß, ob beziehungsweise was sie genommen hat, kann ich ihr auch nichts geben.«
    »Ist sie verletzt?«, fragte Hellmer, der im hellen Licht des Krankenwagens zum ersten Mal deutlich das Gesicht der jungen Frau sah. Sein Herz schlug für einen Moment schneller.
    »Äußerlich ist nichts festzustellen. Ihre Pupillen reagieren nicht auf das Licht meiner Lampe. Und wenn ich sie berühre, zuckt sie nicht zusammen. Reflexe sind ebenfalls nicht vorhanden. Hier, sehen Sie selbst.« Der Notarzt klopfte mit dem Reflexhammer gegen den Ellbogen und das leicht gebeugte Knie. »So etwas findet man normalerweise nur bei multipler Sklerose und anderen Krankheiten, die mit dem Nervensystem zusammenhängen. Mir ist auch nicht erklärlich, wie sie sich in diesem Zustand auf den Beinen hat halten können. Sie müsste wenigstens in irgendeiner Weise reagieren.«
    »Und Sie haben so überhaupt keine Erklärung? Nicht mal ansatzweise?«
    »Möglich, dass sie unter Schock steht. So oder so, sie muss dringendst in die Klinik. Wie gesagt, wir bringen sie nach Höchst, dort wird man sicherlich herausfinden, was mit ihr los ist. Für mich ist diese Frau ein einziges Rätsel.«
     »Hm«, murmelte Hellmer, der den letzten Worten des Arztes kaum noch zugehört hatte, während er die junge Frau unentwegt anschaute. »Wie alt schätzen Sie sie? Zweiundzwanzig?«
    »Ja, Anfang, Mitte zwanzig. Draußen sind kaum zehn Grad, und sie läuft im Regen nur mit einem Nachthemd bekleidet über die Autobahn und schwitzt. Ich bin schon seit vierzehn Jahren Arzt, aber so was
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