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Moerderische Schaerennaechte

Moerderische Schaerennaechte

Titel: Moerderische Schaerennaechte
Autoren: Viveca Sten
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Semesterklausur.«
    Sie zog ein zerknülltes Papiertaschentuch aus der Tasche und trocknete sich die Augen.
    »Warum hätte er eine Reise mit seinem Bruder planen sollen, wenn er sterben wollte?« Ihr Ton war von Resignation in Aggression umgeschlagen. »Können Sie mir das sagen? Warum hätte er das tun sollen?«
    Thomas machte eine kleine abwehrende Bewegung mit der Hand.
    »Sie wissen, dass die Obduktion keine Anzeichen für etwas anderes als Suizid ergeben hat? Haben Sie eine Kopie des Berichts erhalten?«
    Sie nickte verbissen.
    »Das beweist gar nichts.«
    »Die Spurensicherung hat den Fundort untersucht, aber es gibt keine Indizien, dass Marcus durch ein Verbrechen zu Tode gekommen ist.«
    Thomas sah sie mitfühlend an.
    »Leider deutet alles darauf hin, dass er durch eigene Hand gestorben ist«, fügte er hinzu.
    Maria Nielsen zuckte zusammen, als hätte jemand sie geschlagen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Es tut mir leid«, sagte Thomas.
    »Jemand muss Marcus umgebracht haben.« Maria Nielsen richtete den Zeigefinger auf Thomas. »Sie können seinen Fall nicht einfach so abhaken. Das dürfen Sie nicht.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass wir das tun. Aber wenn wir keine hinreichenden Verdachtsmomente für ein Verbrechen finden, können wir kaum eine Mordermittlung einleiten.«
    Heftig aufflammender Zorn ersetzte plötzlich ihre Verzweiflung.
    »Ich bitte Sie! Das hat mein Sohn nicht verdient!«
    Sie lehnte sich über den Tisch und packte Thomas am Handgelenk.
    Er fühlte mit ihr, aber er hatte noch im Ohr, was der Alte, der Chef der Ermittlungsabteilung, auf der gestrigen Morgenbesprechung über Einsparungen und Unterbesetzung gesagt hatte. Auf den Schreibtischen stapelten sich die Ermittlungsakten. Ein junger Student, der allem Anschein nach seinem Leben ein Ende gesetzt hatte, würde unter diesen Umständen kaum auf die Prioritätenliste rücken.
    »Haben Sie Kinder?«
    Die Frage kam unerwartet, und für einen Moment war Thomas sprachlos. Er hob die Kaffeetasse zum Mund, um Zeit zu gewinnen.
    »Haben Sie?«, wiederholte Maria.
    »Nein. Doch.«
    Er hörte selbst, wie lahm das klang. Sein Körper erinnerte sich noch an das Gefühl, als er an jenem Morgen aufgewacht war und Emily steif in ihrer Wiege neben dem Bett lag. Als alle Wiederbelebungsversuche erfolglos blieben, hatten die Rettungssanitäter ihn mit Gewalt von der Kleinen trennen müssen.
    Am Tod seiner kleinen Tochter war seine Ehe mit Pernilla zerbrochen, und er selbst beinahe auch.
    »Ich hatte eine Tochter … aber sie ist gestorben, als sie noch ganz klein war.«
    Inzwischen konnte er es zumindest aussprechen. Es hatte lange gedauert, bis er dazu in der Lage war.
    Maria Nielsen zwinkerte, aber um ihren Mund lag ein entschlossener Zug. Sie richtete ihre geröteten Augen fest auf Thomas’ Gesicht.
    »Das tut mir leid. Aber dann verstehen Sie ja, wie mir jetzt zumute ist.« Ihr Tonfall wurde noch eindringlicher. »Sie müssen mir helfen. Marcus hat sich nicht umgebracht. Ich weiß es genau.«

Kapitel 7
    Thomas betrat den großen Konferenzraum, in dem sie für gewöhnlich ihre Morgenbesprechung abhielten. Er hatte gerade eben Maria Nielsen nach unten begleitet, und ihr trauriges Flehen klang ihm noch in den Ohren.
    Der Alte saß wie üblich am Kopfende des Tisches, neben Karin Ek, der tüchtigen Assistentin. Am gegenüberliegenden Ende trank Erik Blom den letzten Schluck aus seiner Kaffeetasse. Das feuchte Haar und das immer noch gerötete Gesicht verrieten, dass er direkt aus dem Trainingsraum gekommen war. Sein Handy piepste kurz, und als er die Mitteilung las, schmunzelte er.
    Thomas konnte sich gut vorstellen, dass es eine SMS von einer der zahllosen Freundinnen war, die den Weg des lebenslustigen jungen Polizisten kreuzten. Er selbst hatte nie ein solches Leben geführt.
    Gerade als der Zeiger auf acht Uhr sprang, ging die Tür auf und Margit kam herein. Sie ging zu Thomas’ Seite vom Tisch und schlüpfte auf einen Stuhl.
    »Sorry«, murmelte sie in Richtung des Alten. »Stau auf der Skurubron.«
    Sie erhielt ein kurzes Nicken als Antwort.
    Während die Kollegen die Aufgaben des Tages besprachen, wanderten Thomas’ Gedanken zu Maria Nielsen. Er hatte ihr halb versprochen, den Tod ihres Sohnes nicht ad acta zu legen. Nicht, weil er seine Meinung geändert hätte, sondern weil ihre Verzweiflung ihn berührte.
    Plötzlich merkte er, dass es still im Raum geworden war.
    »Bist du noch bei uns, Thomas?«, fragte der Alte.
    Thomas
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