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Mörderische Kaiser Route

Mörderische Kaiser Route

Titel: Mörderische Kaiser Route
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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lästernd.
    Auf uns würde das Gebet bestimmt nicht zutreffen, entgegnete Dieter pikiert. Aber es könne für Franz Schlingenhagen gelten.
    „Der muss garantiert sein Gewissen erleichtern, bevor er einschlafen kann.“
Hasensprünge
    Ich konnte dem vermeintlichen Uröcher Karl auch fast zwölfhundert Jahre nach seinem Ableben noch nicht verzeihen. Schließlich war er es gewesen, der durch seine damalige Bauaktivität in Blickweite zum Teutoburger Wald und zum Eggegebirge ursächlich dazu beigetragen hatte, dass ich mich heutzutage dort langweilte.
    Unser legendärer Kaiser hatte im Jahre 777 als erster fränkischer König den ersten fränkischen Reichstag auf sächsischem Boden abgehalten - und so kam ich mir nun als Fremder vor, der argwöhnisch beobachtet wurde als jemand, der nicht in die Region passte.
    Aber anders als der große Karl hatte ich beileibe nicht die Absicht, mir in Paderborn neben Aachen einen zweiten Dienstsitz aufzubauen. Nach der erfolgreichen, zwangsweisen Christianisierung der in diesem Gebiet ansässigen Sachsen, wie die kriegerisch-blutige Auseinandersetzung verharmlosend umschrieben wird, hatte der verherrlichte Kaiser oberhalb der Paderquellen einen Dom und eine Pfalz als Stützpunkt und Bischofssitz bauen lassen, um seine rebellischen Untertanen besser unter Kontrolle zu halten.
    Dass in Paderborn auch der Vertrag zwischen Papst Leo III. und Karl verhandelt wurde, der dem Öcher Urgestein später die Krönung zum Kaiser in Rom einbringen sollte, soll nur am Rande erwähnt sein; die Folgen des Deals hatten wir jetzt auszubaden: Schulz und ich als ahnungslose Anwälte in der Fremde und ein kleiner Priesterseminarist aus Aachen, der sich angeblich nach dem kaiserlichen Vorbild nicht vorbildlich gegenüber einem hübschen, weiblichen Exemplar der heimischen Bevölkerung verhalten hatte.
    Die ganze Weltgeschichte und damit auch mein Urlaub hätten sich anders entwickelt, wenn unser Kaiser damals nicht so machtlüstern gewesen wäre.
    So streunten Schulz und ich lustlos durch die von modernen Einkaufsketten durchzogene Fußgängerzone von Paderborn mit dem Betonunikum eines Busbahnhofes und dem Rathaus mit den markanten Arkaden mittendrin.
    Nicht gerade attraktivitätsfördernd war das neue Erzbischöfliche Museum, das irgendein fortschrittsgläubiger Architekt direkt neben den Dom gepflanzt hatte und das in seiner auffallenden Konstruktion mit der Verkleidung aus Bleiplatten nach meiner Auffassung alles andere als schön ist.
    Ich nahm es kommentarlos zur Kenntnis, dass mich mein Chef wegen meines fehlenden Architekturverständnisses und des Unwissens, dass der Kölner Architekt Gottfried Böhm dieses bauliche Kunstwerk geschaffen hätte, schalt.
    Im Vergleich zu dieser katholischen Stadt von Kaiser Karls Gnaden war Aachen, wie ich bedauernd akzeptieren musste, wahrlich ein Schmuckkästchen. Die einzige Attraktion, die Paderborn für eine Zeit lang besaß, war ausgerechnet die Leihgabe aus Aachen, der Sarkophag Karls, behauptete ich schnoddrig.
    Offenbar hatten selbst die Theologiestudenten sich in dieser Stadt schon vor Jahrhunderten gelangweilt. Nur so konnte ich es mir erklären, dass ausgerechnet gegenüber der theologischen Fakultät, dem Theodorianum, im Jahre 1652 in einer Eckkneipe das Kartenspiel Sechsundsechzig erfunden worden war, wie auf einem Steinrelief stolz mitgeteilt wurde.
    Hier gab es halt keine sinnvolle Freizeitbeschäftigung, knurrte ich vor mich hin.
    Bloß raus aus diesem Kaff!, konnte da nur unsere Devise lauten, die allerdings Schlingenhagen junior zunächst noch vereitelte.
    So war ich nicht gerade gut gelaunt, als wir endlich das adrette Café wieder gefunden und auf der Terrasse Platz genommen hatten.
    Zu meinem Erstaunen waren die beiden westfälischen Tageszeitungen ziemlich moderat mit dem Tatverdächtigen umgegangen.
    Da war nur von einem fünfundzwanzigjährigen Studenten aus Aachen die Rede, der bislang beharrlich zum Mordvorwurf schweige. Auch wurde die Schwangerschaft der Schülerin mit keinem Wort erwähnt.
    „Hier hat halt die katholische Kirche noch viel zu sagen“, vermutete ich im Gespräch mit Dieter, „die Kirche bringt sogar die Zeitungen dazu, zurückhaltend zu sein.“
    In Aachen wäre so etwas nicht möglich, behauptete ich und dachte unwillkürlich an einen gelegentlichen Weggefährten, einen Zeitungsreporter. Der ließe sich garantiert nicht so eng an den zensierenden Zügel nehmen.
    Die Zeitungen berichteten von den laufenden Ermittlungen
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