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Mörderische Kaiser Route

Mörderische Kaiser Route

Titel: Mörderische Kaiser Route
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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Renaissance-Wasserschloss, ehe ich an einer Brücke absteigen musste.
    Vor mir lag die so genannte Liebesinsel, die Halbinsel, die durch die von rechts heranfließende Alme und die Lippe gebildet wurde. Die Brücke, auf die der Weg mündete, überspannte die beiden Flussläufe.
    Ich musste vorsichtig einen kleinen Pfad neben dem Brückenfuß entlanglaufen, um vorwärts zu kommen. Doch weit kam ich nicht.
    Mit rot-weißen Flatterbändern war der letzte Zipfel der kleinen Landzunge abgesperrt. Ein älterer Polizist, der den Flecken bewachte, musterte mich kritisch.
    „Hier soll Franz Schlingenhagen Roswitha Thiele umgebracht haben?“, fragte ich ihn höflich, aber bestimmt und er starrte mich perplex an. „Oder hat er sie woanders umgebracht und hierher gebracht?“
    Der Polizist antwortete nicht, vielmehr forderte er mich barsch auf, zu verschwinden. Hier gäbe es nichts für Naseweise wie mich zu sehen.
    Ich grinste den Ordnungshüter frech an, hielt ihm eine Visitenkarte unter die Nase und erklärte mich kurzerhand zum Verteidiger Schlingenhagens, der, wie er ja sicherlich wisse, verdächtigt würde, das arme Mädchen umgebracht zu haben. Der Polizist schluckte, schaute sich rasch um und hob das Band an. „Kommen Sie“, flüsterte er plötzlich kumpelhaft, „aber passen Sie auf und machen Sie nichts am Tatort kaputt.“ Nun war es an mir, ihn verwundert anzuschauen, doch der Ordnungshüter lächelte nur.
    „Ihr Besuch ist mir schon per Funk angekündigt worden, Herr Grundler.“ Er musterte mich erneut, aber nun mit Respekt. „Sie müssen schon ein verdammt hohes Tier sein, wenn Kommissar Dietrich Sie hier ohne Aufsicht gewähren lässt. Ihr Kollege, Doktor Schulz, hat ihn wohl bequatscht.“
    Ich schmunzelte zufrieden. Offenbar hatte sich sogar bis nach Paderborn herumgesprochen, dass es für alle Beteiligten besser war, mit mir zusammenzuarbeiten als mich auszuschließen. Insofern hatte mir der leidige Karlspreisterror doch viele Türen, auch außerhalb des heimischen Westzipfels geöffnet.
    Andererseits, und das musste ich mir eingestehen, konnte ich ohnehin nichts mehr ändern, wenn die Polizei eindeutige Beweise gegen Schlingenhagen in der Hand hielt.
    „Dürfen Sie mir denn auch Auskünfte geben?“, fragte ich den Polizisten, der seinerseits lächelte.
    „Darf ich und tue ich gerne.“ Er deutete auf die blanken Flusskiesel an der äußersten Spitze der Halbinsel. „Dort wurde das Mädchen gefunden. Wie Sie wissen, wurde Roswitha Thiele mit einer Drahtschlinge erdrosselt.“
    „Hier oder woanders?“
    „Mit großer Wahrscheinlichkeit hier. Die Kollegen haben keine Schleifspuren oder abgeknickte Äste in der Gegend gefunden, die darauf schließen lassen könnten, dass das Mädchen hierhin geschleppt oder mit Gewalt gezerrt wurde. Anscheinend ist sie freiwillig hierher gekommen.“ Der Polizist sah verträumt in die Fluten.
    „Das ist hier seit alters her der Treffpunkt der jungen Leute, der Platz der ersten Liebe. Ich weiß nicht, wie viele Liebespaare aus der Umgebung sich hier zum ersten Mal geküsst haben.“
    „Aber gestorben wird seltener?“ Ich unterbrach den Polizisten, bevor er in salbungsvoller Romantik dahinschmolz. „Das ist in der Tat kein Platz zum Sterben“, entgegnete er. ,Eher zum Zeugen’, dachte ich mir.
    „Hat das Mädchen die Drahtschlinge noch um den Hals gehabt?“ fragte ich.
    „Nein.“
    „Wurde die Tatwaffe bei Schlingenhagen gefunden?“
    „So viel, wie ich weiß, noch nicht“, antwortete mir der Polizist.
    „Der Verdächtige streitet auch ab, das Mädchen umgebracht zu haben.“ Er rieb sich nachdenklich das Kinn. „Das wird sowieso noch eine heikle Angelegenheit. Ich möchte nicht in der Haut der Juristen stecken.“
    „Wieso nicht?“, fragte ich verblüfft.
    Der Polizist sah mich an.
    „Wissen Sie denn nicht, dass Schlingenhagen Student am Priesterseminar des Bistums Paderborn ist?“
    Ich wusste es nicht. Woher hätte ich es auch wissen sollen?
    Die Mordsache wurde zunehmend interessanter, musste ich zugeben, als ich nach der ergebnislosen Untersuchung des Tatorts mit dem Fahrrad zurück nach Paderborn fuhr.
    Da war eine gerade einmal achtzehnjährige Schülerin eines katholischen Internats unter Nonnenleitung ermordet worden und ein Priesterseminarist, den es aus Aachen nach Ostwestfalen verschlagen hatte, wurde des Verbrechens verdächtigt und steckte wahrscheinlich schon in Untersuchungshaft.
    Ob Roswitha und Schlingenhagen etwas miteinander hatten?
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