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Mörderische Kaiser Route

Mörderische Kaiser Route

Titel: Mörderische Kaiser Route
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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überdenken.
    Dieter war ziemlich blass um die Nase, als er sich mir näherte. Er hatte verbittert die Lippen zusammengekniffen und sah mich mit glanzlosen Augen an. „Was ist los, mein Freund?“, fragte ich bekümmert.
    Hilflos zuckte Dieter mit den Schultern und hob verlegen die Arme.
    „Franz Schlingenhagen ist tot. Er hat sich in seiner Zelle aufgebaumelt.“
    Ich hatte Schwierigkeiten, die Meldung zu verdauen und wollte nachfragen. Doch Dieter winkte ab.
    „Mehr weiß ich auch nicht. Ein Kommissar namens Dietrich von der Paderborner Kripo hat mich gerade angerufen und informiert. Er will mit uns sprechen, bevor der alte Schlingenhagen benachrichtigt wird. Wir sollen sofort ins Untersuchungsgefängnis kommen.“
    Sprachlos stapften wir los. In dieser überschaubaren Stadt waren die wichtigsten Einrichtungen zu Fuß leicht zu erreichen. Da war es fast schon wieder so wie in Aachen, wo es auch hügelauf und hügelab ging. Über den Domplatz und am Bischofssitz vorbei kamen wir zum Gericht und zum angrenzenden Gefängnis.
    Das Bedauern des Kommissars war echt, als er uns in einem schlichten Büro begrüßte und zu einem Schreibtisch führte. Meine Anwesenheit „als Kollege und Freund“, wie mich Schulz vorstellte, nahm er kommentarlos hin.
    „Mir tut es wirklich Leid um den Jungen, auch wenn er ein Verbrechen begangen haben sollte. Eigentlich war er kein schlechter Kerl, denk ich mal. Der hat nur die Nerven verloren“, sagte er teilnahmsvoll.
    Ich hatte den Eindruck, der Kommissar übte seine Funktion aus, ohne zu vergessen, dass er auch Mensch war. Der Mann Anfang fünfzig sah mitgenommen aus. Auf diese Art wollte er bestimmt nicht seine Fälle lösen. Er schüttete uns ungefragt Kaffee ein.
    ,So ein Selbstmord wirft immer mehr Fragen auf als er Antworten gibt’, dachte ich und bat Dietrich, uns die vorliegenden Informationen mitzuteilen.
    Viel sei es nicht, gab er zu.
    „Wir haben Schlingenhagen heute vorgeführt, um die medizinische Untersuchung wegen der vermeintlichen Vaterschaft vorzunehmen. Anschließend wurde er in die Zelle zurückgeführt. Als die Wärter ihm wenige Minuten später das Mittagessen bringen wollten, hing er schon leblos am Fenstergitter. Er hat sich mit der Schnur seines Rosenkranzes erhängt. Der Arzt konnte nur noch den Tod feststellen.“
    Der Kommissar schüttelte verständnislos den Kopf. „Das war eine unerwartete Überreaktion. Der Junge war zwar verschlossen, aber er strahlte dennoch eine innere Ruhe aus.
    Mit diesem Selbstmord konnte wohl niemand ernsthaft rechnen.“ Er seufzte und verschränkte die Arme vor der Brust. „Jetzt steht uns das Schlimmste noch bevor. Wir müssen den Vater, den Bischof und dann auch noch die Presse benachrichtigen.“
    Dietrich sah uns erschöpft an.
    „Das hat es während meiner langen Dienstzeit noch nicht gegeben, dass ein Priesterseminarist im Paderborner Gefängnis Selbstmord begeht.“ Er wandte sich bittend an Dieter. „Können Sie nicht mit der Familie Schlingenhagen sprechen? Sie sind immerhin ihr Anwalt und kennen sie mit Sicherheit viel besser als ich.“
    Ich beobachtete, dass mein Freund sich schon bereit erklären wollte und legte ihm bremsend die Hand auf den Arm. So schnell wurde der Kommissar sein Problem und damit auch uns nicht los.
    „Was ist mit der Untersuchung von Schlingenhagen? Wird sie trotz seines Ablebens vorgenommen?“
    Man könne unter diesen Umständen wohl darauf verzichten, entgegnete Dietrich. Sie würde nicht mehr von Bedeutung sein, nachdem Mutter und vermeintlicher Vater nicht mehr lebten. „Ich fände es aber im Interesse unseres Mandanten besser, wenn wir ein Untersuchungsergebnis bekommen. Der Nachweis der Vaterschaft gibt auch Klarheit über ein wahrscheinliches Motiv“, gab ich schnell zu bedenken. „Diese Klarheit ist jedenfalls besser als eine ewige Ungewissheit.“
    Der Kommissar rieb sich nachdenklich übers Kinn. Offenbar war er von meinem Ansinnen nicht angetan.
    Ich wollte Dietrich die Entscheidung in meinem Sinne erleichtern. „Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Sie kümmern sich um die Untersuchung, wir kümmern uns um die Familie Schlingenhagen.“
    Mit einem müden Lächeln stimmte er zu. „Was ist eigentlich mit Roswitha Thiele? Wann wird sie beerdigt?“, fragte ich weiter.
    „Ursprünglich wollte der Staatsanwalt die Leiche heute noch freigeben“, antwortete der Kommissar, aber jetzt würde er wahrscheinlich mit der Freigabe warten, bis das Untersuchungsergebnis von
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