Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tessy 02: Tessy und die Lust des Mörders

Tessy 02: Tessy und die Lust des Mörders

Titel: Tessy 02: Tessy und die Lust des Mörders
Autoren: Lara Wolf
Vom Netzwerk:
Prolog
     
    Honey hatte sich an den Deal gehalten: keine Fragen, keine Polizei, kein Arzt, kein Wort zu niemandem. Zu keiner Zeit. Zweitausend Euro waren ein überzeugendes Argument. Noch überzeugender war die Drohung des Typen mit den grünen Augen und der sanften Stimme gewesen.
     
    „Ich bring dich um“, hatte er geflüstert und beim Lächeln seine strahlend weißen Zähne gezeigt. Zähne, mit denen er sie noch kurz zuvor so heftig in den Nacken gebissen hatte, dass sie davon überzeugt war, den Zahnabdruck auf ewig wie ein Brandmal tragen zu müssen. „Ich bring dich um. Und zwar auf die unschöne Art, verstehst du?“
     
    Sie verstand sehr gut, besser als ihr lieb war. Bei näherer Betrachtung war ein Deal eigentlich etwas anderes, aber sie hatte ihr Einverständnis mit heftigem Nicken bekundet, während seine rechte Hand ihren Hals mit zärtlichem Druck umschloss.
     
    „Erwürgen kann sehr lange dauern“, fuhr er fort, ohne den Blick von ihr zu lassen, und der Druck verstärkte sich. Von Zärtlichkeit war auf einmal keine Spur mehr. „Immer wenn du glaubst, dass es gleich vorbei ist, gönne ich dir ein, zwei Atemzüge, dann ficke ich dich oder lasse dich von ein, zwei, drei kräftigen Kerlen durchficken, und irgendwann geht dir die Puste aus. Hab ich mich klar ausgedrückt?“
     
    Hatte er. Sie durfte als Erste gehen. Honey war nach Hause gefahren, und sie hoffte, dass Lilly bald dasselbe tun würde. Lilly war die andere Nutte. Die Typen hatten die ganz harten Nummern gewollt. Vergewaltigung mit allen Schikanen. Das war nicht abgemacht gewesen. Lilly hatte es noch schlimmer erwischt als Honey. Sie hatte Prügel mit einem Riemen bezogen und war auf einer Werkbank gefesselt worden. Dann hatte der Grünäugige sich mit ihr beschäftigt. Honey hatte mit dem glatzköpfigen Fettsack, dem sie einen hatte blasen müssen, während ein drahtiger Kerl sie brutal von hinten fickte, fast noch Glück gehabt, sofern man diesen Ausdruck hier überhaupt benutzen wollte. Die Schläge vorher waren heftig gewesen, aber Honey warf so schnell nichts um. Sie war einiges gewöhnt. Sie war abgehärtet. Lilly nicht. Lilly ging nur gelegentlich auf den Strich. Wenn das Geld mal wieder verdammt knapp war oder ihr Bruder sie anbettelte, was letztlich aufs Gleiche hinauslief.
     
    Gut zwei Wochen lag die Geschichte inzwischen zurück. Seit einigen Tagen ging Honey wieder auf den Strich und verfluchte die bittere Kälte des späten und heftigen Winters. Fast jede Nacht trank sie ihren brühend heißen Kaffee in der Bar, in der auch Lilly häufig herumlungerte und manchmal einen Freier abschleppte. Honey hoffte, sie zu treffen und einen verschwörerischen Blick mit ihr tauschen zu können. Vielleicht könnte man auf die fiesen Typen anstoßen, weil sie neben blauen Flecken und einer gehörigen Portion Angst eine Menge Geld eingebracht hatten. Aber Lilly tauchte nicht auf. Wahrscheinlich hat sie es gerade nicht nötig, überlegte Honey. Bei der Schweinekälte sollte man ohnehin lieber zu Hause bleiben, wenn man nichts Besonderes vorhatte.
     
    Honey schob das beklemmende Gefühl, das sich mit frostigen Fingern in ihr Herz drängte, beiseite und wiederholte das Mantra des Grünäugigen: keine Fragen, keine Polizei, kein Arzt, kein Wort zu niemandem. Zu keiner Zeit. Sie nickte und strich sich über den Hals. Es war besser, diese Nacht ganz schnell zu vergessen.
     

Erstes Kapitel
     
    Ohne Frage – die neuen, hellen Kiefernmöbel machten sich gut, die bunten Vorhänge und der frische Anstrich brachten Farbe ins Haus, und der rustikale Kaminofen sorgte für kuschelige Wärme und eine rundum wohlige Atmosphäre. Tessy stolzierte von Zimmer zu Zimmer und begutachtete mit zufriedener Miene ihr Werk.
     
    Edgars Häuschen hatte eindeutig gewonnen, die Räume wirkten größer und ordentlicher, wenn auch der schrullige Charme ihres Onkels bei der Umgestaltung verloren gegangen war. Aber vielleicht war das gut so.
     
    Tessy seufzte, als sie in die Küche ging, wo ein blauer Küchenschrank die wurmstichige und wacklige Anrichte ersetzt hatte. Tessy gönnte sich ein zweites Frühstück und warf dabei einen Blick aufs vereiste Feld, das direkt hinter ihrem Haus begann.
     
    Es hatte sich ja im Verlauf des letzten Jahres durchaus angedeutet, dass ihr Onkel der Hauptstadt nicht mehr allzu viel abgewinnen konnte, obwohl er im Süden von Berlin ausgesprochen ländlich wohnte. Er fühlte sich bei seinem Wildkatzenprojekt in Bayern sauwohl. Es war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher