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Mörder Quote

Mörder Quote

Titel: Mörder Quote
Autoren: T Hermanns
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seine prollige Rapper-Freundesclique belästigten noch die Frau vom Catering, und Rocker Uwe saß mit seiner hässlich blondierten Frau und drei (!) Kindern da und trank stumpf Bier. Mit 40 noch Popstar – na viel Glück dabei, dachte Sascha schnippisch. Vielleicht als »The singing Hartz- IV -Family«?
    Er beschloss trotz aller Disziplin kurz im Rainbow vorbeizuschauen. Es war seine erste TV Show gewesen, es war seine super erste Show gewesen und das gehörte gefeiert!
    Im Rainbow genehmigte sich Mausi Schmitz in diesem Moment schon das achte Kölsch und einen dritten Genever dazu. Endlich saß er nach der Arbeitsschicht auf seinem Stammplatz an der Bar und konnte diese Scheiß-Show eine Scheiß-Show sein lassen. Niemand in dieser Scheiß-Show arbeitete so viel wie er. Er war immer morgens der Erste, um alles vorzubereiten, und abends der Letzte, wenn sich die Dame und die Herren der Jury nach ihren Besprechungen und Betrinkungen endlich abschminken ließen. Mausi seufzte. Vielleicht sollte er doch noch mal den Job wechseln, seinen eigenen Salon aufmachen und diesen Pseudo-Stars und Starlets Tschö sagen. Die konnten doch nix. Das waren alles Laien, genauso wenig Ahnung vom Singen wie von Make-up. Diese blöde schwarze Krähe mit ihren blauen Lippen und den grauenhaften Haaren war auch noch weitergekommen! Dabei hatte er Madame Tanya sogar einen lustigen Tipp gegeben, indem er den Namen der Gothic-Tussi auf dem Juryzettel kurz vor der Show durchgestrichen hatte. Aber nein: Loben musste die sie noch für ihr Gejaule! Das würde er ihr heimzahlen.
    Mausi Schmitz sah sich um. Das Rainbow war wie immer rappelvoll, Hunderte von Feierwütigen drängten sich an der schmalen Bar. Die Kneipe war berühmt dafür, dass sie das ganze Jahr über Karneval feierte. Zuerst nur proppenvoll in der närrischen Zeit, war das Rezept »Schunkeln, Schmusen, Schnäpse« so gut angekommen, dass die Wirte dieses schwul-lesbischen Bumslokals das Ganze kurzerhand über das Jahr ausgeweitet hatten. Nun gab es jeden Tag, ob Sommer, ob Winter, ob Pfingsten, ob Erntedankfest Karnevalslieder, Karnevalsküsse und Karnevalskotzen. Sogar Kostüme tauchten mitten im Jahr plötzlich auf. Meistens »Matrose«, aber ab und zu auch »Bauarbeiter« oder »New Yorker Cop«. Oder – wie Mausi am Tresen gegenüber bemerkte – Teufelchen.
    Mausi prostete dem Barkeeper aufmunternd zu, der drückte eine Taste auf seinem Laptop, und nun setzte Mary Roos’ Schlager »Einmal um die Welt« ein, ein absoluter Hit in diesem Lokal und eines von Mausis Lieblingsliedern. Dieses Lied führte immer rituell dazu, dass Gäste und Gästinnen die Deckenlampen anschubsten, dass Runden des beliebten Hausschnaps bestellt wurden und auf jeden Fall eingehakt und geschunkelt wurde. Mausis Laune hob sich zwei Lidstriche. Mary Roos, das war noch ein echter Star! Die konnte richtig singen und sah immer top gepflegt aus! Und das seit vielen, vielen Jahren! Darauf noch einen Genever! In einem Anfall von Schlager-Menschenliebe prostete Mausi sogar Kandidatin Chantal mit dem Schnapsglas zu, die im hinteren Bereich des Lokals Hof hielt. Die Transsexuelle war wie Mausi Stammgast des Lokals, aber sie war hier schon immer Königin gewesen, während Mausi es nur bis zum Status »Hofstaat mit Alkoholproblem« gebracht hatte.
    Nachdem Chantal bei MS 3000 angenommen worden war, war ihre Aura im Rainbow natürlich endgültig ins Göttinnenhafte gestiegen, und so würde sie wohl in den nächsten Wochen jede Liveshow im Nachhinein hier feiern, ob Sieg oder nicht.
    »Erst Vollfrau, dann Superstar!«, stand auf Chantals engem pink glitzerndem T-Shirt, das sie schon wieder etwas zu hoch gezogen hatte, so stolz war sie immer noch auf ihre neuen teuren Brüste.
    »Einmal um die Welt, einfach reisen, wo es uns gefällt …«, sang Mary Roos, und Chantal und Mausi sangen lauthals mit, so lange, bis sich plötzlich ein großer Mann durch das Lokal schob, der völlig fehl am Platz wirkte. Anzug und Krawatte hatte hier niemand an, die Uniform war enges Label-T-Shirt und Jeans. Und Mausi wunderte sich, so weit er sich nach so viel Alkohol noch klar wundern konnte. Dass der PR -Fuzzi Peter de Bruyn auch schwul war, hätte er nie gedacht. Der wirkte doch immer so macho. Aber man täuschte sich heutzutage ja oft, kicherte Mausi plötzlich albern in sich hinein.
    Als er wieder in Peters Richtung schaute, war der verschwunden. Und Chantal auch. Vielleicht war Herr de Bruyn einer dieser Transen-Liebhaber – da
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