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Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug
Autoren: Frank Goyke
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Wartezimmer von Dr. Zimmer. Hatte der andere ihn damals schon durchschaut? Er wusste es nicht. Doch als er dann im Zug aufgetaucht war mit seinem Rucksack, als er ihm einen wissenden Blick zugeworfen hatte, da gab es keinen Zweifel mehr, dieser Mann war ausgeschickt worden, um ihn zur Strecke zu bringen. Die beiden Glatzköpfe in ihren Motorradjacken hatten es bestätigt. Die Stimmen hatten es bestätigt. Sein Gefühl hatte es bestätigt. Im Oberstock saß der auf ihn angesetzte Killer.
    Er hatte getan, was getan werden musste.

VI Geld
    Uplegger stand im Herrenklo der Dienststelle vor einem Spiegel und rasierte sich mit einem Einwegrasierer, der am Anfang so scharf war, dass er sich schnitt, und dann so rasch stumpf wurde, dass er sich Hautfetzen von den Wangen schabte. Die ganze Nacht war er auf den Beinen gewesen, denn auf Anordnung des Kripo-Chefs hatte es in allen Klubs, in denen Morten aufgelegt hatte, Razzien gegeben. Die Mordfälle waren nicht nur ihren Kinderschuhen entwachsen und hatten laufen gelernt, sie hatten angefangen zu rasen. Kurz nach zwei Uhr in der Frühe war die Nachricht eingetroffen, dass die polnische Polizei die Transporter der B.C.I. an einer Raststätte in der Nähe der litauischen Grenze aufgespürt, die Fahrer festgenommen und in einem Laster eine Pistole gefunden hatte, eine Jarygin PJa , laut Manfred Pentzien eine russische Polizei- und Militärpistole. Diese Nachfolgerin der Makarow PM war eingeführt worden, weil die Armeeführung beschlossen hatte, die NATO-Munition 9 mm Para zu benutzen.
    Uplegger beseitigte die Spuren vom Schlachtfest mit einem Papiertaschentuch, so gut es ging. Gut ging es nicht. Er wusste, dass die Dampframme eine Anspielung machen und etwas von Streuselkuchen sagen würde, aber er war viel zu müde, um sich davor zu fürchten.
    Barbara war ein echtes Phänomen: Gemeinsam mit den Kollegen vom Rauschgift hatte sie stundenlang Vertreter der Rostocker Jeunesse dorée verhört, die sich mit Dope, Speed oder Koks in Stimmung brachten. Ohne zu murren, sie war dabei sogar immer heiterer und scheinbar auch immer frischer geworden. Als Uplegger ins Büro zurückkehrte, rieb sie sich zufrieden die Hände.
    »Mein Gott, was ist mit Ihrem Gesicht?«, rief sie.
    »Rasierunfall«, murmelte er.
    »Sie sehen ja wie ein Streuselkuchen aus! So kann man Sie gar nicht der Öffentlichkeit präsentieren.« Sie griff in eine Schublade und stellte ihm einen Flachmann vor die Nase. »Hier, das adstringiert, desinfiziert und mumifiziert.«
    »Nein, danke.« Uplegger ließ sich auf seinen Drehstuhl plumpsen, der vor Altersschwäche aufschrie.
    »Wir haben’s«, jubelte Barbara. »Morten und Riccardo haben die Rostocker Szene mit Stoff versorgt. Nicht in der höchsten Liga, aber in der Kreisklasse waren sie Nummer Eins. Damit haben sie sich bei den wahren Herren des Drogenbusiness bestimmt keine Freunde gemacht.«
    »Es geht also voran.«
    »Oh, es kommt noch besser. Morten hat ja aus der Nähe von Lübeck angerufen, und da haben unsere Freunde von der Schutzpolizei die A 1 und die A 20 abgeklappert. Riccardos Handy lag in einem Müllbehälter der Raststätte Auf dem Karkfeld . Ziemlich unprofessionell. Außerdem habe ich mit dem Rettungsdienst telefoniert. Lukrecija Medanauskas ist nicht im, sondern vor ihrem Laden kollabiert. Offenbar hat Morten sie in dem Augenblick erwischt, als sie die Tür abschloss.«
    »Etwas Neues von Rauch?«
    »Nur Mist!« Barbaras Heiterkeit verflog. »Was haben wir Substanzielles in der Hand? Nichts. Der Mann kann fliegen, wohin er will. Als er um 22.35 Uhr in Madrid ankam, war schon ein Anwalt zur Stelle. Er hat also damit gerechnet, dass die spanischen Kollegen ihm ein paar Fragen stellen werden. Er war so nett und hat mit ihnen gesprochen – er hat die Angaben in seinem Pass bestätigt, und das war’s. Sie mussten ihn ziehen lassen. Verdammter Rechtsstaat. Unter Franco wäre das nicht passiert.«
    »Das war jetzt keine besonders qualifizierte Aussage …«
    »Ja, kritisieren Sie mich ruhig. Die Vorstellung, dass sich der ehrenwerte Herr Rauch über dem Großen Teich befindet und Tequila schlürft oder Mezcal oder Bloody Mary , dat argert mi!«
    »Dass er fliegt – oder die Getränke?«
    »Äh, bäh … Schluss mit dem Greinen! Bereiten wir uns lieber auf unseren großen Tag vor. Vernehmungsraum 1 und 3 sind für uns reserviert. Ich habe für die Zeit zwischen acht und elf alle Zeugen bestellt, und ab eins stellen wir die Fahrt des 9511 nach, quasi als
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