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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald
Autoren: Frank Goyke
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der Gestalt von Karina und den Wetterstroms, in erster Linie wohl der Kinder, hat er sich selbst geschlachtet. Geschlachtet im über…«
    »Ich versteh schon.« Bellissima spielte mit dem Gaspedal. »Warum bin ich bloß keine Steuerfachgehilfin geworden?«
    »Wolltest du das?«
    »Niemals!«
    »Na, bitte! Weißt du, ein Satz kehrt hier immer wieder. Er ist ziemlich pathetisch: ›Das Leben interessiert mich nicht. Ich gehöre dem Tod.‹«
    In der Dienststelle telefonierte Barbara mit Jonas, berichtete ihm von ihren Erlebnissen und ließ sich darüber unterrichten, was er ermittelt hatte. Er sandte ihr eine Mail mit Schlaglichtern aus der Vernehmung, die sie querlas, dann schnappte sie einen Ordner und überquerte den Flur.
    Sean wartete seit etwa einer Viertelstunde in VR 2. Der Raum hatte innen keine Klinke, trotzdem hatte Wendel einen Kollegen abgestellt, der auf den Jungen aufpasste. Als Barbara eintrat, bemerkte sie obendrein, dass man ihm sicherheitshalber Gürtel und Schnürsenkel weggenommen hatte.
    Sie warf den Ordner auf den Tisch und nickte dem Kollegen zu, der aufstand und hinausging. Bevor sie die Tür hinter ihm schloss, fragte sie leise: »Wie hat er sich verhalten?«
    »Ruhig.«
    »Hat er etwas gesagt?«
    Der Kollege schüttelte den Kopf. Barbara trat zum Fenster und schaute in den Hof. Sehr langsam drehte sie sich um.
    Sean wirkte schüchtern. Ein hochaufgeschossenes, schlaksiges und ängstliches Kind, das nicht einmal die Strähne aus dem Gesicht strich.
    Er spielte.
    Sie setzte sich.
    Der Blick durch den Haarvorhang hatte etwas Devotes.
    Eine Maske. Irgendwann würde er sie vielleicht abnehmen. Dann kam mit Sicherheit die nächste Maske zum Vorschein. Raffiniertes Aas!
    »Dann wollen wir mal!« Barbara schlug den Ordner auf, den sie gar nicht brauchte, aber diese Handlung wurde nun einmal erwartet. Sie suggerierte: Wir wissen alles, wir haben alles im Griff. Jedenfalls im Ordner. Auch ein Spiel … »Sean, du hast einen sehr schweren Vorwurf gegen deine Mutter erhoben. Ich möchte wissen, ob du die Wahrheit gesagt hast. Ist das Kind, das sie erwartet, wirklich von dir?«
    »Sonst wäre sie wohl kaum aus dem Latschen gekippt!« Nächste Maske: der harte Bursche. »Ich habe sie geknallt.«
    Das war nicht seine Sprache. Gehörte aber zur Rolle.
    »Wollen Sie hören, wie es dazu gekommen ist?«
    »Natürlich.«
    »Also, Sie wissen ja, diese ewigen Gewitter, das hat dieses Jahr schon im März angefangen. Die Alte hat schreckliche Angst vor Blitz und Donner, und wenn der Alte nicht da ist, macht sie sich ein. Er kann sie irgendwie noch beruhigen, erzählt etwas von Faradayschem Käfig und so, von Benjamin Franklin und dem Blitzableiter – erklärt ihr mal wieder die Welt. Obwohl sie nichts kapiert! Die denkt bestimmt immer: Was für ein Käfig? Hält man darin Hühner?« Er lachte voll Häme und Hass. »Die ist so daneben, die Alte! Aber voll!«
    Barbara brauchte nicht viel Phantasie: »Sie kam zu dir ins Bett?«
    »Ja. Hatte mal wieder die Hose voll, und er war nicht da. Aber das war so …« Sean verstummte. Er war rot geworden, und diese Röte schien echt zu sein. »Eh, Mann, ich hatte mir gerade … na ja, was Jungs so machen. Einen von der Dattel geschleudert. Und da kam diese blöde Kuh in mein Bett! Hätte sie nicht wenigstens fragen können?«
    »Was stellst du dir vor, wenn du dir einen usw.?«
    »Sag ich nicht. Muss ich auch nicht.«
    »Folterungen?«
    »Wenn Sie’s schon wissen …« Jetzt strich er doch das Haar zurück und blickte an Barbara vorbei zum Plakat des BDK.
    »Wer wird gefoltert?«
    »Haben Sie meine Erzählungen gelesen?«
    »Ja.«
    »Und auch verstanden?«
    »Glaub schon.«
    »Dann wissen Sie das.«
    »Ja. Und ich denke, du wolltest, dass ich es weiß. Am liebsten würdest du es laut herausschreien: Seht her, ich bin Sean, ich habe irre Sexphantasien, und ich komme damit überhaupt nicht klar!«
    Eine erneute Veränderung ging mit ihm vor: Sein Gesicht verzerrte sich, er sprang auf und stürzte zur Tür. Er versuchte aber nicht, sie zu öffnen, sondern schlug mit den Fäusten auf sie ein und malträtierte sie mit den Füßen. Barbara hatte den wunden Punkt gefunden. Sie ließ ihn gewähren, bis er ein großes Loch in die Tür getreten hatte und sie ein Stück von dem hässlichen Fußboden auf dem Gang sehen konnte. Dann hatte er seine Kraft erschöpft und kehrte langsam auf seinen Stuhl zurück. Sein Gesicht war hochrot, das lange Haar nass vom Schweiß und sein Atem ging
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