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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald
Autoren: Frank Goyke
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fragte sie halb im Scherz.
    »In dem einen schon. Bei Hapi, dem Affenkopf. Ich hab’s in kohlensaures Natron eingelegt. Selber hergestellt aus Soda.«
    »Ja, und was ist drin?« Barbara wurde sehr nervös.
    »Wollen Sie es sehen?« Er lüpfte den Deckel, und das Lächeln wich nicht aus seinem hübschen Gesicht. Sie erhob sich, leistete sich ein leises Ächzen und warf einen Blick in den Krug.
    Darin schwamm ein Taubenkopf.
     
    »Es war seine Idee. Er redet doch immer nur von Mumien und Leichen … Er hat fast nichts anderes im Kopf.«
    Uplegger nickte. Er hatte dem Jungen gegenüber Platz genommen, Lutze saß an der Stirnseite des Tisches und schrieb mit.
    Kai war ins Reden gekommen, die Worte sprudelten geradezu aus seinem Mund: »Wir sollten ihn immer Jack the hunter nennen, nach so ’m Buch. Herr der Fliegen , glaub ich. Ich lese ja nicht. Wenig. Aber er … Mann, was der alles gelesen hat! Sogar Bücher in Englisch!«
    »Ich würde gern etwas mehr über seine Idee erfahren«, sagte Uplegger.
    »Na, mal wen totmachen. Einfach so. Gucken, wie das ist, wenn einer stirbt. Damit kam er dauernd an. Er wollte sogar mal jemanden aufschneiden.« Kai schüttelte sich. Die Gedanken und Empfindungen von Sean Pinkert waren ihm unheimlich, aber offenbar hatte er ihnen nichts entgegenzusetzen.
    »Wen?«
    »Na, einen von uns. Der heißt Max. Aus Groß Klein. Wir waren mal wieder in Nienhagen, bisschen am Strand chillen, bei der Hütte haben wir geraucht. Ja, und da sagt er dann: ›Wollen wir nicht ’n Feuerchen machen und Max grillen? Und wenn er durchgebraten ist, schneiden wir ihn auf.‹ Er hat gelacht, aber auch so komisch geguckt – ich hab ehrlich gedacht, der meint das ernst.«
    »Klingt nach sadistischen Phantasien«, sagte Uplegger zu Lutze in der Annahme, Kai würde ihn sowieso nicht verstehen. Der Lorbass nickte und schrieb.
    »Aber letztlich habt ihr Max nicht gegrillt, oder?«
    »Nee!«
    »Aber das Mädchen?«
    Kai senkte den Blick.
    »Wie war das mit dem Mädchen, Kai? Was ist mit ihr passiert?«
    Der Junge schwieg. Er brachte es nicht über die Lippen.
    Der Lorbass mischte sich ein: »Ist Sean alias Jack the hunter euer Führer?«
    »Na ja, so richtig haben wir keinen. Aber er weiß so viel und … und seine Eltern haben Kohle. Wer Kohle hat, hat auch was zu sagen. Ich meine, wenn mal einer nicht so richtig wollte, Leute abziehen oder so, dann hat er ihm was versprochen. Dass er ihm was Cooles schenkt und so.«
    Soweit bekannt, stammten die anderen Jungen der Bande vorwiegend aus der Unterschicht, anscheinend hatte Sean seine intellektuelle und materielle Überlegenheit benutzt, um sie gefügig zu machen. Darüber hinaus musste er aber noch andere Fähigkeiten haben, etwas, das man Führungsqualitäten oder Charisma nannte. Vermutlich konnte der Knabe liebenswürdig sein und Menschen um den Finger wickeln, während gleichzeitig immer die Drohung mit Sympathie-Entzug im Raum stand – ein uraltes Muster. Für Anerkennung und Liebe waren Menschen seit jeher zu den größten Schandtaten bereit.
    »Und wenn Sean sagt: ›Springt aus dem 20. Stock!‹, dann tust du, tut ihr es?« Mein Gott, war das eine dumme Frage! Uplegger wusste es doch.
    »So etwas sagt er ja nicht.«
    »Bewunderst du ihn?«
    »Alle tun das. Er hat die coolsten Klamotten, das coolste iPhone, die coolsten Inliner … Und wo der schon überall gewesen ist … wow! Der kennt sich echt aus.«
    »Na, gut. Zurück zum Donnerstag. Ihr wart bei der Hütte, und da kam dieses Mädchen …«
    »Ja«, flüsterte er.
    »Und dann?«
    »War logisch, dass wir’s endlich mal tun müssen. Immer nur quatschen, nee, heute nicht. Das war allen klar.«
    Uplegger runzelte die Stirn. »Plötzlich war es allen klar?«
    »Na, Sean zeigte und sagte, das Mädchen ist allein und niemand sonst da und so ’ne Gelegenheit kommt nicht so schnell wieder.«
    »Und du wolltest auch sehen, wie ein Mensch stirbt?«
    Kai schüttelte den Kopf.
    »Ganz sicher?«
    »Ich bin nicht so«, sagte er leise, und Uplegger glaubte ihm.
    »Aber du hast mitgemacht.«
    »Alle haben mitgemacht.«
    »Ja.« Uplegger hob die Stimme. »Ihr habt ein siebenjähriges Kind erschlagen!«
    »Ich wollte …« Eine zaghafte Träne erschien in seinen Augenwinkeln.
    »Was? Du wolltest eigentlich nicht?«
    »Dann doch.«
    »Wie war es denn? Was hast du empfunden?«
    »Es war geil. Wie zu viel Bier. So ’n Kribbeln im Kopf.«
    »Blut saufen statt Bier«, sagte Uplegger böse, aber für ihn selbst
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