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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald
Autoren: Frank Goyke
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SIM-Karte sofort an Ann-Kathrin übermittelt, und die hatte Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um die Anschlüsse zu identifizieren; die Heiligkeit des Sonntags hatte der Satan aufgehoben. Nun wussten sie die Namen, und einer war nicht neu: Erdvogel.
    Barbara und Uplegger setzten sich. Nachdem Holtfreter eine große Kanne Kaffee auf den Tisch gestellt hatte, trollte er sich. Gunnar Wendel machte eine Geste, mit der er jeden einlud, sich selbst zu bedienen, dann nickte er Ann-Kathrin zu. Zwischen ihm und Breithaupt saß ein Zivilist in Jeans und Polohemd, den Barbara und Uplegger kannten: Karl-Heinz »Charlie« Münz, Leiter der Außenstelle Lichtenhagen des Kriminalkommissariats Rostock.
    La bellissima trat vor ein Flipchart, nahm einen schwarzen Edding, schrieb Kranbauer in die Mitte des oberen Blattes und zog ein Oval um den Namen.
    »Wie den meisten von euch bekannt, wurde Manfred Kranbauer nach den Morden von Wetterstroms Handy aus angerufen, ohne dass wir den Inhalt des Gesprächs kennen können.« Sie zeichnete ein weiteres Oval über Kranbauer, schrieb Wetterstrom hinein und malte ein Kreuz daneben. Beide verband sie mit einem Pfeil. »Dann gab es noch insgesamt drei Anrufe von nun nicht mehr unbekannten Teilnehmern.« Zwei weitere Ovale unter Kranbauer, aber auf gleicher Höhe. Neben das linke malte sie in der Art eines Piktogramms ein Telefon mit Hörer. »Die Rostocker Festnetznummer gehört einem Dieter Erdvogel, der für Frau Barfuss-Eidsvag hin und wieder Antikmöbel aufarbeitet. Seine Frau und sein Sohn Kai haben Zugang zu diesem Apparat.« Sie notierte das, aber das Oval war zu klein. Schulterzuckend verband sie es durch einen Pfeil mit Kranbauer und fuhr fort: »Zwei Anrufe von einem Handy.« Ein Piktogramm neben das rechte Rund, zwei Pfeile. »Das gehört einem Schüler namens Sean Pinkert, Sean wie Penn oder Connery, wohnhaft in Klein Lichtenhagen, Immenbarg 105.« Sie trug den Namen ein. »Sein Vater ist ein sogenannter Staranwalt.«
    »Ach, du Schreck!«, entfuhr es Lutze.
    »Wie alt ist der Schüler?«, wollte Uplegger wissen.
    »14.«
    Jonas biss sich auf die Lippen: So alt wie Marvin.
    Der Lichtenhagener Kripochef hob die Hand: »Wir kennen ihn. Und Kai Erdvogel auch.«
    Das Haus des Strafverteidigers Dr. Julian Pinkert war aus weißen Steinen errichtet, allerdings waren sie nicht kalkweiß, sondern hatten einen Stich ins Graue. Das Dach bestand aus dunkelblau glasierten Ziegeln, und es gab einen Vorbau, den zwei Säulen mit antiken Kapitellen flankierten. Barbara war schon froh, dass sie wusste, wie diese Dinger hießen; welcher Art sie waren und wie man solche Vorbauten nannte, hätte sie Jonas fragen müssen, aber der war nicht da. Nicht er begleitete sie, sondern Ann-Kathrin.
    Die beiden Frauen saßen in ihrem Wagen und beobachteten eine Zeitlang das Geschehen auf dem Grundstück. An der fensterlosen Seitenwand der Garage, die ebenfalls aus hellen Ziegeln bestand, hing ein Basketballkorb, und drei Jungen spielten dort, alle um die 14, 15 und angetan mit diesen Bermudas genannten Pyjamahosen. Der größte von ihnen war blond, ein Pony hing ihm in die Stirn, sein Oberkörper war nackt, dünn und sehr braun. Er dribbelte gerade. Die beiden anderen trugen T-Shirts. Nichts Auffälliges war zu bemerken.
    Barbara wusste, dass der Blondschopf der Sohn des Anwalts war, weil sie sein Bild in einer Polizeiakte gesehen hatte. Sean Pinkert war mehrmals ins Visier der Kripo geraten, weil man ihn einer Jugendgang zurechnete, die seit ungefähr anderthalb Jahren in Lichtenhagen, Lütten Klein und Groß Klein ihr Unwesen trieb. Die Bande bedrohte Kinder und Gleichaltrige, immer als Übermacht, und hatte es auf deren Geld, Mobiltelefone, MP-3-Player oder andere Wertgegenstände abgesehen, verschmähte aber auch teure Jacken und Turnschuhe nicht. Die Knaben waren dreist: Einmal waren fünf Jugendliche an der Haltestelle Turkuer Straße, ein zweites Mal am selben Tag an der Station Lütten Klein Zentrum in eine Straßenbahn gestiegen, um Kinder mit Messern einzuschüchtern und ihnen abzunehmen, was sie brauchen konnten – vor den Augen von Fahrgästen, die erschüttert waren, mehr nicht. Abziehen, so nannte man diese zweifelhafte Freizeitbeschäftigung wohl. Dabei war die Gruppe nicht konstant, im Polizistendeutsch: Sie handelte in unterschiedlicher Größe und wechselnden personellen Zusammenhängen. Prepaidhandys, deren Guthaben aufgebraucht waren, Mobiltelefone mit entleertem Akku, leere Börsen und
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