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Möglichkeiten der Sichtveränderung durch den systemischen Ansatz in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung

Möglichkeiten der Sichtveränderung durch den systemischen Ansatz in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung

Titel: Möglichkeiten der Sichtveränderung durch den systemischen Ansatz in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung
Autoren: Helena Wachter
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noch einen jüngeren Bruder Wolfgang, den Herr Meier aufgrund einer Erbstreitigkeit erst vor kurzem Kennen gelernt hat. Siegfried (Vater):
    Sein Vater wurde im 2. Weltkrieg von Soldaten in ein Bergwerk im Ruhrgebiet verschleppt. Daher litt Siegfried an einer „Staublunge“. Er war ein ruhiger Mensch, dem es schwer fiel seine Gefühle zu zeigen. Er konnte Herrn Meier nicht in den Arm nehmen. Er verstarb mit 64 Jahren am Herzinfarkt. Großeltern von Herrn Meier (mütterlicherseits):
    Die Großmutter Luise Schäfer war Gouvernante beim Hofgut Hohenstein/Erbach. Sie wurde fast 90 Jahr alt und starb 1967 nach einer misslungenen Oberschenkelhalsbruch -OP. Sein Großvater war Chauffeur und verstarb 1935 an den Folgen von Malaria. Elisabeth (Mutter):
    Elisabeth wurde am 31.07.1920 als 2. Kind geboren und laut Herrn Meier mit „Jordanwasser“ getauft. Diese hatte ihr Vater aus dem nahen Osten während des Krieges mitgebracht. Sie erlernte zunächst den Beruf der Erzieherin, war aber später als Wirtschafterin im Schloss Schönberg tätig. Herr Meier sagt, seine Mutter konnte ihm keine Zuneigung zeigen. Elisabeth hat einen älteren Bruder Wilhelm, der als Landwirt einen großen Bauernhof im Odenwald unterhielt. Herr Meier gibt an, dass sein Onkel und dessen Frau Elisabeth den Hof runtergewirtschaftet haben. Die Mutter Elisabeth heiratet Tim („Kriegsehe“) aus Lampertheim und bekommen am 19.01.1948 eine Tochter. Im gleichen Jahr trennt sich das Paar. Heute leidet Elisabeth an der Alzheimer Erkrankung. Tim suche vor 8 Jahren das erste Mal Kontakt zu seiner Tochter Marie-Luise. Sie aber möchte keinen Kontakt zu ihrem leiblichen Vater. Sie habe gesagt: „er habe sich früher nicht um sie gekümmert, also brauche sie ihn heute auch nicht“.

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    Marie-Luise (Schwester):
    Marie-Luise heiratet Manfred einen Maler und Lackierer. Sie bekommen zwei Kinder Dieter (geb. 11.02.68) und Tanja (geb. 1971). Tanja verstarb mit 17 Jahren an einem Verkehrsunfall. Sie wurde von einem betrunkenen Autofahrer auf dem Fahrrad angefahren. Marie-Luise und ihre Mutter haben kein gutes Verhältnis. Auch gegenüber Herrn Meier verhält sie sich sehr mütterlich, dabei wird er heute noch wie der „kleine“ Bruder behandelt, der nie erwachsen geworden ist. Sie trifft häufig allein Entscheidungen, in Bezug auf die Mutter Elisabeth. Dieter (Bruder):
    Dieter hat laut Herrn Meier eine sehr schlechtes Verhältnis zu seinen Eltern. Seine Mutter Elisabeth braucht ihren Sohn, der Vater jedoch zeigt sich zu schwach, um ihm ein positives Modell zu sein. Verlobte:
    Herr Meier gibt an, seit 19 Jahren mit Dagmar verlobt zu sein, möchte aber nicht mit ihr in eine gemeinsam Wohnung ziehen. Er glaube, dass würde beiden nicht gut tun. Seine Verlobte „klammere“ häufig, was ihm dann zu viel werde. Er fühle sich ihr Gegenüber verantwortlich, wenn es ihr nicht gut gehe.
    Herr Meier sagt, dass er häufig die Rolle des „Sündenbocks“ in der Familie hat. Er wird so berichtet Herr Meier, als „Versager“ angesehen, vor allem von seinem Schwager Manfred, aber auch von seiner Halbschwester Marie-Luise. Manfred habe ein Alkoholproblem. Herr Meier habe eine sehr starke Bindung zu seiner Mutter.
4.4. Hypothesenbildung
    Herr Meier wächst in einer „Bindungsfamilie“ auf. Hier kann davon ausgegangen werden, dass für Herrn Meier eine Ablösung von den Eltern nur durch die Gründung einer eigenen Familie stattfinden kann.
    In einer „Bindungsfamilie“ Bedürfnisse der anderen sind wichtiger, als die Bedürfnisse von Herrn Meier; eine Abgrenzung ist schwierig bzw. wird nicht erlaubt.
    Herr Meier trägt für seine Mutter eine hohe Verantwortung, er ist möglicherweise seit dem Tod des Vaters „Partnerersatz“ für die Mutter. Dadurch kann er nicht mit seiner Verlobten „zusammenleben“ und/oder heiraten.
    Entweder seine Halbschwester Marie-Luise trifft Entscheidungen in Bezug auf die 87- jährige Mutter oder er, es werden aber keine gemeinsamen Lösungen ausgehandelt.
    Herr Meier ist hochverantwortlich, aber er hat nicht gelernt, Lösungen kooperativ auszuhandeln.
    Bei einer Aufstellung könnte die Mutter Elisabeth auf einem Podest stehen. Sie steht im Mittelpunkt; die Suche nach Liebe und Zuwendung geht von ihr

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    alleine aus. Dabei stehen die Halbgeschwister in einem ständigem Machtkampf um die Anerkennung von Seiten der Mutter. Wenn man davon ausgeht, dass Herr Meier eine Essstörung im Jugendalter entwickelt hatte, könnte das in
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