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Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits

Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits

Titel: Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits
Autoren: Peter O'Donnell
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verwirrt zu werden.
    «Das ist die große Frage. Ich stehe so tief in Ihrer Schuld, daß ich Ihnen das sofort beantworten würde, wenn ich es könnte, Dall. Fassen Sie die Ansprüche, die Willie stellt, nicht als die eines Gatten auf. Er ist bloß jetzt so, weil sie verwundet ist. Wenn Sie einmal längere Zeit mit ihnen beisammen sind, dann werden Sie feststellen, was die beiden miteinander haben. Auf jeden Fall ist es weit besser, als ich es Ihnen schildern kann.»
    «Wie die Dinge stehen, werde ich kaum die Möglichkeit haben, mit den beiden beisammen zu sein.»
    «Sie versprach doch, Sie einzuladen, sobald sie wieder fit ist. Nun, Sie können sicher sein, daß Willie dort sein wird. Würden Sie sie dann bitten, daß sie mich auch einlädt? Und bestellen Sie ihr meine … meine tiefste Verehrung.»
    «Natürlich», hatte Dall resignierend versichert. «Natürlich werde ich das tun. Sie bat mich übrigens, Ihnen Grüße zu übermitteln und Ihnen zu sagen, Sie sollten ihr wegen eines gewissen Fraser nicht böse sein.»
    Hier im Büro des Ministers beugte sich Selby nun nach vorn. Tarrants Gedanken kehrten in die Gegenwart zurück. Er bemerkte, daß ihn Selby freundlich anlächelte. «Der Premierminister wird über diese Sache zweifellos einen Bericht von Ihnen persönlich wünschen. Ich hoffe, wir werden uns über die Form dieses Berichtes einigen können.»
    Tarrant erhob sich. Es kam, wie er erwartet hatte.
    Selby hatte einen Schnitzer gemacht, und Selby wollte die Sache so drehen, daß er reingewaschen dastand. Aber Tarrants Blutdurst war erwacht. Es fiel ihm ein, was Dall ihm von den Verletzungen Modestys erzählt hatte, er erinnerte sich an die Haltung, die Selby nach Einlangen der geheimnisvollen Depesche eingenommen hatte, und er erinnerte sich der Lücken in der Geschichte; Lücken, die Besorgnis in ihm weckten.
    An all das dachte er, als er Seine Exzellenz Roger Selby jetzt anblickte und sagte: «Seien Sie versichert, Sir, daß mein Bericht sehr ausführlich und sehr genau sein wird.»
    Es war fast sieben Wochen nach Dalls Anruf aus Istanbul, als Tarrant das Flughafengelände von Tanger verließ. Willie Garvin erwartete ihn mit einem Mercedes.
    «Ist Dall hier, Willie?» fragte Tarrant, während der Wagen leise anfuhr.
    «Kam heute morgen aus den USA an, Sir Gerald. Modesty hofft, daß Sie beide zumindest ein paar Tage hierbleiben werden. Platz ist genügend.»
    «Was macht Lucille?»
    «Ach …» Willie zuckte die Achseln. «Wie sich herausstellte, machte sie sich niemals viel aus mir und Modesty. Als alles vorbei war, bat ich Dall, sich ihrer anzunehmen, nachdem wir Istanbul verlassen hatten. Die Psychoanalytiker befaßten sich mit ihr und klügelten aus, daß wir drei einfach nicht zusammenpaßten.» Willie rieb sich reuevoll die Wange. «Also nahm sie Dall mit nach Amerika und fand dort eine nette Familie, die sie adoptierte.»
    «Und Sie hatten nichts dagegen?»
    «Nein. Es war das Beste für uns alle. Modesty und ich waren nach alldem bei dem Kind völlig unten durch. Vielleicht sind wir es schon immer gewesen.»
    Tarrant nickte. «Und Modesty?»
    «Ihr geht’s gut. Sieht aus wie eine Million Dollar.»
    «Fein. Ich hörte, es war eine böse Sache.»
    «Scheußlich. Eine Schlächterei.» Willie sprach ohne Bedauern; ein Fachmann gab ein objektives Werturteil ab. «Ein jedes Unternehmen kann hart werden, aber dieses war ungefähr so, als versuchte man mit verbundenen Augen und ohne Hände ein Zauberkunststück vorzuführen. Wir konnten überhaupt nichts unternehmen, bevor wir wußten, daß sie Lucille dort hatten.»
    «Aber es gelang Ihnen doch vorher, die Depesche hinauszubekommen, Willie.»
    «Ach ja …» meinte Willie gleichgültig, «das gelang uns.»
    Tarrant sagte ruhig: «Wir verhörten vor kurzem einen Mann namens Carter. Er gehörte zu den Männern, die herausgebracht und deportiert worden waren, nachdem Sie das ganze Unternehmen zusammengeschlagen hatten. Und von ihm weiß ich zufällig, wie ‹leicht› es für Sie war, die Depesche hinauszubekommen. Ich weiß auch, daß Modesty gegen die Zwillinge kämpfte, und weiß, was mit ihr nachher geschah.»
    Willie verlangsamte das Tempo und fuhr den Wagen an den Straßenrand. Er zog die Handbremse an, stellte den Motor ab und wandte sich Tarrant voll zu.
    «Und?» fragte er und hob eine Augenbraue ein wenig hoch.
    «Und ich habe ein furchtbar schlechtes Gewissen.» Tarrants Stimme klang leicht verstört. «Sicherlich werden Sie das
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