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Mitternachtsflut

Mitternachtsflut

Titel: Mitternachtsflut
Autoren: Gabriele Ketterl
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der Töpfe im Regal, den er mit Wasser aus einem größeren Krug füllte und auf das Feuer stellte. Marie zog sich nach hinten in die Höhle zurück, wobei sie immer neue Überraschungen erlebte. Der Boden war mit zahlreichen Decken ausgelegt, die in Qualität und Schönheit der, die sie um die Schultern trug in nichts nachstanden. An in den Felswänden befestigten Holzstangen hingen weitere, zart gewobene bunte Tücher, die auch über dem Bett das hier stand, eine Art Baldachin bildeten. Dieser seltsame Hippie hatte Stil, das musste man ihm lassen und er sah verboten gut aus.
    Rasch zog Marie sich um, wickelte sich fest in die schöne, warme Decke und ging zurück ans Feuer. „Setz dich, möchtest du etwas Tee? Ich denke das wäre nicht schlecht, es wärmt von innen!“ „Danke, sehr gerne!“ Marie wunderte sich schon gar nicht mehr über die schöne Tonschale mit den feinen Gravuren, in der sie ihren Tee erhielt. Während sie das heiße Getränk schlürfte, sah sie ihren Gastgeber neugierig an. „Du sagtest du weißt nicht wie ich heiße, ich möchte mich gerne vorstellen nachdem du mir wahrscheinlich vorhin das Leben gerettet hast. Ich heiße Marie und du?“
    Es schien als zögerte er ein wenig. „Es freut mich sehr dich endlich kennen zu lernen, Marie. Mein Name ist etwas kompliziert, aber sag einfach Miguelangel, das kommt der Bedeutung sehr nahe!“ Er hielt ihr seine Hand hin und lächelte so verwirrend, dass Marie eine Weile brauchte, um zu verstehen, dass sie seinen Händedruck erwidern sollte. „Warum tust du das?“ „Was?“ „Schwimmen in der Dunkelheit, wo so viele Gefahren dort lauern?? Hängst du nicht an deinem Leben?“ „Doch, aber ich liebe das Meer, ich fürchte es nicht. Heute war tatsächlich das erste Mal, dass es mir Angst machte!“ Marie trank nachdenklich den Rest ihres Tees, um sofort wieder eine frisch gefüllte Schale in Hände zu halten. Miguelangel setzte sich ihr gegenüber auf einen kleinen hölzernen Schemel und sah sie neugierig an.
    „Ich kannte einmal jemanden, der das Meer auch sehr liebte. Sie konnte keinen Tag ohne es sein. Sie tauchte, schwamm und genoss das kühle, klare Wasser wann immer sie konnte. Manchmal hatte ich das Gefühl, sie hätte als Fisch geboren werden müssen. Die Menschen nannten sie nur „Reina del Mar“ und das war sie auch, die „Königin des Meeres.“ Er spielte nachdenklich mit den Muschelketten an seinen Armen und sah Marie dabei mit einem seltsam traurigen Blick an.
    „Was ist mit ihr geschehen? Wohnt ihr ... habt ihr zusammen hier gewohnt?“
    „Ja, das haben wir. Was mit ihr geschehen ist? Sie ertrank, sie ertrank in einer Vollmondnacht in ihrem geliebten, unendlichen Meer.“ Seine Stimme klang so unendlich traurig und leise, dass sich Maries Herz unwillkürlich zusammen zog. „Das tut mir sehr leid, wirklich. Und ich ertrinke nun auch fast vor deiner Nase. Du musst mich für schrecklich bescheuert halten.“ Marie griff intuitiv nach seiner Hand. Er hielt sie fest und strich mit seinem Daumen vorsichtig über ihren Handrücken. „Nein, ich halte dich doch nicht für was auch immer „bescheuert“ heißen mag. Das Meer lockt mit seiner Kraft und seiner Schönheit, doch wenn du ihm folgst, lässt es dich seine grenzenlose Macht spüren – und wenn du ihm nicht gewachsen bist, bist du verloren.“ Marie stellte ihre Schale ab und legte auch ihre andere Hand in seine. „Ich habe es aber geschafft – haarscharf, aber ich habe es geschafft. Wobei ich mir nach wie vor sicher bin, dass ich es mit deiner Hilfe geschafft habe. Ich bin sicher, du hast mein Leben gerettet.“ Wieder dieses traumhafte, faszinierende Lächeln, das ihr irgendwie so bekannt vorkam. „Und ich freue mich sehr, dass du jetzt hier sitzt. Hier saß schon sehr lange niemand mehr. Zumindest niemand über den ich mich so gefreut habe wie über dich. Sag einmal, hast du Hunger?“ Seine Stimme klang wieder klar und hatte ihre Festigkeit und den warmen Klang zurückgewonnen. Marie merkte, dass ihr Magen knurrte und nachdem der Schreck offenbar verdaut war, nickte sie eifrig. „Wollen wir etwas essen gehen?“ Sie sah ihn fragend an.
    „Ja, aber anders als du das jetzt wohl denkst!“ Miguelangel lachte leise, führte Maries Hand zu seinen Lippen und küsste sie vorsichtig und fast ehrfürchtig. Marie war so überrascht, dass sie beinahe vergaß zu atmen. „Komm mit, du schöne Frau aus dem Meer!“
    Er sprang auf, streckte ihr seine Hand entgegen – die sie nur
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