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Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten

Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten

Titel: Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
Autoren: Reinhard Barth
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Tüftler und Perfektionist der er war, allzu lang herumexperimentierte und brauchbare Ergebnisse auf sich warten ließen. Schließlich verlor Fust die Geduld und verklagte 1455 Gutenberg auf Rückzahlung der Kredite nebst den seit fünf Jahren aufgelaufenen Zinsen. Gutenberg konnte nicht zahlen, außerdem bestritt er, dass es eine Vereinbarung über Zinszahlung gäbe. Fust aber konnte einen schriftlichen Vertrag darüber vorweisen. Er bekam ein Urteil, das ihm die Druckerwerkstatt samt fertiger Bibel als Pfand zusprach. Mit Hilfe von Gutenbergs ehemaligem Gehilfen Peter Schöffer baute er die Druckerei zu einem leistungsfähigen Unternehmen aus. Die Firma Fust und Schöffer wurde zum Begründer des Druckwesens in Deutschland
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Die Bibel
    1455 lagen von Gutenbergs erstem Buch, einer 1282 Seiten starken lateinischen Bibel, die ersten 185 Exemplare vor. Der Buchdruck trat seinen Siegeszug durch die Welt an. Die großen geistigen Bewegungen der folgenden Jahrhunderte sind ohne die Erfindung Gutenbergs nicht denkbar. Gutenberg hatte allerdings am wenigsten davon. Das Geschäft machten andere.

Im Mainzer Gutenberg-Museum kann man in einer nachgebauten Werkstatt die Drucktechnik des 15. Jahrhunderts studieren. Hier die Presse, die ähnlich auch bei der Weinherstellung benutzt wurde
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    (c) dpa/Picture Alliance, Frankfurt am Main

Massenbegeisterung – Massenhysterie
Volksfrömmigkeit
    Erscheinungen wie die Kreuzzüge lehren, was im Abendland an Massenbegeisterung, wenn nicht gar Massenhysterie möglich war. Aufgewühlt von den Predigten begnadeter Propagandisten machten sich damals Tausende und Abertausende auf den Weg.
Flagellanten
    Ähnliches wiederholte sich in den späteren Jahrhunderten. Naturkatastrophen, Hungersnöte, Wunderheilungen, die Auffindung bedeutender Reliquien oder Weissagungen über ein bevorstehendes Ende der Welt brachten die Leute auf die Beine. Im 13. und 14. Jahrhundert waren es die Flagellanten, die in aufsehenerregenden Massenumzügen unterwegs waren. Flagellanten oder Geißler nannte man sie, weil sie sich mit einer Riemen- oder Strickpeitsche (flagellum) selbst schlugen – als Buße für die Sünden der Welt. Halbnackt oder mit geöffneten Kleidern, so dass man die Wunden sah, die Strafinstrumente in den Händen, zogen die Flagellanten in die Kirchen, wo sie sangen und beteten und um Gottes Erbarmen flehten. Während in Italien meist Kleriker mit Kreuzen und Fahnen die Prozessionen begleiteten, bildeten sich in West- und Mitteleuropa auch Flagellantenumzüge ganz und gar aus der Initiative von Laien. Das setzte sie dem Verdacht der Ketzerei aus.
    Der Pfeifer von Niklashausen
    Den religiösen Massenbewegungen konnten sich auch Elemente beimischen, die auf soziale und politische Veränderungen zielten. Eine solche war die des Hans Böhm, genannt der Pfeifer von Niklashausen. Der Hirte und Spielmann predigte seit März 1476 im Wallfahrtsort Niklashausen an der Tauber vor einer ständig wachsenden Zahl von Zuhörern. Dabei entwarf er Visionen von einer Welt, in der es keine Ausbeutung und Unterdrückung gäbe, und erhob Forderungen, wie sie später von der Bauernbewegung vertreten werden sollten, etwa nach Abschaffung aller Abgaben und Dienste und nach freier Nutzung der Wälder, Weiden und Gewässer. Im Juli schickte der Bischof von Würzburg als Landesherr einen Trupp Berittener, die den Pfeiferhans als Gefangenen nach Würzburg brachten. Daraufhin strömten in Niklashausen Tausende zusammen, die beschlossen, nach Würzburg zu ziehen und den Prediger zu befreien. Vor der Residenz kam es zu Verhandlungen, die Menge wurde erst hingehalten, dann von Soldaten überfallen und zerstreut. Hans Böhm starb am 19. Juli 1476 auf dem Scheiterhaufen
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    In den Zeiten der großen Pest von 1348 bis 1350 erfuhr die Geißlerbewegung kräftigen Zulauf. Mit der Selbstkasteiung versuchten die Menschen dem „Schwarzen Tod“ Einhalt zu tun, bevor er sie erreichte. „Daz got daz grozze sterben wend“, lautete ein Lied, das die Geißler sangen. Das Abflauen der Pest ließ auch die Flagellantenbewegung erlahmen. Doch gab es vereinzelt Wiederbelebungen, etwa durch den Bußprediger Vincent Ferrer um 1400. Wo er hinkam, hatte der für einen Heiligen gehaltene Mann sofort Scharen von Menschen um sich, die unter Geißeln und Singen über die Straßen zogen. Zimmerleute mussten Absperrungen errichten, um ihn und seinen Anhang vor dem Zudrang der Menge zu schützen. Wenn er predigte, ruhte das Gewerbe, und unter der Gewalt
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