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Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Titel: Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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«Lösungslosigkeit auszuhalten»!

1.2
    Innere Teammitglieder: Wer sind sie?
    Metapher
    Vielleicht stellen sich Ihnen an dieser Stelle bereits Fragen wie: Was sind das für Wesenheiten? Gibt es sie wirklich? Wie sind sie in den Menschen hineingekommen? Wie machen sie sich bemerkbar? Kann man sie auch wieder loswerden, wenn es sich bei diesen Stimmen um lästige Quälgeister handelt? Wie viele gibt es überhaupt? Was tut man, wenn die sich da drinnen nicht einig sind? – Vielleicht regt sich in Ihnen auch der Unwille. Ein Hörer meiner Vorlesung schrieb in seiner Hausarbeit: «Ich lasse mir keine kleinen grünen Männchen andichten!»
    Ich muss Sie um Geduld bitten, möchte aber schon in dieser Einleitung versuchen, erste Antworten zu geben. Tatsächlich «gibt» es die «kleinen Männchen und Frauchen» nicht, schon gar nicht in unserer Brust, denn der Ort solcher Vorgänge ist wohl eher das Gehirn. Es handelt sich um eine Metapher, ein Vorstellungsbild, das wir uns machen können, um die wenig greifbaren seelischen Vorgänge in den Blick und ein wenig auch in den Griff zu bekommen. Eine Metapher ist immer so konstruiert, dass sie eine unbekannte Sache mit Begriffen einer bekannten Sache beschreibt. Diese Verknüpfung wirft ein neues Licht auf die unbekannte Sache, sodass diese uns verständlicher und greifbarer wird. In unserem Fall ist die «unbekannte Sache» das, was sich innen drin abspielt: das innere Vorfeld von Kommunikation und Handlung. Die bekannte Sache, die wir metaphorisch heranziehen, sind die Verhältnisse in Arbeitsgruppen und Teams. Ob eine Metapher gut ist, hängt davon ab, inwieweit das «Tertium Comparationis», also das, was (bei aller Unterschiedlichkeit) beiden Sachen gemeinsam ist, wirklich wesentliche Aspekte erfasst. In dem Fall können wir hoffen, dass die Leuchtkraft der Metapher ausreicht, um wichtige Aspekte an der unbekannten Sache zu erkennen und sie dementsprechend anzupacken. Ich werde noch beschreiben, wie ich auf die Metapher gekommen bin (s. S. 64ff.). Nach meinen Erfahrungen in der Kommunikationsberatung reagieren Menschen auf diesen Arbeitsansatz mit einem erstaunten Evidenzerlebnis («Genau so ist es, genau so läuft es bei mir ab – ohne dass ich es so hätte angeben können!») und mit großem Interesse. Und die darauf aufbauenden Schritte erweisen sich als sehr hilfreich für die Verbesserung der Kommunikation und für die persönliche Entwicklung, für die «innere Teamentwicklung». Von daher halte ich die Metapher für aussichtsreich, und ihre Tragweite wird sich in den folgenden Kapiteln noch als ausbaufähig erweisen.
    Das Modell vom Inneren Team bleibt auch dann eine Metapher, wenn neue Forschungsergebnisse zur Struktur und Wirkungsweise des menschlichen Gehirns es nahelegen, die Vorstellung eines einheitlichen Geistes aufzugeben und eher die Konföderation vieler «kleiner Geiste» anzunehmen (Ornstein 1992). In seinem «Multimind» genannten «neuen Modell des menschlichen Geistes» sagt der amerikanische Hirnforscher Ornstein: «Ein neues Bild über die Natur des Gehirns und des Geistes beginnt sich zu entwickeln und sich langsam durchzusetzen: Nebeneinandergepackt innerhalb der Haut, innerhalb des Schädels, sitzt eine Vielzahl von hochspezialisierten und voneinander durchaus abgetrennten kleinen ‹Geisten›» (S. 23). Physiologisch entsprechen diese mentalen Subsysteme kleinen bis mittelgroßen neuronalen Netzwerken. Dennoch bezweifle ich, dass für die inneren Teammitglieder, die wir in psychologischer Selbsterkundung ermitteln, ein umgrenztes hirnphysiologisches Korrelat existiert.
    Wesen
    Worum es sich bei den «Seelen in der Brust» nun «wirklich» handelt? Auf jeden Fall sind es energiegeladene seelische Einheiten, die ein Anliegen enthalten und sich bei bestimmten Anlässen melden und inneren Raum einnehmen, die etwas zu sagen haben oder auch Handlungsimpulse verwirklichen, das heißt, direkt «in Aktion treten».
    In der psychologischen Literatur werden diese Teilnehmer des seelischen Geschehens unterschiedlich benannt:
     
«Teilpersönlichkeiten» oder kurz
«Teile» (Schwartz 1997),
«Stimmen» (Bach und Torbet 1985; H. und S. Stone 1989),
«Selbste» (H. und S. Stone 1989),
«Elemente (der Persönlichkeit)» (Assagioli 1993),
«innere Personen» (Orban 1996).
    Einige dieser Autoren nehmen tatsächlich (und nicht bloß im metaphorischen Sinn) an, dass es sich um «Personen» bzw. «Persönlichkeiten» handelt, die eine vielfältige und
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