Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Titel: Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
Vom Netzwerk:
enthalten persönliche Gedanken und Kommentare, die vielleicht nicht immer sehr tief und geistreich sind: Auch meine Schrift ist vielleicht etwas kindlich – welchen Eindruck gewinnt er von mir, wenn ich mich derart preisgebe!?»
    Die Studentin müsste jetzt entscheiden, welcher Name zu dieser etwas schüchternen Stimme am besten passt ( Intimitätsschützerin ? Image-Wache ? …).
    Da die menschliche Seele so geschaffen ist, dass die innere Gegenrede meist nicht lange auf sich warten lässt, kann es sein, dass sich sogleich eine weitere Stimme meldet und der vorherigen vehement widerspricht: «Aber das sind doch kleinkarierte Gefühle! Hast du es nötig, so um den Eindruck besorgt zu sein, den du auf andere machst? Wir Studenten müssen doch zusammenhalten, dürfen uns vom System nicht auseinanderdividieren lassen!»
    Dieses Mitglied, das sich «Solidarität unter Studierenden» auf die Fahne geschrieben hat, verbündet sich mit der Hilfsbereiten (bzw. mit der, die schlecht nein sagen kann). Gemeinsam attackieren sie die auf sich selbst Bedachte: «Ist doch kleinlich und spießig und konkurrenzig und streberhaft, den anderen wie in der Schule nicht abschreiben zu lassen!»
    Und schon ist «tüchtig was los», schon haben wir die wichtigsten Merkmale eines inneren Gruppengeschehens vor Augen, die uns noch beschäftigen werden:
Innere Pluralität
Innere Uneinigkeit
Innerer Dialog/Streit
Innere Gruppendynamik
    Und dies bereits nach einem harmlosen, kurzen Kontakt, und wir haben nur eine Gesprächspartnerin berücksichtigt (s. Abb. 7).

    Abb. 7:
    Innere Pluralität mit Uneinigkeit, Streit und vehementer «innerer Gruppendynamik»
    So weit ein erster Blick in das, was sowohl im Menschen als auch in dieser Betrachtungs- und Arbeitsweise steckt. Halten wir als Zwischenergebnis fest, dass die Stimmen in ihrer auftretenden Vielzahl in mehrfacher Hinsicht verschieden sind, unabhängig von ihrem Inhalt:
     
Es gibt Frühmelder und Spätmelder . Frühmelder sind sogleich da und nehmen auf das Geschehen Einfluss. Spätmelder kommen manchmal erst nach Stunden oder Tagen an, dann allerdings oft mit unabweisbarer Heftigkeit.
Es gibt laute und leise Stimmen . Die leisen sind oft nur vernehmbar, wenn wir innehalten, aus der Betriebsamkeit aussteigen und die durchgängige Geräuschkulisse des Alltags vorübergehend abschalten.
Es gibt mehr oder minder willkommene und unwillkommene Stimmen . Die unwillkommenen sind mir peinlich und unangenehm; ich kann nicht dazu stehen, wäre sie gern los. Selbstakzeptierung beginnt mit dem Willkommenheißen gerade dieser «schwarzen Schafe». Wenn es innere Mitarbeiter(innen) gibt, zu denen ich nicht stehen kann, dann sind sie dazu verurteilt, sich in den seelischen Untergrund zu verziehen, und was von meiner inneren Wahrheit übrigbleibt, ist eine ideologisch erwünschte Teilperson , die ich in den Kontakt schicke und «auf die Menschheit loslasse» – ohne es womöglich zu merken. Und wo bleiben die unerwünschten Stimmen? Zum Teil kommen sie durch die Hintertür zurück und melden sich im «Organdialekt» (A. Adler) als körperliches Symptom. Wir greifen dieses Thema im 4. Kapitel wieder auf.

    Ein weiteres Zwischenergebnis: Die inneren Mitglieder stehen (meist) nicht unverbunden nebeneinander, sondern nehmen miteinander Kontakt auf, reden miteinander, gehen Beziehungen ein (innere Gruppendynamik). Je nachdem, welches innere Betriebsklima hier herrscht, werden wir uns mehr oder minder gut oder schlecht fühlen, werden wir unsere Kraft im Bewältigen der inneren Verhältnisse verbrauchen oder für kraftvolles Handeln zur Verfügung haben. Das Innere Team ist das Entwicklungsziel, der «zerstrittene Haufen» oft der reale Ausgangspunkt.

    So weit die allererste Einführung zum Konzept des Inneren Teams. Wir werden auf das Beispiel der Studentin wieder zurückkommen, denn die Frage steht im Raum: Wie kann sie angesichts ihres inneren Wespennestes denn nun «in Übereinstimmung mit sich selbst» reagieren? Allgemein formuliert: Wie sind Authentizität und klare Kommunikation angesichts innerer Pluralität und Uneinigkeit möglich?
    Alles wird darauf ankommen, aus der Not eine Tugend zu machen. Bevor wir aber nach Lösungen Ausschau halten, ist es ratsam, noch ein wenig weiter in die hier obwaltenden Verhältnisse einzudringen. Denn Lösungen wachsen auf dem Boden fundierter Einblicke und Kenntnisse. Bitte üben Sie sich bis dahin noch ein wenig in der vielgepriesenen Kunst,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher