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Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Titel: Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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«Wir werden nicht hier als Solidargemeinschaft benotet, sondern stehen einzeln im Wettbewerb. Ohne Fleiß kein Preis: jeder nach seiner Leistung!»

    Beziehung (drei mögliche Adressaten):
     
Chefin: «Du bist tüchtig, und ich helfe dir im Wettbewerb zu bestehen!»
Hilfsbereite (innerer Gegenspieler): «Du willst immer das liebe, nette Mädchen sein, das von allen gemocht wird. Aber in meinen Augen bist du konfliktscheu und feige!»
Studienkollege (äußeres Gegenüber): «Du bist ein fauler Schmarotzer. Ich will nicht diejenige sein, die dich beim Durchmogeln unterstützt!»
    Appell (drei mögliche Adressaten):
     
Chefin: «Lehn ab, gib’s ihm nicht! Lass dich nicht von der Hilfsbereiten hinreißen!»
Hilfsbereite (innerer Gegenspieler): «Halt dich zurück!»
Studienkollege (äußeres Gegenüber): «Setz dich selbst auf den Hosenboden!»
    Innendienst und Außendienst
    Die Mitglieder des Inneren Teams können in doppelter Funktion wirksam werden. Sie sind sowohl im Außendienst als auch im lnnendienst tätig – mögen sich einige auch auf das eine oder andere spezialisiert haben. Im Innendienst sind sie Teilnehmer des Selbstgesprächs («innere Stimmen») und Hervorbringer von Stimmungen, Gefühlen, Motiven und Gedanken; im Außendienst sind sie Aktionsbeteiligte auf dem Spielfeld des Lebens, werden sie zu Wortführern, die in der zwischenmenschlichen Kommunikation den Ton angeben bzw. den Unterton hineinmischen (s. Abb. 9).

    Abb. 9:
    Innere Teammitglieder in doppelter Funktion: Innendienst und Außendienst
    Die Einteilung der inneren Teammitglieder zum Innen- und zum Außendienst wird uns in den Kapiteln 4 bis 6 noch eingehend beschäftigen. Hier noch einige vorgezogene Anmerkungen zum Aspekt des Innendienstes: Wenn wir von «inneren Stimmen» sprechen, dann meinen wir weder ein akustisches Erlebnis noch unbedingt eine sprachliche Formulierung – diese ist oft erst das Endergebnis einer Selbsterforschung. Vielmehr melden sich die Einheiten in ganz unterschiedlicher Weise: als ein («irgendwie ungutes») Gefühl, als (Ver-)Stimmung, als ein («sich aufdrängender») Gedanke, als («plötzlicher») Impuls, etwas zu tun oder zu lassen, als Körpersignal oder Krankheit («Was wollen dir deine Kopfschmerzen sagen?»), als Befehl an die Gesamtperson («Bloß weg hier!» usw.).
    Zuweilen stehen sprachlicher Text und Bedeutung der inneren Regung sogleich zur Verfügung, zuweilen wollen sie erst mühsam erschlossen werden. Vielleicht verspüre ich bei irgendeiner Sache ein «Grummeln in der Magengegend». Gut, wenn ich es wahrnehme und nicht übergehe, aber ich sollte auch herausbekommen, was es «sagt» – und was «es mir sagen will».
    Zuweilen spüren wir solche Impulse gar nicht von innen, sondern lesen sie von den Gesichtern unserer Mitmenschen ab. Wenn ein Mann bequem auf dem Sofa liegt, und seine Frau betritt das Zimmer, dann kann es passieren, dass ihr Blick ihm sagt: «Häng nicht so herum, tu was Vernünftiges!» Hat sie aber ganz harmlos geschaut, dann war es wohl sein eigener Antreiber, der auf der Lauer lag und sich den Text von den Augen seines Gegenübers abgeholt hat. Indem wir Projektionen als solche erkennen, kommen wir eigenen Anteilen auf die Spur. Andernfalls ist der Mann dazu verdammt, den eigentlich inneren Kampf nach außen zu verlagern: «Du brauchst gar nicht so zu gucken, ich werde mir ja wohl mal eine halbe Stunde Ruhe gönnen dürfen! Das ist ja wohl nicht zu viel verlangt!» – «Führst du Selbstgespräche?», antwortet sie mit freundlichem Lächeln.
    Indem wir die Botschaft der oft stummen, aber spürbaren Impulse sprachlich fassen, indem wir aus der Regung eine Verlautbarung machen , verhalten wir uns wie ein Dolmetscher, der die Verständigung der Teammitglieder untereinander und mit dem Teamchef erleichtert. Damit unterstützen wir eine Tendenz, die dem Menschen auch spontan innewohnt: die Tendenz zum Selbstgespräch . Formulierungen wie «Ich sage mir dann selbst» oder «Ich versuche mir selbst klarzumachen» oder «Ich habe das tagelang mit mir hin und her diskutiert» weisen darauf hin, dass der innere Dialog ein menschliches Wesensmerkmal darstellt und dass es somit auch «innere Dialogpartner» geben muss.
    Kontextabhängigkeit
    Ein weiteres Wesensmerkmal der inneren Mitglieder ist, dass sie kontextspezifisch zusammentreten, je nach Person, Situation, Thema, Herausforderung. Diese kontextspezifische Konfigurationsbildung bleibt auch dann wesentlich, wenn wir
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