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Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation

Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation

Titel: Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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rückständigen Persönlichkeitsbereiche aufholen können.

    Verbesserung der zwischenmenschlichen Kommunikation durch Psychologie? Kommunikationspsychologie erhebt nicht nur den Anspruch, die Vorgänge zwischen Sender und Empfänger wissenschaftlich zu erhellen, sondern auch Rüstzeug und Wegweiser für eine Verbesserung der zwischenmenschlichen Kommunikation bereitzustellen. Wann aber ist eine Kommunikation besser oder schlechter? Als wir vor zehn Jahren mit unseren Trainingskursen begannen, waren wir – ohne uns das deutlich bewusst zu machen – der Auffassung, dass gute Kommunikation eine Sache der «ansprechenden Verpackung» sei. So hielten wir es für ungünstig, wenn jemand zu einem anderen sagte: «Nun reden Sie doch nicht so ein dummes Zeug!» Wir hielten es für günstiger, wenn er stattdessen etwa sagen würde: «Ich bin nicht ganz sicher, ob ich Ihnen in allen Punkten zustimmen kann» (s. Abb. 2).

    Abb. 2:
    Geheime Leitvorstellungen für eine Verbesserung der Kommunikation (unsere Auffassung vor zehn Jahren – heute überholt).
    Wir dachten: Wenn wir die Teilnehmer für die gefühlsmäßigen Unterschiede dieser beiden Versionen empfindsam machen und den wünschenswerten Stil in geeigneten Übungen trainieren würden, dann hätten wir zur Verbesserung der Kommunikation und der seelischen Hygiene einen wichtigen Beitrag geleistet.
    Aus heutiger Sicht sieht die Sache etwas schwieriger aus. Der emotionale Unmut, der in der ersten Version zum Ausdruck kommt, ist eine seelische Realität. Wie kann ich mit dieser Realität umgehen? Wie kann ich meinen Unmut wahrnehmen (also merken, was mit mir los ist), wie kann ich auseinanderhalten, was er mit mir und was er mit dir zu tun hat? Wie kann ich dich einweihen, ohne dir damit gleich die Schuld aufzubürden? Die Version «Richtig» in Abb. 2 verleugnet etwas von der emotionalen Realität. Dies mag geeignet sein für manchen reibungslosen Schnellverkehr, ist jedoch kaum tauglich als Modell für einen seelisch günstigen Umgang mit mir selber und mit anderen. Im Gegenteil: Ich muss befürchten, dass der unausgedrückte Unmut im seelischen Untergrund weiter wuchert und das Zusammensein aus dem Verborgenen belastet. Diese «Tiefendimension» der zwischenmenschlichen Kommunikation hatten wir damals wenig im Auge. Und so waren wir den Teilnehmern weniger in der gefühlsmäßigen Auseinandersetzung mit sich selber behilflich als vielmehr im Einüben konzeptgemäßer Formulierungen. Als Trainer waren wir selber Vorbild für einen solchen Kommunikationsstil: Die Wahrnehmung und die Auseinandersetzung mit unseren eigenen Gefühlen haben wir teilweise vermieden, erst recht die Bekanntgabe unserer Innenwelt. Stattdessen waren wir darauf aus, das Training «mit Anstand über die Bühne» zu bringen, und das hieß für uns: eine souveräne, einfühlsame und gleichbleibend freundliche Art zur Schau zu stellen (ich hoffe, ich übertreibe etwas!).
    Der Weg über «ansprechende Verpackungen» war ein Irrweg, stattdessen werden «Klarheit» und «Stimmigkeit» zu neuen Maßstäben, an der sich eine sinnvolle Kommunikation zu messen hat. Mit «Stimmigkeit» ist nicht nur die Übereinstimmung meiner Kommunikation mit meiner inneren Verfassung, meinen Zielen und Werten gemeint, sondern auch mit der Verfassung meines Gegenübers und mit der «Wahrheit der Situation» (s. S. 139). – Als aussichtsreiches Heilmittel gegen eine gestörte Kommunikation hat sich die Metakommunikation herausgestellt, d.h. die Kommunikation über die Kommunikation, über die Art, wie wir miteinander umgehen. Die Kommunikationstherapeuten Mandel und Mandel schrieben 1971: «Explizite Metakommunikation ist völlig unüblich, man schämt sich ihrer. Es würde geradezu einer Evolution gleichkommen, gelänge es, sie in der nächsten Generation zur Gewohnheit zu machen.» (S. 62)
    Das vorliegende Buch vermittelt Werkzeuge zur Förderung von innerer und äußerer Klarheit und ist eine Einführung in die Kunst der Metakommunikation. Es richtet sich zwar zunächst an Psychologen und angehende Psychologen, zu deren Beruf es gehört, Gruppen zu leiten, Kommunikationstrainings durchzuführen, Paare, Familien und Arbeitsgruppen in der Art ihres Miteinanders zu fördern. Jedoch sind Zaungäste aller Art erwünscht. Sie können Einblick nehmen, mit welcher «Brille» wir Kommunikationspsychologen und -therapeuten zwischenmenschliche Vorgänge betrachten, wie wir Störungen und Pannen ausmachen und mit welchem
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