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Mit verdeckten Karten

Mit verdeckten Karten

Titel: Mit verdeckten Karten
Autoren: Alexandra Marinina
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den Geschäftsabläufen, und noch mehr mißfällt ihnen, daß so oft Schwierigkeiten auftreten. Es ist an der Zeit, daß wir etwas unternehmen«, sagte der Hausherr, während er an dem großen, angelaufenen Glas mit kaltem Mineralwasser nippte.
    »Aber in Wirklichkeit steht alles gar nicht so schlecht«, widersprach Sajnes zögernd. »In unsere Geschäfte waren nur drei Personen eingeweiht. Zwei von ihnen sind tot, und der dritte wird in den nächsten Tagen ebenfalls verschwinden. Die Unterlagen über die ausgemusterten Geräte und den goldhaltigen Metallverschnitt sind in unserem Besitz. Ich denke, wir haben keinen Grund zur Sorge.«
    »Haben Sie vergessen, daß Platonow eine Frau in die Sache eingeweiht hat? Haben Sie auch an diese Frau gedacht?«
    »Natürlich. Sie wird ebenfalls verschwinden, zusammen mit Platonow.«
    »Und Sie gehen davon aus, daß das genügt, um in Zukunft in Ruhe Weiterarbeiten zu können?« fragte der Hausherr gereizt. »Offenbar haben Sie ganz vergessen, Vitalij Wassiljewitsch, daß es noch jemanden gibt, der Bescheid weiß. Und die Originale der Unterlagen befinden sich bei dieser Person, wir besitzen nur die Kopien. Ziehen Sie diese Person nicht in Betracht?«
    »Aber das ist doch unser Mann«, sagte Sajnes mit ehrlichem Erstaunen. »Er arbeitet doch für und nicht gegen uns.«
    »Das scheint Ihnen nur so«, sagte der Hausherr mit einem giftigen Lächeln. »Wir können niemandem vertrauen. Ein Mensch, der sich einmal verkauft hat, kann es auch ein zweites Mal tun. Dieser Mann wechselt zu schnell die Seiten und gibt zu schnell seine Position auf. Auf ihn kann man sich nicht verlassen.«
    »Warum kann man sich nicht auf ihn verlassen?«
    »Erinnern Sie sich daran, wie alles angefangen hat. Er hat Platonows Spur aufgenommen, um herauszufinden, was er in Uralsk sucht. Haben Sie einmal darüber nachgedacht, warum er das gemacht hat? Nein? Dann werde ich es Ihnen sagen. Er wollte Platonows Ermittlungen sabotieren und ihm unsere heißgeliebte Justiz auf den Hals hetzen. Glauben Sie etwa, er hat das aus Liebe zu uns gemacht? Oder wegen des Geldes, das wir ihm dafür bezahlen? Gewiß nicht, mein lieber Vitalij Wassiljewitsch. Er hat eine persönliche Rechnung mit Platonow zu begleichen. Unser Freund Russanow wollte ihn hinter Gitter bringen oder ihm zumindest eine Menge Schwierigkeiten bereiten. Nur deshalb hat er sich an die Sache mit Uralsk drangehängt. Und der Kontakt zu ihm ist erst entstanden, nachdem unsere Leute in Uralsk herausgefunden hatten, daß Platonow, der einen Hinweis von diesem Schwachkopf namens Sypko bekommen hatte, als erster in den Unterlagen zu stochern begonnen hatte und ein gewisser Russanow ihm auf den Fersen gefolgt war. Damals haben wir diesen Russanow zu uns kommen lassen, wir haben uns unterhalten und sind zu einem erfreulichen Einvernehmen gekommen. Wir sind ja selbst daran interessiert, daß Platonow abserviert wird, und es kam uns sehr entgegen, daß ein Fachmann diese unangenehme Aufgabe übernommen hat, der zudem ein persönliches Interesse an der Sache hat. Wir bezahlen ihn, und er verbindet das Angenehme mit dem Nützlichen. Aber Sie müssen zugeben, lieber Vitalij Wassiljewitsch, daß persönliche Motive auf einem Blatt stehen und loyale Zusammenarbeit mit uns auf einem ganz anderen. Da besteht zweifellos ein kleiner Unterschied. Russanow hat sich an uns verkauft, aber deshalb gibt es noch lange keine Garantie dafür, daß er nicht gegen uns arbeiten wird. Man kann nie wissen, was ihm in den Kopf kommt. Und Sie müssen bedenken, daß dieser Mann alles weiß und im Besitz der Originalunterlagen ist. Wie können wir da in Ruhe an die Zukunft denken? Erinnern Sie sich an Bulgakows Berlioz, der auch nicht daran geglaubt hat, daß es den Teufel gibt.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß . . .« fragte Sajnes zögernd.
    »Genau das, verehrter Vitalij Wassiljewitsch. Wir müssen es tun, und zwar so schnell wie möglich. Erst danach werden wir halbwegs sicher sein.«
    »Ich weiß nicht mehr, an wen ich mich noch wenden soll. Dem Mann, der mir geholfen hat, ist ein großes Unglück widerfahren, man hat seinen einzigen Enkel ermordet. An ihn kann ich jetzt nicht herantreten.«
    »Das sind Sentimentalitäten!« sagte der Hausherr mit eisiger Stimme. »Weibertränen. Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps. Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun. Heute haben Sie Mitleid mit ihm, und wer wird morgen Mitleid mit Ihnen haben? Er bestimmt nicht, das garantiere ich Ihnen.
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