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Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande
Autoren: David Weber
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Aus schmerzhafter, persönlicher Erfahrung wußte sie, welch gute Arbeit Fritz Montaya verrichtete, und so ausgedehnt der Eingriff auch war, handelte es sich doch um Routine. Andere Wunden konnte kein Arzt heilen. Honor biß sich auf die Lippe, um einen Schmerz zu unterdrücken, der nicht aus ihrem Körper kam: Gerade rückte sie das einfache schwarze Barett auf der Schreibtischplatte zurecht und stellte sich der brutalen Amputation ihrer Zukunft.
    Was sie getan hatte, das bereute sie nicht – das konnte sie nicht. Sie hatte gewußt, welchen Preis es sie kosten würde, und geglaubt, es sei den Preis wert; das fand sie auch jetzt noch. Nur der Schmerz – der Schmerz war viel schlimmer, als sie es vorher für möglich gehalten hatte.
    Daß man sie vom Oberhaus ausgeschlossen hatte, berührte sie ebensowenig wie die Berichte einiger Newsdienste, die sie für die Brutalität verdammten, mit der sie einen Wehrlosen niedergeschossen hatte. Pavel Youngs Leben war schon in dem Augenblick verwirkt, in dem er sich zu ihr umdrehte. In den Augen des Gesetzes spielte es keine Rolle, ob Lieutenant Castellanos oder ihre Schüsse das Urteil an ihm vollstreckt hatten, aber für sie war es sehr wichtig.
    Sie hatte erwartet, sie würde über Youngs Tod Freude verspüren, aber so war es nicht. Sie empfand kalte, gnadenlose Genugtuung – das Gefühl, der Gerechtigkeit sei Genüge getan, das grimmige Gefühl der Zufriedenheit, weil es durch ihre Hand geschehen war, und eins der Angemessenheit über Youngs schäbiges, würdeloses Ende. Honor hatte es tun, hatte ein Ungleichgewicht korrigieren müssen – doch Freude konnte sie darüber nicht empfinden. Nun erstreckte sich vor ihr die öde Leere ihrer Zukunft. In gewisser Hinsicht hatte Young noch triumphiert. Er hatte ihr Paul genommen, und sie hatte seinetwegen die Karriere geopfert, die sie sich dreißig Jahre lang aufgebaut hatte; um Young zu vernichten, hatte Honor sich darum gebracht, im Dienste der Königin zu tun, wozu sie geboren war. Sie seufzte, als MacGuiness den letzten Anschluß löste und zwei Matrosen das Lebenserhaltungsmodul zwischen sich in einem Kontragravgeschirr aufhoben. Vorsichtig schafften sie es durch die Luke in den Gang. LaFollet trat in die Kabine und sah Honor an, während die Matrosen das Modul zum Lift trugen. »Sind Sie fertig, Mylady?« fragte der Mann, der ihr zweimal das Leben gerettet hatte, und sie nickte.
    »Mac?« fragte sie leise.
    »Jawohl, Ma’am.« MacGuiness breitete die Arme aus, und Nimitz hüpfte hinein. Er kletterte auf das Schulterpolster, das der Steward trug und das Honor ihm nicht bieten konnte, bevor ihre Wunde verheilt war. MacGuiness war gebürtiger Manticoraner, und für jemanden, der auf der Hauptwelt des Königreichs aufgewachsen war, bedeutete das Gewicht einer ‘Katz eine schwere Bürde. MacGuiness aber hielt sich mit seltsamem Stolz aufrecht. Er hob die Hand zu Nimitz, und der Baumkater strich mit dem Kopf gegen die Handfläche, als wäre es Honors, dann setzte er sich aufrecht und bewegungslos hin und hielt die Augen auf sie gerichtet.
    Sie sah ihn einen Augenblick lang an, dann nahm sie das schwarze Barett von dem Schreibtisch, der einmal ihr gehört hatte. Sie setzte es sich auf, stellte sich vor den Spiegel und rückte es mit einer Hand zurecht. Damit akzeptierte sie den Verlust des weißen Baretts, das nur die Sternenschiffkommandanten trugen. Schließlich war sie mit dem Sitz der Kopfbedeckung zufrieden – sie war entschlossen, wenigstens mit perfektem Äußeren ins Exil zu gehen –, und wandte sich den anderen wieder zu.
    »Gehen Sie voran, Andrew«, bat sie LaFollet, und der Major trat durch die Luke und in den Gang; dort blieb er stehen. Erstaunt straffte er den Rücken und nahm Haltung an, als ein breitschultriger Mann, der noch einen Zentimeter größer war als Honor, in der Uniform eines Admirals der RMN um die Gangecke bog.
    »Dame Honor«, begrüßte Hamish Alexander sie leise.
    »Admiral.« Honor brannten die Augen, und sie biß sich auf die Lippe. Wie sehr hatte sie gehofft, diese Begegnung möge ihr erspart bleiben. Sie hatte sogar zwei Comanrufe von White Haven nicht entgegengenommen und nicht beantwortet, hatte sich dabei ihrer Feigheit geschämt, war aber auch nicht in der Lage gewesen, dem Mann ins Gesicht zu sehen, der versucht hatte, ihre Karriere vor ihr selbst zu schützen. Ihre Gefühle waren zu unreflektiert, zu zwiespältig, und die Erinnerung an seinen Zorn noch immer zu schmerzlich. Erst in
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