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Mit Herrn Lämmlein ist was los

Mit Herrn Lämmlein ist was los

Titel: Mit Herrn Lämmlein ist was los
Autoren: Tilde Michels
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meinetwegen. Ich werd’s schon überstehen.“ Und er prüfte zur Sicherheit die
Muskeln seiner Sitzgegend.
    Damit wurde die Versammlung beendet und
alles Weitere auf die Zusammenkunft in einer Woche vertagt.

Specht muß gerettet werden
     
    Eine
Woche später sprach keiner von ihnen mehr davon, daß die Keilerei mit den Mühlgäßlern siegreich ausgegangen war. Und selbst Edi dachte nicht mehr daran, daß Lehrer Diehl der
Entschuldigung wegen keinen blauen Brief an seinen Vater geschrieben hatte, und
daß Edis Hosenboden deshalb nur von Lehrer Diehl bearbeitet
worden war.
    Es hatte sich etwas ereignet, was alles
andere in den Schatten stellte, und die Gemüter in höchste Aufregung versetzte.
    Es ging um Specht, oder vielmehr um
Spechts Mutter. Sie war Witwe und arbeitete als Waschfrau. Frau Bäumler — so
hieß sie — war lange krank gewesen und hatte nicht zur Arbeit gehen können. Das
    Geld wurde knapp, und sie war zwei
Monate lang die Miete schuldig geblieben. Pro Monat fünfzig Mark, das machte
zusammen hundert Mark.
    Der Hauswirt war in der Frühe bei Frau
Bäumler erschienen, hatte mit der flachen Hand auf den Tisch geschlagen und das
Mietgeld gefordert.
    „Heute ist der einunddreißigste“, hatte
er gesagt. „Wenn bis zum Abend das Geld nicht da ist, fliegen Sie aus der
Wohnung. Ich warte keinen Tag länger.“
    Und Specht hatte gehört, daß der
Hauswirt zwei Möbelträger bestellt hatte, die sollten die Wohnung am Abend
ausräumen, wenn bis dahin nicht bezahlt war.
    Auf die Straße wollte der Hausherr sie
setzen. Und wo sollte Frau Bäumler dann hin mit ihrem Sohn und den Möbeln und
dem ganzen Hausrat?
    Mit dieser Nachricht rannten die Buben
in der Mittagspause zu Herrn Lämmlein.
    „Wir müssen etwas tun, Boß“, sagten
sie, „und zwar sofort.“ Herr Lämmlein hörte sich die Geschichte genau an und
sagte:
    „Ja, wir müssen etwas tun. Ich würde
die hundert Mark ja gerne vorstrecken, aber ich habe nicht mehr soviel. Mein
Gehalt kriege ich erst morgen, am ersten. Wenn das Mietgeld bis heute Abend da
sein muß, ist das zu spät.“
    Er zog seine Brieftasche — aber da fand
sich kein einziger Schein mehr darin.
    Da kramten sie alle ihre Geldbörsen
hervor und schütteten sie auf dem Tisch aus. Es kam ein ansehnlicher Berg
Münzen zusammen, aber als sie sie gezählt hatten, waren es doch nur sieben Mark
vierundachtzig. Und damit war nichts ausgerichtet.
    „Ich könnte meine elektrische Eisenbahn
verkaufen“, überlegte Arthur.
    „Oder wir gehen als Maurer auf den Bau“,
schlug Edi vor. „Da kriegen wir die Stunde einsdreißig . Rechnet mal, fünf Mann sind wir, acht Stunden
Arbeit, macht...“
    Aber Herr Lämmlein unterbrach seine
Rechnung.
    „Für derartige Aktionen ist es jetzt
viel zu spät. Wer soll denn so schnell die Eisenbahn kaufen, und was ist mit
der Schule, wenn Ihr als Hilfsarbeiter auf den Bau geht? Ganz abgesehen davon,
daß damit die hundert Mark noch immer nicht zusammen sind. — Nein, das ist
nichts.“
    Er zündete sich eine Zigarre an und
versank in Nachdenken. Die Buben schauten ihm dabei respektvoll zu.
    Nach einer Weile war es soweit. Herr
Lämmlein hatte einen Entschluß gefaßt:
    „Das Geld muß beschafft werden, das ist
klar“, sagte er. „Wir müssen es uns eben borgen. Ich kenne aber niemand, der es
uns borgen könnte. Also müssen wir es uns heimlich besorgen. Im Bankhaus Wolf
zum Beispiel. Dort liegen ganze Säcke mit Geld. Folgendes ist mein Plan: Ich
gehe jetzt sofort auf die Bank. Ich werde ins Safe eindringen, hundert Mark
herausnehmen und morgen, wenn ich mein Gehalt bekommen habe, bringe ich das
Geld zurück.“
    Die Buben brüllten vor Begeisterung.
    „Hurra, Boß geht durch die Wand!“
schrie Arthur.
    „Specht ist gerettet!“ quietschte
Pimmel, und die Stimme schnappte ihm über, denn er war im Stimmbruch.
    Dann griff Herr Lämmlein nach seinem
Hut und ging, ohne viel Aufhebens zu machen, davon.

Großalarm im Bankhaus Wolf
     
    Herr
Lämmlein betrat das Bankhaus durch die große Drehtüre, grüßte den Portier
höflich und schritt durch die Schalterhalle. Am Ende der Schalterhalle war eine
Marmortreppe, die in den Keller führte. Ein Schild mit der Aufschrift „Zu den
Stahlkammern“ zeigte Herrn Lämmlein, daß er sich auf dem richtigen Weg befand.
Im Kellergeschoß war ein kleiner Warteraum, von dem aus eine riesige mit drei
Schlössern gesicherte Stahltüre in die Geldkammer führte. Er war am Ziel.
    „Sie wünschen?“ fragte ihn ein
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