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Mit einem Fuß im Himmel

Mit einem Fuß im Himmel

Titel: Mit einem Fuß im Himmel
Autoren: Marie Louise Fischer
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dir!« lachte Monika und erstand ein Exemplar des Ausblick, das ihr Gaby aus der Hand riß. Sie schlug die Seite mit den Horoskopen auf.
    Monika versuchte, ihr über die Schulter zu schauen: »Lies doch laut! Was sagen die Sterne?«
    »Donnerwetter! Na so etwas!« rief Gaby. »Paß mal auf: >Jetzt ist endlich der Zeitpunkt gekommen, wo Sie mit Vorurteilen und Mißverständnissen auf räumen können! Lassen Sie sich nichts gefallen! Setzen Sie sich durch! Sagen Sie die Wahrheit! Am Abend eine kleine Auseinandersetzung mit einem geliebten Menschen!*«
    Gabriele ließ die Zeitung sinken und schaute Monika verklärt an. »Das ist doch toll, nicht? Darauf habe ich gewartet!«
    »Na hör mal!« Monika war ehrlich entsetzt. »Du willst doch wohl nicht wirklich? Allen Leuten die Wahrheit sagen und so?«
    »Na klar! Was denn sonst!«
    »Hör mal, Gaby, das kannst du doch nicht tun! Das... das wäre ja nicht auszudenken!«
    »Ich tu’s! Ganz bestimmt tu ich es! Das Horoskop im Ausblick hat immer recht. Wie oft soll ich dir das noch erzählen!«
    »Aber Gaby! Stell dir doch bloß vor...!«
    »Wenn ich mich nicht danach richten würde, dann brauchte ich es doch überhaupt nicht zu lesen!«
    »Gaby, nimm doch Vernunft an! Was glaubst du, wieviel Menschen ihr Horoskop lesen und sich doch nicht danach richten!? Die meisten, sage ich dir, alle!«
    »Das sind eben Dummköpfe, sage ich dir! Entweder... oder! Du wirst sehen! Morgen geht’s rund!«
    »Gaby...!«
    »Tschüß, Monika! Da kommt meine Bahn! Hier, nimm deine Zeitung!«
    »Willst du sie nicht behalten?« rief Monika hinter der Davoneilenden her.
    »Wozu!? Behalt sie nur!« Sie war schon auf die Plattform gesprungen, die Straßenbahn fuhr an, und Gabriele winkte der zurückbleibenden Monika zu. »Bis morgen!«
    Dann drängelte sie sich in das Innere des Wagens. Alle Plätze waren besetzt, und die Menschen standen eng beisammen im Gang.
    Gabriele pflanzte sich dicht vor einem gutmütigen älteren Herrn auf und bombardierte ihn so lange mit schmachtenden Blicken aus ihren unschuldigen braunen Augen, bis er sich, leicht verlegen, einen Ruck gab, aufstand und ihr seinen Platz anbot.
    »Vielen Dank, mein Herr!« Gabriele lächelte den Herrn so charmant an, daß er sich reichlich für die Aussicht entschädigt fühlte, nun wahrscheinlich bis zum Neußer Bahnhof, also fast eine Stunde, stehen zu müssen.
    Gabriele öffnete ihre Handtasche, zog eine Karte heraus und vertiefte sich wieder einmal in den gedruckten Text, obwohl sie ihn selbst im Schlafe auswendig hätte hersagen können. Es war eine Aufforderung des Westdeutschen Rundfunks, Köln, Abteilung Unterhaltung, sich am Freitag, dem 17., im Funkhaus zur Mikrofonprobe einzustellen. Gabriele hätte diese simple Karte am liebsten mit Küssen bedeckt — sie durfte zum Vorsingen kommen, das war, sie wußte es genau, der Anfang einer großen Karriere! Ach, Herrgott, war das Leben schön.
    Bloß — was würde der arme Till dazu sagen?! Gabriele hatte bisher mit keinem Menschen über diesen Erfolg gesprochen. Sie wollte ihn durch vorzeitiges Reden nicht in Frage stellen. Wie würde Till es aufnehmen? Zwar hatte gerade er ihr wieder und immer wieder gesagt, wie hübsch ihre Stimme sei, aber ob er mit dem Vorsingen einverstanden sein würde, und dazu noch so kurz vor der Hochzeit?
    Gabriele steckte die Karte in die Handtasche zurück. Wozu sollte sie sich unnütze Gedanken machen? Die meisten Dinge lösten sich im richtigen Moment ganz von selber, und so würde es wahrscheinlich auch diesmal gehen.
    »Luegplatz!« rief der Schaffner aus.
    Gabriele erhob sich, gönnte dem älteren Herrn, der sich erleichtert wieder setzte, noch einen berückenden Blick, dann drängte sie sich hinaus auf die Plattform und stieg aus.

III

    Auch Liselotte Klaus war, nachdem sie das Geschäft abgeschlossen und sich von Evi verabschiedet hatte, zum Zeitungsstand gegangen und hatte sich einen Ausblick gekauft. Auch sie war stehengeblieben und hatte erst einmal ihr Horoskop gelesen, mit einer trotz ihres Zweifels unbezwinglichen Neugier. Wenn ihr Horoskop gut war, freute sie sich zwar darüber, aber wenn es schlecht war, ließ sie sich keineswegs davon bedrücken, und manchmal schämte sie sich ehrlich, daß sie es überhaupt las, aber das Studieren des Horoskops gehörte zu ihren kleinen Angewohnheiten, von denen sie schlecht ablassen konnte.
    Den zusammengefalteten Ausblick unter dem Arm machte sie sich dann auf den Weg nach Hause. Sie hatte nicht weit zu
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