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Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut
Autoren: Adam Ross
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beruhigend und weckte seinen Appetit auf Sushi. Heute Morgen war er ohne Frühstück aus dem Haus gerannt, dabei hatte er in letzter Zeit ständig Hunger und litt an Hungerattacken, die immer schlimmer wurden; sein Übergewicht war wie eine Krankheit. Er sah sein Spiegelbild in einem Glaskasten, das struppige Haar stand ihm wie Stroh nach allen Seiten vom Kopf ab, sein Bart ließ sein Gesicht noch voller aussehen, und der Hosenbund unter seinem Bauch war zu einem breiten Lächeln verzogen. Sobald er und Alice von hier verschwunden waren, würde er etwas dagegen unternehmen. Dann würden sie sich wieder wohlfühlen, in ihrer Haut und miteinander.
    Er konzentrierte sich wieder auf seine Umgebung. Vor ihm erhob sich ein goldener Buddha, die Augen zur Meditation halb geschlossen, die Hände mit nach oben gekehrten Handflächen sacht übereinander auf die gekreuzten Beine gelegt, um den Kopf einen Heiligenschein aus Kobra-Schlangen. Auf dem Schild stand:
     
    Der Buddhismus vertritt die Lehre, dass alle Menschen in einem endlosen Kreislauf des Lebens gefangen sind und dass unsere Gestalt im nächsten Leben von unserem Verhalten in diesem Leben abhängt. Den Kreislauf kann man nur verlassen, wenn man ihn verstanden hat, wenn man richtig lebt und seinen Verstand und seine Leidenschaft einsetzt.
     
    In welcher Form aber würde er, der den Kreislauf erst zu spät verstanden und folglich falsch gelebt hatte, wiedergeboren werden? Ganz sicher auf einer Stufe unterhalb des Menschseins, als ängstliches Tier, das eher Beute als Räuber war. Dicklich, stark behaart. Paarung nur erschwert möglich. Ein Panda, dachte Pepin. Und doch war er von der Erklärung fasziniert – der endlose Kreislauf des Lebens –, und die Aussicht auf den Ausweg, den Escher Exit, gab ihm neuen Auftrieb.
    Ich werde nur noch geradeaus gehen, dachte er.
    Er hatte die Gruppe verloren, brach in Panik aus, trabte los, rannte dann, bog um die Ecke und lief beinahe die Nachzügler der Klasse um. Er drückte sich hinter der Figur des Semai-Jägers, vor dem die Klasse sich versammelt hatte, an die Wand, schlurfte dann heran, um sich vor aller Augen hinter Alice zu verstecken, so nah, dass er nur eine Hand hätte auszustrecken brauchen, um sie zu berühren; fast konnte er sie riechen. Der Jäger, nackt bis auf ein Stirnband aus geflochtenem Schilf und den obligatorischen Windelslip des edlen Wilden, hielt sich ein Blasrohr an den Mund, das in seiner Länge an den Stab eines Stabhochspringers erinnerte.
    »Guck dir die Badehose an.« Das war derselbe Junge, der Alice eben eine Frage gestellt hatte.
    »Das ist ein Lendenschurz, Anthony«, erklärte Alice.
    »Das ist ja wohl eher ein Lenden vorhang. «
    Alle lachten, sogar Alice.
    »Ta-dah! Hier hängt mein Schwanz!«
    »Jungs«, sagte Alice, »keine Kraftausdrücke, bitte.«
    Die Ureinwohner der Malaiischen Halbinsel, stand auf dem Schild, wurden für ihre Gewaltlosigkeit bewundert:
     
    Die Semai lebten in länglichen Pfahlbauten, in denen jeweils mehrere Familien wohnten … Heute sind Einzelhäuser verbreitet. Eine Regel besagt, dass Menschen, die zusammenleben, miteinander auskommen müssen; es muss eine Verbindung aus gegenseitiger Achtung und Wertschätzung bestehen.
     
    Die Malaiische Halbinsel lag irgendwo vor Thailand, dachte Pepin. Nachdem sie tagelang das Great Barrier Reef erkundet hatten, könnten er und Alice in Brisbane starten, über Indonesien nach links abbiegen und Malaysia überfliegen, um in Kuala Lumpur zu landen und für eine Weile bei den Semai zu leben. Wie viel Gewicht er allein beim Jagen mit dem Blasrohr verlieren würde! Es dürfte schwierig sein, von Reis allein dick zu werden, ganz zu schweigen davon, dass man sein Essen erst einmal erlegen musste, und das mit einer so unpraktischen Waffe. Wie wenig man in der Wildnis zu bedenken hätte! Sie würden in einem Pfahlbau zusammenleben. Sich um die Reisfelder kümmern. Ihre gegenseitige Achtung und Wertschätzung erneuern. Sie würden nach den Regeln dieser Ureinwohner leben.
    Er bildete sich ein, Möbius’ dunklen Umriss in einer Glasscheibe erkannt zu haben, aber als er sich umdrehte, war niemand zu sehen.
    »Wir gehen runter«, rief Alice am Treppenabsatz. »Bitte bleibt dicht beeinander!«
    »Da steht aber, die Dinosaurier wären oben«, sagte Anthony und hielt den Lageplan in die Höhe.
    »Die Dinosaurier sind oben, Anthony, aber zuerst wollen wir uns die Hominiden ansehen.«
    »Verflixte Scheiße, was ist ein Homo nid?«
    Seine
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