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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla
Autoren: Philip Kerr
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gedacht, Ihre Nerven liegen bestimmt blank.»
    «Sehr aufmerksam von Ihnen.»
    «Behalten Sie die Packung.»
    Ich zupfte etwas Tabak aus einem Ende der Zigarette und drückte es mit Daumen und Zeigefinger zusammen, so wie man es bei Zigaretten macht, die man nicht besonders mag. Genauer gesagt schmeckten sie mir überhaupt nicht, waren aber immer noch besser als gar keine Kippen.
    «Was passiert jetzt mit denen? Den drei Amis?»
    «Interessiert Sie das wirklich?»
    «Seltsamerweise, ja. Vielleicht aus schlechtem Gewissen.»
    Er zuckte die Achseln. «Wir werden ihnen – gelinde gesagt – auf den Zahn fühlen, um rauszufinden, was sie wissen. Aber früher oder später tauschen wir sie gegen ein paar von unseren Leuten aus. Sie sind viel zu wertvoll, um sie auf die Guillotine zu schicken, falls das Ihre Sorge sein sollte.»
    «Macht ihr das etwa immer noch?»
    «Das mit der Guillotine? Ja, klar. Eine schöne schnelle Angelegenheit.» Er grinste verschlagen. «Außerdem ist das Erschießen eine zu milde Strafe für unsere Staatsfeinde. Jedenfalls ist das Fallbeil erheblich effektiver als der elektrische Stuhl. Bei Ethel Rosenberg hat es letztes Jahr ganze zwanzig Minuten gedauert. Es heißt, ihr Kopf habe Feuer gefangen, bevor sie tot war. Ich frage Sie also, was ist menschlicher? Die zwei Sekunden, die das Beil braucht? Oder die zwanzig Minuten auf dem elektrischen Stuhl in Sing Sing?» Er schüttelte wieder den Kopf. «Aber nein. Ihre drei Amerikaner werden nicht auf eine Brotlieferung warten müssen.»
    Als er mein ratloses Gesicht sah, fügte er hinzu: «Um die Bürger nicht unnötig zu beunruhigen, transportieren wir unser Fallbeil in einem Brotlieferwagen durch die DDR , von der Bäckerei in Halle. Vollkornbrot. Das ist gesund.»
    «Immer noch der Alte, was, Mielke? Sie hatten schon immer einen seltsamen Sinn für Humor. Ich weiß noch, einmal, in einem Zug nach Dresden, da hätte ich mich fast totgelacht.»
    «Aber Sie haben ja dann doch zuletzt gelacht. Ich war beeindruckt, wie Sie die Sache gedeichselt haben. Den Russen zu erledigen war bestimmt kein Kinderspiel. Aber noch bemerkenswerter fand ich, was Sie danach angestellt haben. Dass Sie Elisabeth das Geld gegeben haben. Ehrlich gesagt, bis ich Ihren Brief erhielt, hatte ich keinen Schimmer, dass ihr ein so freundschaftliches Verhältnis hattet. Dennoch, ich schätze, die meisten Männer hätten das Geld einfach behalten. Und das hat mich ins Grübeln gebracht. Ich hab mir gesagt: Ein Mann, der so etwas tut, kann nicht der berechenbare Faschist sein, für den ich ihn gehalten hatte. Dieser Mann hat verborgene Qualitäten, die mir eventuell sogar nützlich sein könnten. Sie haben wahrscheinlich keine Ahnung, dass ich vor drei oder vier Jahren tatsächlich versucht habe, Verbindung zu Ihnen aufzunehmen. Sie sollten etwas für mich erledigen. Und ich erfuhr, dass Sie verschwunden waren. Es hieß sogar, Sie hätten sich nach Südamerika abgesetzt, wie all die anderen Nazi-Schweine. Daher war ich angenehm überrascht, als Elisabeth in meinem Büro in Hohenschönhausen mit Ihrem Brief aufgetaucht ist. Und noch überraschter war ich, als ich den Brief las und von Ihrem waghalsigen Vorschlag erfuhr. Respekt, ganz schön listig, was Sie da ausgeheckt haben, das hätte ein Meisterspion nicht besser hingekriegt. Und das Beste: direkt vor der Nase der Amerikaner. Das werden die Ihnen nie verzeihen.»
    Ich sagte nichts. Es gab nicht viel zu sagen, daher zog ich an meiner Zigarette und wartete ab, wie es weiterging. Wie die Sache ausgehen würde, stand nämlich noch in den Sternen. Was würde er machen? Seinen Teil der Abmachung einhalten, wie er es mir in seinem Brief versprochen hatte? Oder mich ein weiteres Mal hintergehen? Hätte ich es denn wirklich anders verdient? Schließlich hatte ich gerade drei Männer verraten.
    «Dass ich letzten Endes wusste, dass ich Ihnen vertrauen konnte, lag an Elisabeth, Gunther. Wenn Sie wirklich ein Handlanger der Amerikaner gewesen wären, hätten Sie denen gesagt, wo sie wohnt, und sie hätten sie beschatten lassen. Um mich zu verbrennen.»
    «Verbrennen?»
    «So nennen wir das, wenn man einen Geheimdienstler wissen lässt, dass einem jeder Fitzel seines Lebens bekannt ist und sich seine ganze Existenz in Rauch aufgelöst hat. Verbrannt ist. Manchmal lässt man es ihn aber auch nicht wissen.»
    «Tja, ich schätze mal, die hatten bereits versucht, Sie zu verbrennen.»
    Manches von dem, was ich erzählte, war ihm bereits aus
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