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Missing Link

Missing Link

Titel: Missing Link
Autoren: Walt Becker
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Wissenschaft überlegen war.
    »Meinen Sie nicht, Dr. Austin, dass das ein bisschen absurd klingt?«, fragte Gary, ein Doktorand von der New Yorker Universität mit Brille, Batikhemd und Birkenstock-Sandalen.
    Jack mochte Gary nicht, aber zumindest hatte der junge Mann Mumm genug, ihm zu widersprechen. Jack erinnerte sich daran, wie verärgert er nach eineinhalb Stunden Vorlesung an der University of California immer gewesen war - nicht, weil seine Studenten gestört oder gar Desinteresse gezeigt hatten, sondern weil die Zeit oft ohne eine Frage vergangen war. Nicht eine einzige Frage! Sie müssen Angst vor dem Sprechen haben, hatte er zuerst gedacht, obwohl sie nach der Bekanntgabe der Noten ihre Stimmen wiedergefunden hatten. Jack war über jene traurig, die sich weigerten, die Wissenschaft in Frage zu stellen - sie herauszufordern. Deswegen schätzte er Garys Einwurf, auch wenn er seine eigenen Theorien bestritt.
    »Ich glaube tatsächlich, dass es ein wenig absurd klingt«, antwortete Jack. »Aber nicht absurder als die gegenwärtige Schule. Es war nämlich die Absurdität der gegenwärtigen Sichtweise, die mich zwang, meine >etwas weniger absurde Hypothese< zu formulieren.«
    Ein paar der anderen Studenten kicherten. Auch ihnen schien Gary nicht gerade ans Herz gewachsen zu sein.
    »Uns wurde beigebracht, dass die Menschheit sich auf dem Höhepunkt der Zivilisation befindet«, fuhr Jack fort. »Wir hätten uns von der Unwissenheit unserer Vorfahren und ihren einfachen Wurzeln als Jäger und Sammler weiterentwickelt. Für mich ist das eine arrogante Sicht der Dinge. Viele Hinweise fordern uns auf, die Idee zu akzeptieren, dass die Zivilisation zu einem bestimmten Zeitpunkt so weit fortgeschritten war wie unsere heutige. Zumindest lassen diese Anomalien vermuten, dass unsere Vorfahren Zugang zu einer Technologie und einem Wissen gehabt haben, die keine Parallele zu dem hat, was wir heute wissen.«
    Jack nahm seinen Aluminiumzeigestab aus der Tasche und zog ihn zu seiner vollen Länge aus. »Wir wollen es uns ein bisschen gemütlicher machen, ja?«
    Die Studenten erhoben sich. Jack führte sie zu einer Gruppe riesiger glatter Steine, die sich, in der üppigen Vegetation reichlich fehl am Platz, abrupt und starr aus dem Dschungelboden erhoben. Schon die Größe des Tempels und die Präzision, mit der er gebaut war, ließ ihn verwirrend modern aussehen. Über die Zeit hinweg waren die meisten Steine verwittert, und die Natur tat ihr Bestes, die Blöcke aufzubrechen, sodass die Vegetation überall dort zum Zuge kam, wo ein kleiner Spalt einem Samenkorn die Möglichkeit zum Wachsen gegeben hatte.
    Dies war immer der bewegendste Teil des Unterrichts, und Jack liebte ihn. Dinge im Detail zu untersuchen, sie zu berühren, erweckte die Vergangenheit zum Leben. Wenn man sitzen blieb und lange genug lauschte, sangen die Ruinen eine Antwort.
    »Wie viel wiegt der Block Ihrer Meinung nach?«, fragte Jack und zeigte auf den riesigen Eckstein.
    »Dreihundert Tonnen?« Gary antwortete wie immer als Erster.
    »Ah, Sie haben den Text gelesen. Das ist prima. Aber Sie sind trotzdem nur nahe dran. Die letzte Untersuchung von von Nolting und Bearnhardt brachte das Gewicht auf fast dreihundertfünfzig Tonnen. Hat jemand von Ihnen eine Idee, wie die Menschen, die den Tempel von Cuenca errichteten, diesen Block bewegen konnten? Oder wie es die Erbauer von Baalbek im Libanon fertig brachten, Grundsteine zu legen, die so hoch wie fünfstöckige Gebäude sind und über sechshundert Tonnen wiegen?«
    Die Studenten blieben stumm. Jack ging wieder auf und ab und genoss ihre Verblüffung.
    »Wie steht es mit den Abu-Simbel-Statuen in Ägypten? Als eine internationale Einsatztruppe der weitbesten Ingenieure beauftragt wurde, sie während des Baus des Assuanstaudamms zu schützen, sahen die Fachleute die einzige Möglichkeit darin, sie zu zerlegen und weiter oben wieder zusammenzusetzen. Die ursprünglichen Bildhauer aber hatten die Felsen aus einem meilenweit entfernten Steinbruch geholt und sie in einem Stück bewegt ...«
    Jack drehte den Zeigestock in seiner Hand. Er bemerkte, wie einige verzweifelt nach einer Antwort rangen, bevor sie aufgaben.
    »Nun, keine Sorge, Sie sind nicht allein«, beruhigte sie Jack. »Kein Ingenieur auf dieser Erde konnte diese Fragen beantworten. Und tausende haben es versucht.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass es physikalisch unmöglich ist, diese Blöcke in einem Stück zu bewegen?« Die hübsche Brünette aus
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