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Missing Link

Missing Link

Titel: Missing Link
Autoren: Walt Becker
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sie als Mädchen geboren worden, zweitens hasste sie Politik, und drittens konnte sie nicht singen. Nicht einmal unter der Dusche. Sie war Einzelkind, und es hatte sie belastet, dass ihre Mutter nach einer komplizierten Geburt keine weiteren Kinder bekommen konnte. Das hatte sie sich nie wirklich verziehen, und ihr Vater ihr auch nicht. Das wusste sie.
    Sie hatten die Hälfte der achtunddreißig Gitterabschnitte auf dem Höhlenboden fast fertig, als sie von einem Donnern überrascht wurden. Die Mannschaft wurde von Staub eingehüllt. Die Rückwand der frisch geöffneten Höhle gab nach, und eine Masse aus getrocknetem Schlamm und Steinen stürzte herab.
    Einer der erschrockenen Dogon versuchte verzweifelt sich zurück durch den Eingang zu zwängen. Samantha griff ihn am Arm und zwang ihn zu bleiben. »Es ist schon in Ordnung«, beruhigte sie ihn. »Das passiert öfter.« Sie zählte die Mannschaft durch und hörte alle Stimmen aus verschiedenen Richtungen der Höhle.
    Schließlich kroch sie zu dem krümeligen Hang und blinzelte, während sich der Staub legte. Nachdem sie sich das Haar aus der Stirn gestrichen hatte, sprach sie in ihren Recorder.
    »Einsturz der hinteren nordwestlichen Ecke von Höhle zwei. Dadurch wurden neuere Vulkanablagerungen unterhalb der fünften Schicht aufgedeckt.«
    Der Strahl ihrer Helmlampe erleuchtete die Rückwand. Ihr stockte der Atem. Das blassgelbe Licht wurde von etwas reflektiert. Ein Stück über dem Boden, eingebettet in die Vulkanasche, aus der die Höhlenoberfläche bestand, entdeckte sie etwas, von dem sie glaubte, es könnten Knochen sein.
    »Ich brauche ein paar Keile«, sagte sie. »Sofort!«
    Ricardo fegte vorsichtig die lockere Asche zur Seite, damit die Keile richtig angesetzt werden konnten. Zuerst mussten sie einen fünf Zentimeter breiten Vorsprung von der Erde säubern, ehe die Höhlenwand ihr Geheimnis deutlich offenbaren konnte. Ganz vorsichtig klopfte Ricardo auf die Stahlkeile, und der letzte Vorsprung kompakter Asche löste sich unter der nächsten kleinen Staubwolke von der Wand. Sechs Scheinwerfer leuchteten den Bereich aus, und erregtes Gemurmel setzte ein. Knochen. Samantha hatte das Gefühl, als fiele sie in Ohnmacht. Ihr Atem wurde flach.
    »Sieht wie ein Brustkorb aus! Das gesamte Skelett könnte intakt sein«, sprach sie in das Diktiergerät.
    Ricardo ging näher heran. »Guck dir doch mal den Schädel an!«
    Samantha erblickte etwas, was nicht sein konnte. Mit zitternder Hand wedelte sie eine Staubwolke weg, um besser sehen zu können, und erstarrte.
    Auch das aufgeregte Geschnatter der Mannschaft verstummte plötzlich. Der Klang von Samanthas Diktiergerät, das auf den Boden fiel, warf sein Echo durch den Raum.
    »O mein Gott«, flüsterte sie.

 
Ekuador
     
    Dr. Jack Austin marschierte auf und ab, vermied aber den matschigen Teil der Lichtung, auf dem er während seiner letzten Vorlesung das Gras niedergetrampelt hatte. Er unterrichtete gerne im Freien, trotz der feuchten Hitze, die dunkle Flecken auf seinem khakifarbenen Hemd hinterließ. Ein Paläanthropologe gehöre nach draußen, in den Dreck, erzählte er seinen Schülern immer. Jemand mit Hang zur Sauberkeit habe den falschen Beruf gewählt. In einem sterilen Labor könne man keine Hinweise auf den Ursprung des Menschen sammeln.
    Ein Dutzend schwitzender Studenten hockte auf Decken oder Rucksäcken im dichten Dschungelgras. Jack konnte immer sagen, wer ihm an einem bestimmten Punkt seiner Vorlesung folgte, und diese jungen Leute hier waren meistens eifrig und aufmerksam. Viele der Studenten waren ein paar tausend Meilen geflogen, um die alten Ruinen außerhalb von Cuenca zu erforschen. Jack war froh darum. Die geringe Bezahlung, die er von der Universidad de Ecuador für diese sommerlichen Vor-Ort-Sitzungen erhielt, half ihm den Rest des Jahres zu überleben. Im Vergleich zu seinem früheren Gehalt war das Geld knapp, aber so konnte er wenigstens unterrichten.
    Die heutige Vorlesung behandelte die mögliche Existenz eines lang vergessenen technischen Gegenstands - eines Geräts, das eine unendliche Energiequelle in sich barg -, einer
    Maschine, die die Kraft der Sonne nutzte. Der Gedanke hatte sich in vielen Mythen und Legenden erhalten. Aber für Jack war Die Quelle mehr als nur ein Mythos. Er glaubte, dass der menschlichen Rasse irgendwo in der Entwicklung eine wunderbare Technologie verloren gegangen ist - ein Schatz, der technisch gesehen allen gegenwärtigen Errungenschaften der
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