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Missing in Action

Missing in Action

Titel: Missing in Action
Autoren: Christoph Hardebusch
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werden lassen: aggressiv, zu forsch, hat nicht auf Befehle reagiert. Es wich von dem ab, was die Genetiker implantiert hatten. Besser gesagt: Er hat von dem, was sie haben wollten, zu viel. Er ist kaum mehr kontrollierbar, wenn es zu Stresssituationen kommt.« Akkaran legte einen Stapel Listen vor Neuburgs Nase. »Daraufhin wurden alle Kleinigkeiten im Lebenslauf des Huntclaw-Betas abgecheckt.«
    »Ein Fehler in der Nährflüssigkeitszusammensetzung, Sir?«, steuerte Neuburg bei. »Falsche Hormonsteuerung?«

    Akkaran schüttelte den Kopf. »Es ergaben sich keine Unstimmigkeiten, keine defekten Steuerungsapparate oder falsch zusammengestellte Nährflüssigkeiten, die das enorme Aggressionspotenzial des Betas erklären könnten. Zufällig stolperte ein Hilfswissenschaftler über einen Vorfall, der sich während der Reifungsphase zugetragen hatte.« Er nahm sein Pad aus der Tasche und entrollte es vor Neuburg, dann drückte er die Play-Taste. »Eine Attentäterin von PrideFur sprengte in der Zuchtstation einen Gardeur in die Luft und richtete verheerendes Chaos in einer Forschungsabteilung an.«
    »Ich erinnere mich. An dem Tag saß ich in der Kantine«, sagte er.
    Akkaran rief die Bilder vom damaligen Vorfall auf und spielte eine Art Best-of der Überwachungskameras ein. »Die Bröckchen des Unglücklichen verteilten sich im ganzen Raum und in einigen Bassins, die die Explosion überstanden hatten. Die Reagenzglasschüttler gehen davon aus, dass bei diesen Betas die ungewohnte Nahrung in dem Stadium ihrer Entwicklung zu abnormem Verhalten führen könnte.« Er sah zum Eingang. »Sie nehmen weiter an, dass sie eine Vorliebe für Menschenfleisch entwickeln könnten – sollten sie jemals durch einen Zufall darauf gebracht werden.«
    Neuburg holte tief Luft. »Schöne Scheiße, Sir.« Unglücklicherweise hatte er nicht das Gefühl, dass es das war.
    Akkaran zog die Nase hoch, und die Pupillen weiteten sich wie sich ausbreitende Lachen und drängten das Augenweiß zurück. »Die Scheiße wird noch
beschissener: Ihre zwei besten Leute, Osceola und Keokuk, gehören ebenfalls zu diesen Betas, die in den Genuss des Gardeurragouts kamen.« Er deutete auf die entsprechenden Listen vor dem Ausbilder.
    Neuburg zog die Brauen zusammen. »Ich nehme an, dass die beiden direkt eliminiert werden. Wegen der Gefahr, die von ihnen ausgeht. Wenn in die Öffentlichkeit gelangt, dass der Konzern Menschenfresser gezüchtet hat, dann …«
    Akkaran hob die Hand. » KrEArtifical hat beschlossen, diese sogenannten Flesh-Betas nicht zu vernichten und als misslungenes Experiment abzustempeln. Die Konzernetage von SternenReich lässt sie sozusagen als Test weiter bestehen, und bald werden ihnen einzelne Spezialaufgaben zugedacht.«
    Neuburg redete im Geist weiter, weil er wusste, wie SternenReich tickte. Wie jeder Konzern tickte: Sollte sich diese F-Spezies als tauglich erweisen, würden diese menschlichen Zusätze in der Reifungsphase öfters eingesetzt. Ihm wurde schlecht. Er blätterte in den Ausdrucken, um seine Abscheu zu überspielen, und schluckte. »Ich hoffe, KrEArtifical hat genug Gardeure, die sich freiwillig sprengen lassen.«
    Akkaran lachte kurz. »Sie haben einen herrlichen Humor.« Der Major erhob sich und sammelte die Listen ein. »Es versteht sich von selbst, dass nichts von unserem Gespräch bekannt wird.«
    »Selbstverständlich, Major.« Er hatte das dumpfe Gefühl, dass genau das Gegenteil passieren sollte. Hatte der Major ihn ins Vertrauen gezogen, damit KrEArtifical
mit seiner neusten Entdeckung aufflog? Sollte Neuburg den Judas spielen, der an die Medien ging? Aber weswegen? Hatte Akkaran vielleicht Geld von einem anderen Unternehmen bekommen, damit er jemand dazu brachte, die Beta-Entwickler zu ruinieren?
    »Schön, Neuburg. Wir haben uns verstanden, wie ich sehe. Sollten Sie allerdings plaudern wollen, werde ich melden müssen, dass ich einen Kandidaten für den Nährflüssigkeitszusatz habe. Es müssen ja nicht immer gleich Gardeure gesprengt werden. Ausbilder werden es auch tun.« Der Major verließ das Besprechungszelt.
    »Du mich auch«, flüsterte Neuburg und setzte sich fassungslos vor eine der Gasheizungen. So sehr ihm heiße Luft entgegengeblasen wurde, die Kälte wollte nicht aus seinem Inneren weichen.
    Aber eines wusste er sicher: Er musste eine Entscheidung treffen, die sein Leben nachhaltig beeinflusste. Aufrichtiger und der Wahrheit verpflichteter Verräter oder schweigsamer, loyaler Verbrecher?
    Neuburg
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