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Miss Wyoming

Miss Wyoming

Titel: Miss Wyoming
Autoren: Douglas Coupland
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    Das Telefon gab endgültig seinen Geist auf, und Susan war mit ihren Gedanken allein im Wagen, auf dem Weg nach Osten, und sie sah nur ein paar Sterne und ein paar Flugzeugscheinwerfer am Himmel.
    Sie war wütend auf ihre Mutter, aber auch auf sich selbst, weil sie in Cheyenne so rachsüchtig und dumm gewesen war. Ihr Stolz hatte sie dazu verleitet, ihrer Mutter finanziell den Hals zu brechen und, was am dümmsten war, von Enkelkindern zu sprechen. Dumm, dumm, dumm. Irgend etwas in ihrer Stimme und ihren Augen hatte sie verraten. Verdammt. Sie schlug mit der flachen Hand aufs Lenkrad, und ihr wurde übel vor Angst. Sie stellte das Radio an, aber von den ungeheuerlichen Ansichten und dem bedeutungslosen Geplapper, das den Himmel durchtränkte, begann ihr der Schädel zu brummen. Sie drehte es wieder ab.
    Sie sah auf die Verkehrsschilder. Nevada kam näher. Randy hatte gesagt, Marilyn hätte eine Stunde Vorsprung, und Susan wusste, dass ihre Mutter eine Raserin war, also hatte sie vermutlich bereits ein ganzes Stück der Interstate hinter sich gebracht.
    Susan durchforstete ihre Erinnerungen an das vergangene Jahr nach weiteren Hinweisen, weshalb ihr dieser Irrsinn passieren musste. Am auffälligsten war, dass sie Marilyn, nachdem sie von Eerie nach Los Angeles zurückgekehrt war, kein einziges Mal in den Nachrichten gesehen hatte - weder im Fernsehen noch in der Zeitung, abgesehen von der endlos wiederholten Umarmungsszene auf der Eingangstreppe vor Marilyns Haus. Susan wusste, dass Marilyn ihr mit ihrem Medienboykott etwas mitteilen wollte, ohne direkt mit ihr kommunizieren zu müssen - sie wollte ihre Tochter wissen lassen, dass sie sich der Herausforderung stellte. Susan versuchte sich vorzustellen, wieviel Geld Marilyn durch ihr Schweigen verloren hatte, und sie empfand eine widerwillige Bewunderung für ihr Durchhaltevermögen. Warum konnte ihre Mutter ihre Energie nicht dazu nutzen, Zeitungsartikel auszuschneiden und Babyschühchen zu stricken wie jede andere Mutter? Sie ließ den vergangen Tag noch einmal Revue passieren. Sie seufzte und langte nach hinten, um eine Flasche Orangensaft vom Rücksitz zu fischen. Der Wagen geriet ins Schleudern, ein anderes Auto hupte, und sie fuhr auf den Seitenstreifen und atmete tief durch.
    Sie kannte John Johnson erst seit jenem Nachmittag, der ihr ewig lange her zu sein schien. Es war das erste Mal seit langer  Zeit, dass sie sich wirklich zu jemandem hingezogen fühlte. Er war so faszinierend, wie ein Mann nur sein konnte, und besaß eine Herzlichkeit und Frische, deren er sich, wie sie glaubte, vermutlich gar nicht bewusst war. Und er hatte eine Vision von ihr gehabt! Das war wirklich rührend. Normalerweise hätte sie das bloß für einen einstudierten Anmachspruch gehalten, aber bei ihm war das anders. Und es bewegte Susan, dass sie - Sauberkeit für jemanden verkörpern konnte, für jemanden, mit dem sie offenbar solch einzigartige Erfahrungen teilte. Außerdem hatte sie bei John diese erotische Spannung gespürt, die einen packt, wenn man sich ohne Umschweife mitten in ein Gespräch stürzt. Und wie schön wäre es, wieder den Rasierer und den Rasierschaum eines Mannes im Medizinschränkchen zu haben.
    Das nächste Lebenszeichen, das John von ihr erhalten würde, wären also reißerische Klatschpresseartikel über ein geschmackloses Gezerre um Eugene Junior, vor dem sie sich immer gefürchtet hatte. Randy hatte Recht. Sie hätte das Kind früher in die Gesellschaft einführen sollen. Wie lauteten in so einem Fall die Regeln? Wenn sie von Eugene erzählte, käme sie dann als eine Art Brandstifterin vor Gericht? Wenn sie DNS-Tests machen ließ, die bewiesen, dass sie ohne jeden Zweifel die Mutter des Kindes war, würden die Leute dann annehmen, dass Eugene Junior die Frucht einer Vergewaltigung war? Ihre Phantasie ging mit ihr durch. Konnte man sie als Mutter für ungeeignet erachten? Konnte man ihr das Kind wegnehmen?
    Randy. Das Telefon war inzwischen aufgeladen. Sie rief ihn an; er war im Badezimmer des Hauses im Valley und musste sich gerade vor Angst, Schuldgefühlen und Sorge übergeben, während Dreama mit dem schnurlosen Telefon neben ihm stand. Sie wollten Susan entgegenfahren, aber die meinte, sie sollten lieber zu Hause bleiben, falls Marilyn dort anriefe. Dreama tat, was sie konnte, um Randy zu beruhigen. Susan fuhr die ganze Nacht durch. Als die Sonne aufging, waren ihre Augen rot und brannten im Sonnenlicht. Irgendwo mitten in Utah
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