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Miss Seeton kanns nicht lassen

Miss Seeton kanns nicht lassen

Titel: Miss Seeton kanns nicht lassen
Autoren: Heron Carvic
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verloren, doch am Balken sah er, aufgehängt am Kinnriemen, seinen pilzförmigen Luftschutzhelm aus den Kriegsjahren. Oben hatte er ein Loch, um das Wasser durchzulassen, denn er beherbergte jetzt Geranienpflanzen. Der Pfarrer kippte sie aus und stülpte sich den Helm auf den Kopf. Mit Schmutzstreifen und Spinnweben im Gesicht verließ er die Kammer. Halt, Steine – die warfen ja mit Steinen; da brauchte er einen Schild. Im Vorbeigehen riß er den Deckel vom Mülleimer. In dieser furchteinflößenden Aufmachung kehrte er auf die Straße zurück und trat todesmutig mitten unter die Kämpfenden.
    Brinton hatte Delphick auf dem laufenden gehalten und ihm auch die Verhaftung der Quints mitgeteilt. Als Delphick die Kämpfenden auf der Straße sah und erkannte, daß die Dorfpolizei an Zahl hier hoffnungslos unterlegen war, hatte er um Verstärkung nachgesucht. Inzwischen war er mit Bob hinausgegangen, um durch seine Autorität die Kampfhähne auseinanderzubringen, was ihm jedoch nicht gelang. Er geriet in ein wildes Durcheinander; die Eindringlinge hatten die Zaunpfähle von der Einfriedigung des Gemeindehauses herausgerissen und als Wurfgeschosse benutzt, das eigene Arsenal an Spannern, Ketten und Messern wurde für den Nahkampf verwendet. Hier spielte Autorität keine Rolle mehr, und Delphick war in diesem Kriegsgetümmel nichts als ein unbedeutender kleiner Soldat.
    Mel stand am Fenster ihres Zimmers im Gasthaus und blickte hinaus in das Getümmel. Hei – dies also war das Landleben. Sie zog sich feste Schuhe mit niedrigen Absätzen an, ergriff ihre Schultertasche und lief nach unten. In der Halle sah sie einen Messingtürklopfer hängen – genau das Richtige. Sie ließ ihn in ihre Tasche gleiten und schwang sie ein paarmal hin und her. Das würde reichen. Wenn sie damit ausholte und es dann jemanden an den Kopf knallte, dann war der erledigt. Erwartungsvoll mischte sie sich unter die Kämpfenden.
    Ein Blechhelm tauchte im Getümmel auf und wieder unter. Der Pfarrer, eben noch unten, war gleich wieder oben und hielt schützend den Mülleimerdeckel in die Höhe. Triumphierend schwenkte er den Besen: Einer von den Ashforder Lümmeln hatte die Borsten in die Zähne gekriegt. Neben ihm focht Len Hosigg und schwang einen erbeuteten Zaunpfahl.
    Delphick lag am Boden. Hoch über ihm stand Bob mit gespreizten Beinen, während drei Angreifer sich an seine breiten Schultern und an den Rücken hängten und versuchten, ihn in die Knie zu zwingen. Detective Foxon kam ihm zu Hilfe und erledigte den einen. Den zweiten packte Bob an einem Bein und warf ihm mit großem Schwung P. C. Potter zu, der ihn auffing, umdrehte und mit Handschellen versah. Den dritten schüttelte Bob ab, warf ihn zu Boden und stellte sich über ihn. Während Delphick auf die Beine kam, wandte Bob sich zur Seite, um seinem Helfer zu danken; doch der junge Mann im hinten aufgeschlitzten Ledermantel und mit schiefsitzendem rosa Schlips hatte sich schon abgewandt und war dabei, sich bis zum Pfarrer durchzukämpfen, der ebenfalls seiner Hilfe bedurfte.
    »Geht’s wieder, Sir?«
    »Ja«, sagte Delphick. An der Stirn hatte ihn ein Spanner getroffen und einen tiefen Riß hinterlassen; er fühlte, wie die Stelle anschwoll. »Sehen Sie zu, daß Sie mit Potter zusammen in der Reihe bleiben. Wollen mal sehen, ob wir sie zurückdrängen können.«
    Der Lärm hatte auch Miss Wicks nach draußen in ihren Garten gerufen. Was – Fremde? Und Prügel? Unerhört. Denen wollte sie’s beibringen. Sie trippelte in den Geräteschuppen, wo der Gartenschlauch aufbewahrt wurde. Gummischlangen hinter sich her schleppend, kam sie zurück, schraubte das eine Ende an die Wasserleitung im Garten und trat, die Düse wie einen Revolver in der Hand, an die Pforte. Mel versuchte gerade, sich zu Nigel durchzudrängen, mit dem es nicht zum besten stand; er kämpfte mit einem Halbstarken, der sich eine Fahrradkette als Schlagring über die Hand gezogen hatte. Als ihn ein gezielter Tritt ans Schienbein traf, heulte er auf, und ein Gefährte mit einem Messer kam ihm zu Hilfe. Miss Wicks zielte sorgfältig und drehte an der Düse. Der Wasserstrahl traf Nigel ins Ohr. Zu dumm – sie hatte den Wind nicht berechnet. Nigel schluckte verstört, das Messer fuhr in die Höhe, der Gegner schrie siegesgewiß und sprang vor, doch Miss Wicks visierte noch einmal, hob ein wenig die Schlauchdüse und schoß den Wasserstrahl mitten in den triumphierend geöffneten Mund. Er hustete, spuckte Wasser wie ein
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