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Miss Seeton kanns nicht lassen

Miss Seeton kanns nicht lassen

Titel: Miss Seeton kanns nicht lassen
Autoren: Heron Carvic
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die Lust vergangen; jeder nahm ein Tablett mit seiner Mahlzeit, und sie setzten sich im Wohnzimmer vor das Kaminfeuer. Sir George telefonierte mit der Polizei und informierte sie von dem versuchten Einbruch. Nein, gestohlen war nichts. Miss Seeton hatte die Sache gemeistert, sie hatte auch die Einbrecher gestellt und in die Flucht gejagt. Das Silber und alles andere lag in einem Sack am Fuß der Treppe. Bisher festgestellte Schäden: eine zerbrochene Gemüseschüssel und ein gesprungener Handspiegel aus Silber. Pech für die Täter, hoffentlich.
    Die Hoffnung hatte sich bereits erfüllt: Die Quints, so teilte man ihm mit, waren geschnappt. Ein Farmer, der bei der Entbindung einer kranken Kuh mithalf, hatte hinter den Ställen einen fremden Lastwagen bemerkt und ihn gemeldet. Die Polizei kam und identifizierte ihn als Eigentum der Quints, man fand Reifenspuren und Ölflecke auf dem Boden und an einem Haken im Wagen zwei schwarze Motorradanzüge. Die Beamten hatten sich daraufhin auf die Lauer gelegt, und als die Quints auf Motorrädern heimkehrten, hatte man sie verhaftet. Ihr Alibi für den Überfall auf die Poststelle war damit geplatzt. Mrs. Quint schien nicht ganz bei sich zu sein, sie brabbelte von Zauberei und Schwarzer Magie oder so was, aber die Kuh und das Kalb waren wohlauf. Der taubstumme Bruder war nicht dabeigewesen, er wurde noch gesucht.
    Etwas später kam ein Anruf von Miss Treeves. Sie erzählte, aus Ashford sei ein Haufen junger Leute gekommen und habe im Gemeindesaal Krach geschlagen. Jetzt ging es auf der Straße weiter. Ihr Bruder sei aus, und sie sei etwas beunruhigt. Nigel machte sich gleich auf den Weg, um zu sehen, was er tun konnte. Sir George gab zu bedenken, er als Friedensrichter wolle sich nicht gern einmischen, wenn man ihn nicht ausdrücklich darum ersuchte, das könnten die Dorfbewohner sonst übelnehmen; wenn aber die Sache wirklich brenzlig aussähe… Ob sie ihn auf dem laufenden halten wolle? Ja, das wollte sie gern tun. Erleichtert legte Miss Treeves auf.
    Miss Seeton stand jetzt auf und verabschiedete sich von ihren Gastgebern unter gegenseitigen Freundschafts- und Dankesbeteuerungen. Lady Colveden lieh ihr eine Taschenlampe und empfahl ihr, den schmalen Fußweg zu benutzen, der zum Kanal hinunterführte. So gelangte sie durch den Hintergarten in ihr Haus zurück, was in diesem Fall, wo vielleicht auf der Dorfstraße noch Prügeleien im Gange waren, ganz ratsam erschien.
    Der Krach auf der Straße nahm zu. Geballte Fäuste kämpften gegen Knüppel, Steine flogen durch die Luft, Messer blitzten auf.
    Der Pfarrer blieb auf dem Nachhauseweg stehen und besah sich das Treiben mit duldsamem Lächeln. Junge Leute waren junge Leute und mußten sich austoben. Ein Gemeindefest fiel ihm ein, wo er als junger Theologiestudent einer Dame einen Ohrwurm in den Ausschnitt hatte fallen lassen. Draufgängerisch geradezu. Wieder blickte er über das Schlachtfeld auf der Straße. Samstag abend war es, und die Jugend stürmte voran, aber das schadete nichts, es war nur Prahlerei; das konnte man ruhig zulassen, solange es nicht zu spät wurde und sie andere Leute im Schlaf störten. Als er sich nachsichtig lächelnd zum Gehen wandte, sah er wenige Schritte entfernt Stan Bloomer. Blut lief ihm übers Gesicht, er wankte.
    »Stan!« rief der Pfarrer. »Was machen Sie hier? Für solche Sachen sind Sie zu alt!«
    »Die Kerls aus Ashford schlagen das Dorf zusammen«, keuchte Stan.
    Der Pfarrer sah sich um. Tatsächlich – es waren Fremde. Das Wohlwollen schwand aus seinem Gesicht, Zorn stieg auf. Stan hatte ganz recht: das hier war kein Übermut mehr, es war blutiger Ernst. Krieg war das. Der ganze Ärger über die Ereignisse der letzten Monate stieg in ihm auf und kochte über. Hier würde er Schluß machen – persönlich Schluß machen. Mit wenigen Schritten stand er unter ihnen.
    »Schluß!« donnerte er. Niemand hörte ihn. »Sofort Schluß, hört ihr wohl!« Keiner beachtete ihn. Ein Stock stieß ihm gegen den Fuß, ein Stein schlug ihm den Hut vom Kopf. Bewaffneter Aufstand. Die waren bewaffnet? Gut, das konnte er auch. Er eilte ins Pfarrhaus, trat in die Gerätekammer und prüfte den Bestand an Waffen. Sense? Gartenhippe? Lieber nicht – zu gefährlich. Sichel? Er packte den Griff und befühlte das scharfe Ende. Nein, damit konnte man Schaden anrichten. Aber dies hier – glänzend. Schon hatte er den neuen Hofbesen gepackt. Die roten Plastikborsten sahen gefährlich spitz aus. Seinen Hut hatte er
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