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Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser

Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser

Titel: Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser
Autoren: Carola Dunn
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eigentlich nicht. Ich komme zurecht, solange ich nicht allzusehr in Verzug gerate. Aber – Daisy, ich mache mir schreckliche Sorgen um Rollo.«
    »Cherry hat mir schon gesagt, daß Rollo sich schwerer mit dieser Niederlage tut, als er zu erkennen gibt.« Da sie eine längere Unterhaltung voraussah, ließ Daisy sich aufs Bett fallen, froh über den Anblick von Tishs rosa Baumwoll-Pyjama, der auf dem Feldbett ausgebreitet lag.
    »Er hat das Gefühl, er hätte mich enttäuscht, weil er die ganze Zeit, in der er eigentlich hätte büffeln sollen, gerudert hat. Verstehst du, er wollte gleich nach dem Examen in den Auswärtigen Dienst gehen. Wollte sparen, damit wir heiraten können, wenn ich nächstes Jahr meinen Abschluß gemacht habe. Er möchte zu gern Diplomat werden. Aber ohne Abschluß wird er nie in den höheren Dienst kommen.«
    »Vermutlich nicht.«
    »Ich möchte, daß er weiter auf Ambrose bleibt und es noch einmal versucht. Aber er redet schon davon, das Studium ab-zubrechen und irgendeine Art von Arbeit zu finden, bei der das Gehalt ausreicht, um heiraten zu können. Auch nicht gerade günstig, daß er älter als die meisten Studenten in seinem Jahrgang ist.«
    »Gibt es denn gar kein Geld in seiner Familie?«
    »Da ist ein älterer Bruder und noch zwei jüngere. Seine Familie wird ihm wohl noch ein weiteres Studienjahr finanzie-ren, aber dann ist er allein auf sich gestellt – sind wir allein auf uns gestellt«, sagte Tish energisch. »Ich werde ihn heiraten.
    Dieser Dickkopf lehnt es ab, sich mit mir zu verloben, weil er mich nicht binden will. Von Vater bekomme ich ein bißchen Geld, und ich würde mir auch gern eine Anstellung suchen.
    Aber sich von mir ›aushalten‹ zu lassen ist für ihn ganz und 37
    gar nicht möglich. Er ist so verdammt edel !« sagte sie mit einem halben Schluchzen.
    »Und wenn er auf dem College bliebe und einen Abschluß machte, dann …«
    »Dann würde er in den diplomatischen Dienst gehen, und wir würden vermutlich noch ein Jahr länger oder so warten müssen. Vielleicht auch nicht. Schließlich bliebe uns noch ein volles Jahr gemeinsam in Oxford, und ich hätte die Chance, ihn weiter zu beknien.«
    »Und ich vermute, mit Erfolg. Wie denkt denn Cherry dar-
    über?« fragte Daisy.
    »Ach, er ist natürlich sehr dafür, daß Rollo weitermacht.
    Aber er versteht nicht, worum es Rollo geht, und am wenigsten die Sache mit dem Auswärtigen Dienst. Für Cherry ist die Universität einfach das einzige, verstehst du?«
    »Auf diese Weise ist er ja auch erzogen worden, nicht wahr?«
    Tish nickte. »Er und Dottie stehen schon in den Start-löchern, um in die Fußstapfen seiner Eltern zu treten. Du kannst dir einfach nicht vorstellen, wie sehr ich die beiden darum beneide.«
    Tränen traten ihr in die Augen und rollten das traurige Gesicht hinunter. Sie wischte sie fort. »Entschuldige bitte, ich bin eine schrecklich schlechte Gastgeberin. Möchtest du ins Bad? Ich bin sicher, für eine Badewanne reicht das heiße Wasser noch.«
    »Laß nur, ich habe heute morgen schon gebadet. Ich muß mich nur waschen.«
    Ihrer Cousine gelang ein wackeliges Lächeln. »Um so besser. Der Wahrheit zuliebe hätte ich wohl sagen müssen, ich hoffe, es gibt genug heißes Wasser. Du hast ja keine Ahnung, wieviel die Männer verbrauchen. Bister schwört, er würde den lieben langen Tag den Ofen befeuern.«
    »Aber stell dir bitte mal vor, wie unerträglich es im Hause wäre, wenn die sich nicht mehr waschen würden!« rief Daisy aus, ließ sich vom Bett gleiten und griff ihr Necessaire vom Nachttisch.
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    »Schrecklicher Gedanke. Vielen Dank, daß du mir zugehört hast, Daisy. Mit Mutter oder Dottie kann ich über derlei nicht reden. Es geht mir schon viel besser, nachdem ich es einfach mal hab erzählen können.«
    »Freut mich. Ich denke darüber nach und schaue, ob ich Rollo vielleicht auf taktvolle Weise in die richtige Richtung schubsen kann. So. Bin gleich wieder da.«
    Als sie ins Schlafzimmer zurückkehrte, war Tish in ihrem Feldbett schon halb eingeschlafen. »Frühstück ab neun Uhr«, murmelte sie. »Gute Nacht.«
    »Gute Nacht, Tish.« Weder der Mückenstich noch die tra-gische Entdeckung von drei neuen Sommersprossen auf ihrer Nase eben vor dem Spiegel konnten Daisy länger wachhalten.
    »Unbedingt morgen einen Hut aufsetzen«, sagte sie sich, während sie in den Schlaf hinüberglitt.

    Lady Cheringham ging in weiser Voraussicht all der frühmorgendlichen Unruhe aus dem Weg, indem sie sich das
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