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Minerva - sTdH 1

Minerva - sTdH 1

Titel: Minerva - sTdH 1
Autoren: Marion Chesney
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berührte ihn schmerzlich, mit anzusehen, wie sie von Tag zu Tag
altjüngferlicher wurde und sich immer mehr zurückzog ... Sie erwartete, Gott
sei Dank, kein Kind, aber sie war auf dem besten Weg, ihr Aussehen und ihre
Jugend einzubüßen.
    Er wußte,
daß es sinnlos war, seiner Frau sein Herz auszuschütten, denn Mrs. Armitage
würde garantiert einen schrecklichen Krampf bekommen. Immer wieder zerbrach er
sich über die Sache mit dem Wettbuch den Kopf. Er hatte ähnliche Wetten selbst
schon mal abgeschlossen, aber aus purem Leichtsinn, und die betreffende Frau
hatte auch nie etwas davon erfahren.
    Es war
unwahrscheinlich, daß jemand von Lord Sylvesters Format eine solche Wette mit
zwei aufgeblasenen Emporkömmlingen wie Sir Peter Yarwood und Hugh Fresne
einging.
    Aber schon
allein sein Schweigen sprach ihn schuldig. Wären seine Absichten Minerva
gegenüber je ehrlich gewesen, dann hätte er ihr sicherlich wenigstens
geschrieben.
    Das Problem
schien für einen einzelnen zu schwer. Der Pfarrer erkannte, daß er die
Jagdsaison mit solch einer seelischen Belastung niemals genießen würde. So
beschloß er, sein Schweigen zu brechen und Squire Radford aufzusuchen.
    Die bloße
Gegenwart des Squires ist beruhigend, dachte der Pfarrer, als er ein paar
Stunden später im Haus des Squires am Feuer saß und schlückchenweise den
ausgezeichneten Portwein des Squires trank. Der Squire saß in einem Sessel ihm
gegenüber. Seine Füße in den Schnallenschuhen berührten kaum den Boden.
    »Ist wieder
etwas mit Annabelle?« fragte der Squire, nachdem er seinen Freund ein paar
Minuten eingehend angeschaut hatte.
    »Nein«,
antwortete der Pfarrer. »Es ist schlimmer. Viel schlimmer. Es geht um Minerva.«
    Darauf
schwieg er wieder. Es war so still, daß man das klangvolle Ticken einer
Standuhr in der Ecke hören konnte.
    »Minerva
hat London sehr plötzlich verlassen«, machte der Squire einen Vorstoß.
    »Ich habe
diesen Brief von Lady Godolphin bekommen«, brummte der Pfarrer und zog ein
zerknittertes Blatt Papier aus der Tasche. »Sie redet immer noch über die
›Reproduction‹.«
    Der Squire
zog die Augenbrauen hoch und lächelte dann. »Ich nehme an, Ihre Ladyschaft
meint ›Restitution‹ beziehungsweise Entschädigung. Kurz, sie will ihr
Geld zurück.«
    »Und sie
soll es natürlich bekommen, aber es ist ein verteufelt hoher Betrag«, sagte der
Pfarrer, während er den Brief in seiner geräumigen Tasche verschwinden ließ.
    »Aber das
ist es nicht, was dich eigentlich bekümmert«, antwortete der Squire
zartfühlend.
    »Eigentlich
nicht, nein. Siehst du, Jimmy, es ist so ...« Und der Pfarrer, dem das alles
äußerst unangenehm war, begann endlich seine lange Erzählung von Minervas Sündenfall.
    Der Squire
lauschte geduldig, ohne auch nur einmal zu unterbrechen.
Schließlich war der Pfarrer fertig, lehnte sich in seinen Sessel zurück und
wischte sich den Schweiß mit einem Taschentuch von der Stirn. Dabei blickte er
den Squire auf Trost und Rat hoffend an.
    Squire
Radford gelang es, seinen Schock zu verbergen. Insgeheim dachte er, daß Minerva
sehr glücklich sein konnte, daß sie noch ein Zuhause hatte und nicht ausgepeitscht
und verjagt worden war. Aber er war kein Mann, der vorschnell sprach, und nach
einiger Überlegung erinnerte er sich an all die Mädchen in seiner Jugend, die
schon, bevor sie am Traualtar standen, ihre Jungfernschaft verloren hatten.
Irgendwie war immer alles vertuscht worden und am Ende offensichtlich doch gut
ausgegangen.
    Er ließ
sich durch den Kopf gehen, was er über Lord Sylvester Comfrey gehört hatte.
Nichts konnte die gemeine Wette und sein Benehmen danach erklären.
    Im
Gegenteil, je mehr er darüber nachdachte, desto mehr hatte er den Eindruck, daß
Lord Sylvester Minerva sehr geliebt hatte. Dem Pfarrer gegenüber war er nur
deshalb so freigebig gewesen, damit Minerva heimkehren konnte, da sie in London
nicht glücklich war.
    »Lord
Sylvester würde mit solchen Leuten wie Fresne und Yarwood keine Wetten
abschließen«, sagte er schließlich. »Wenn es Lord Barding gewesen wäre, würde
ich es verstehen. Und das Schreiben war anonym? Hmm. Hast du die Seite aus dem
Wettbuch dabei?«
    Der Pfarrer
klopfte seine Taschen ab und fand das Blatt Papier schließlich in einer
Schoßtasche.
    Währenddessen
suchte der Squire in dem Kram auf dem Tisch neben sich, bis er ein starkes
Vergrößerungsglas fand. Damit betrachtete er sorgfältig die Seite und seufzte
dann befriedigt auf. »Es war nicht
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