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Minerva - sTdH 1

Minerva - sTdH 1

Titel: Minerva - sTdH 1
Autoren: Marion Chesney
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spät am selben Tag erwacht, als ihn bereits Minervas Brief
erwartete.
    Sie hatte
geschrieben, daß sie ihn verabscheue, daß ihr schon allein der Gedanke an ihn
Ekel verursache und daß sie nie wieder etwas von ihm hören oder sehen wolle.
    Blinde Wut
auf sie hatte ihm geholfen, die ersten Wochen zu überstehen. Dann wurde er
ruhiger, aber er war immer noch verletzt und unglücklich.
    Er hatte
sich während der ›Kleinen Saison‹ denkbar schlecht benommen. Er war
unhöflich und hochmütig gewesen und hatte beinahe der ganzen Londoner
Gesellschaft die kalte Schulter gezeigt. Und wie sie ihn dafür liebten! Lord
Sylvester war vom Scheitel bis zur Sohle ein Aristokrat, ein Mann, der die
herrschende Mode verkörperte.
    Es war des
Lebens überdrüssig, und er war seiner selbst überdrüssig.
    Sein Diener
meldete, daß sein Reisewagen vor der Tür wartete.
    »Komm,
Peter«, lächelte er. »Ich kann dir gute Jagd- und Angelmöglichkeiten
versprechen, und die Landluft wird dich wieder auf die Beine bringen.«
    Lord
Sylvester hüllte sich in sein Cape und kletterte auf den Kutschbock seines
Reisewagens.
    »Du kannst
fahren, Peter«, sagte er. »Ich muß meine Post durchgehen.«
    Der Marquis
nickte und ergriff die Zügel.
    Sie bahnten
sich gerade ihren Weg durch das Verkehrsgedränge in der Strandstraße, als Lord
Sylvester den Arm seines Freundes ergriff und rief: »Hopeworth, Peter! So
schnell du kannst. Sie liebt mich!«
    Der Marquis
blickte auf das Blatt Papier in Lord Sylvesters Hand.
    Mit einem
Mal fühlte er sich besser als all die Monate zuvor.
    Er sah eine
Erscheinung mit blonden Haaren, blauen Augen und einem bezaubernden Lächeln vor
sich. »Hopeworth ist die Lösung!« grinste er.
    Lord
Sylvester wäre die Nacht durchgefahren, aber der Marquis überredete ihn,
unterwegs zu übernachten, damit sie sich ihre besten Sachen anziehen konnten,
bevor sie im Pfarrhaus auftraten.
    Im Gasthof
saß Lord Sylvester am Feuer und las wieder und wieder seinen kostbaren Brief.
Der Marquis durfte nur einen Blick darauf werfen. Er stellte fest, daß der
Brief in einer eigenartig altmodischen krakeligen Handschrift geschrieben war,
bei der alle ›s‹ wie ›f‹ aussahen.
    »Offenbar
räumt der Brief alle Zweifel an ihrer Zuneigung aus, Sylvester«, sagte er.
    »Ganz und
gar«, lächelte sein Freund. »Das liebe Mädchen! Schau bloß, wo ihre Tränen
Spuren hinterlassen haben.«
    Der Squire
hatte es für einen Geniestreich gehalten, ein paar Wassertropfen auf den Brief
zu sprengen, bevor er ihn abschickte.
    Früh am
anderen Morgen setzten die Freunde ihre Fahrt nach Hopeworth fort.
    Der Pfarrer
saß gerade in seinem Arbeitszimmer, als die zwei Männer eintrafen. Der Marquis,
der die Familie ja bereits
kannte, erfuhr zu seiner Enttäuschung, daß Annabelle bei Lady Wentwater war.
Trotzdem blieb er sitzen und unterhielt Mrs. Armitage und die übrige Familie,
während Lord Sylvester allein zum Pfarrer ging.
    Frohen
Herzens erlaubte der Pfarrer Lord Sylvester, um Minervas Hand anzuhalten.
    »Sie hat
Ihnen einen Brief geschrieben, was?« sagte der Pfarrer. »Und sie hat mir nie
ein Wort davon gesagt. Wenn Sie den Rat
eines Älteren annehmen wollen, Mylord, ich würde den Brief gar nicht erwähnen.
Viel diplomatischer wäre es, zu sagen, Sie kommen von sich aus, ohne daß Sie
einer beeinflußt hat. Wir wollen ihn einfach ins Feuer werfen.«
    »Aber es
ist ein ganz wunderbarer Brief! Ein großartiger Brief! Nein, nein, mein lieber
Herr. Ich werde ihn nicht erwähnen,
aber ich habe ganz entschieden die Absicht, ihn zusammen mit meinen liebsten
Schätzen aufzubewahren.«
    Der Pfarrer
seufzte, ließ die Sache aber auf sich beruhen. Er erzählte Lord Sylvester die
Geschichte mit dem Wettbuch und wie Minerva hereingelegt worden war. Dann
schickte er Seine Lordschaft aus, um Minerva zu suchen. »Minerva müßte
inzwischen auf dem Heimweg vom Dorf sein«, sagte er.
    Minerva ging
langsam den schmalen Weg entlang, der vom Dorf Hopeworth zum Pfarrhaus führte.
Ihr Herz war schwer, seit ihr Vater ihr gesagt hatte, daß jemand ihr einen
bösen Streich gespielt hatte, indem er einen Buchstaben im Wettbuch geändert
hatte. Sie entsann sich an jedes Wort dieses schrecklichen Briefes, den sie
geschrieben hatte, und sie wußte, daß sie damit Lord Sylvester buchstäblich die Tür vor der
Nase zugeschlagen hatte. Kein Mann würde ihr so einen Brief verzeihen.
    Ihr Rücken
schmerzte vor Müdigkeit. Sie war in der Gemeinde tätig gewesen und hatte
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