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Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Titel: Mindstar 03 - Die Nano-Blume
Autoren: Peter F. Hamilton
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Charnwood ließ den Lada Sokol an und lenkte ihn vorsichtig vom Parkplatz.
     
    Einige Zeit nach Mitternacht zog Charlotte einen weißen Hausmantel aus Seide an und trat hinaus auf den Balkon, um die kühle Brise zu genießen, die vom Fens-Becken herüberwehte. Das war so erfrischend nach der glühenden Hitze des Tages. Sie ließ zu, daß der Wind ihr das Haar zerzauste, während sie zum Nachthimmel hinaufblickte. Das Solarsegel des Außerirdischen war heute nacht definitiv kleiner. Seit ein paar Tagen entfernte es sich schon langsam von New London, und jetzt stand es tief im Südosten, während der verschwommene Fleck des Asteroidenarchipels über dem westlichen Horizont leuchtete.
    Den Fernsehnachrichten zufolge beschleunigte der Lichtdruck der Sonne den Außerirdischen konstant. Charlotte hatte nicht gewußt, daß Licht Druck ausübte, aber anscheinend tat es das. Ein ganz leichter Druck, aber das Segel hatte die Fläche eines kleinen Landes, so daß insgesamt eine kolossale Kraft entstand. In weiteren zwanzig Tagen würde die Fluchtgeschwindigkeit aus dem Sonnensystem erreicht sein; danach konnte sich der Außerirdische in der Galaxis wenden, wohin er wollte. Schon mehrere Male seit ihrer Rückkehr aus New London hatte sich Charlotte bei der Frage ertappt, wie es wohl war, wenn man soviel Freiheit genoß. Wie wundervoll es wäre, nach Belieben durchs Universum zu streifen und Wunder und Schrecknisse aufzuspüren! Und dann noch so majestätisch zu reisen, auf einem Sonnenstrahl zu segeln!
    Noch nie hatte Charlotte einen so prachtvoll leuchtenden Stern gesehen. Er war wahrscheinlich hell genug, um nachts Schatten zu werfen, aber der permanente Lichterdunst von Peterborough machte es unmöglich, das genau festzustellen.
    Von ihrem Penthouse im Castlewood-Eigentumsblock aus hatten sie eine gute Aussicht auf die Stadt, besonders auf die Futuropolis des Prior’s-Fen-Atolls. Am Tag des Einzugs waren sie beide stundenlang auf dem Balkon gewesen und hatten zu den Megabauten hinausgestarrt, die auf dem grünlichen Sumpf zu schwimmen schienen.
    Charlotte fand es seltsam, daß sie Peterborough vorher noch nie besucht hatte; schließlich war es ein unglaublicher Sammelpunkt von Reichtum. Nach ihrer Ankunft hatte sie jedoch festgestellt, daß hier eine andere Art von Geld regierte, als sie gewöhnt war. Peterboroughs Finanzen waren aktiv, bildeten die Muskulatur von Finanzkonsortien, die Macht von Konzernen, politischen Einfluß; das einzige auf den Zufall gesetzte Geld war hier das, mit dem industrielle Forschungen finanziert wurden. Niemand hortete in Peterborough Geld; man arbeitete damit. Die statischen, entkräfteten Treuhandvermögen, die es Charlottes Kunden ermöglichten, dem Luxus frönend durchs Leben zu treiben, verblaßten vor der Vitalität dieser Stadt.
    Prior’s Fen bildete den Gipfelpunkt der neuen Kultur; die kühne, entschlossene Architektur hielt der toten Vergangenheit zwei trotzige Finger entgegen. Die Antithese von Monaco.
    Es war eine lange Reise zwischen den beiden Städten gewesen, und die physikalische Distanz bildete noch den kleinsten Abschnitt der Kluft, die Charlotte überbrückt hatte. Jetzt, wo sie Peterborough gefunden hatte, wußte sie, daß sie nicht wieder fortgehen würde.
    Am Morgen hatte sie Termine mit Börsenmaklern. Ein neues Kapitel des Lebens wartete darauf, aufgeschlagen zu werden.
    Victor Tyo hatte Dimitri Baronskis private Speicherkerne mitgebracht, als er mit Charlottes Möbeln, Kleidern und Schmuck aus der Prezda zurückkehrte. »Ich denke mir, Sie sind am besten geeignet, die Bytes zu sichten«, sagte er ihr. »Die übrigen Mädchen Baronskis sollten erfahren, wo sie stehen. Und irgendwie erwarte ich nicht, daß sie übertrieben scharf darauf sind, es von mir zu erfahren.«
    Sie schenkte sämtliche Kleidungsstücke und die billigeren Schmuckgegenstände einem Wohltätigkeitsladen in Stanground. Die übrigen Mädchen rief sie eines nach dem anderen an und erklärte ihnen die neue Lage, arrangierte für sie die Möglichkeit, sich ihre Anteile aus Dimitris Züricher Konto zu besorgen. Die restlichen Daten jedoch, der Finanz- und Industrieklatsch, den der alte Mann der Dolgoprudnensky hatte übermitteln sollen, das war interessant. Sie sah die Möglichkeit zu einigen einträglichen Geschäften, falls Fabians Frachtagenten diese Kenntnisse sachgerecht nutzten.
    Der Wind wurde jetzt kühl. Sie ging ins Schlafzimmer zurück und schob die Glastür hinter sich zu. Fragmente der
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