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Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Titel: Milchgeld: Kluftingers erster Fall
Autoren: Michael Kobr , Volker Klüpfel
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gegeben, das Opfer habe den oder die Täter also offenbar freiwillig in seine Wohnung gelassen, wenn sie nicht einen Schlüssel besaßen. »Soweit man dies sagen kann, hatte es der Täter nicht auf Wertsachen abgesehen. In der Wohnung lagen neben Bargeld auch zwei teure Armbanduhren, die Vitrine mit den antiken Taschenuhren war unversehrt«, schloss der Beamte seinen Bericht.
    Kluftinger verteilte kurz die Aufgaben, wies noch einmal eindringlich darauf hin, dass der Presse gegenüber zumindest für diesen Tag noch Stillschweigen herrschen solle und wollte seine Kollegen gerade in den weiteren Arbeitstag entlassen, als ihr oberster Vorgesetzter, der Leiter der Polizeidirektion Kempten-Oberallgäu, Dietmar Lodenbacher, ohne anzuklopfen den Raum betrat. Lodenbacher, ein großer, hagerer Mann, immer gut gebräunt und mit perfekt sitzendem, weißen Haar, war aus Niederbayern. Aus Passau, wie er selbst sagte. Seit dem letzten Betriebsfest wusste man aber, dass er aus Hauzenbergersöll stammt, ein Ortsname, der bei Kluftinger immer ein kleines Grinsen auslöste. Er war nach Kempten versetzt worden, nachdem der ehemalige Leiter in Ruhestand gegangen war und war nun seit zwei Jahren hier im Allgäu. Man hatte das Gefühl, dass er weder mit der hiesigen Mentalität, noch mit der hiesigen Sprache, noch mit den hiesigen Kollegen besonders warm geworden war. Und dieses Gefühl hatte auch er selbst.
    Lodenbacher grüßte kurz und fing sofort an zu reden.
    Er habe gerade »g’hert«, was gestern in Altusried »bossiert« sei. Das sei eine »ganz heiße G’schicht« für die es jede Menge »Fingerschbidsngfui« brauche. Dann machte er Kluftinger klar, dass er schnell »hiab- und schdichfesde« Ergebnisse erwarte. Außerdem wolle er über alle Fortschritte sofort informiert werden. Kluftinger sollte aus diesem Grund gleich bei ihm im Büro vorbei schauen.
    So schnell, wie er gekommen war, war der Vorgesetzte wieder verschwunden und die kleine niederbayerische Dialekteinlage war vorbei.
    »So, jeds wissmas meine Herrn, und schdrengans eana bloos o!«, ahmte Hefele den Chef zur allgemeinen Erheiterung nach, bevor Kluftinger die Konferenz endgültig beendete.
    Das Gespräch zwischen Lodenbacher und Kluftinger war schnell erledigt. Noch gab es keine wirklichen Ergebnisse. Erneut wies Lodenbacher auf die Brisanz des Falles hin, wie »unbandig wichdig des ois sei« und entließ Kluftinger wieder an die Arbeit.
     
    ***
     
    Für den weiteren Vormittag hatte sich der Kommissar vorgenommen, den Betrieb zu besuchen, in dem Wachter gearbeitet hatte. Er wies Frau Henske an, seinen Besuch in Krugzell anzukündigen, ließ sich von der Fahrbereitschaft einen Dienstwagen geben, was er fast nie tat. Heute zwang ihn aber der leere Tank seines Passats dazu. Noch bevor er bei den Wagen angekommen war, musste er seine Jacke ausziehen, so warm war es inzwischen geworden. Der Regen hatte einer angenehmen Sommersonne Platz gemacht. Am Parkplatz musste er feststellen, dass wieder einmal nur der »Blitzkombi« zur Verfügung stand, ein Kleinbus mit verdunkelten Scheiben und einer Radarkamera an Bord. »Auch schon egal« dachte sich Kluftinger und fuhr los. Beim Milchwerk angekommen, ließ er sich den Spaß nicht nehmen, das Auto parallel zur Straße abzustellen und noch kurz sitzen zu bleiben, um zu sehen, was geschehen würde. Es war wie immer: Die Autos bremsten abrupt ab, als sie den »Blitzkombi« sahen. »Verkehrserziehung« nannte er das.
    Er ging über den Betriebshof, auf dem reges Treiben herrschte: Zwei »Milchautos«, eigentlich Tanklastzüge für Lebensmittel – aber für Kluftinger wie für jeden Allgäuer waren es einfach »Milchautos« – wurden gerade leer gepumpt und ein alter Traktor ohne Verdeck mit mehreren Milchkannen auf einem kleinen Anhänger fuhr auf das Gelände. Offenbar sparte sich der Besitzer, ein etwa siebzigjähriger, völlig »zug’wachsner« Landwirt, dessen Bart kaum etwas vom Gesicht frei ließ, das Geld, das er für das »Milchauto« hätte bezahlen müssen. »Ein schönes Bild«, dachte sich Kluftinger, der nicht wusste, dass das Milchwerk so seine Probleme mit dieser Art Bauern hatte und vor allem mit den Keimzahlen in ihrer Milch.
    An der Pforte wies man Kluftinger den Weg ins Büro des Senior-Firmenchefs. Er ging einen Treppenaufgang nach oben, dessen Wände voll waren mit Werbetafeln für die Käseprodukte, die die Firma vertrieb. Es waren Plakate mit jungen, dynamischen, durchtrainierten und braungebrannten
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