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Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Titel: Milchgeld: Kluftingers erster Fall
Autoren: Michael Kobr , Volker Klüpfel
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mein Vorgesetzter. Aber so lief das bei uns nicht. Wir waren wirklich ein Team.« Kluftinger entging nicht, wie heftig Bartsch auf diese Frage reagierte. Er würde ein anderes Mal auf diesen Punkt zurückkommen.
    »Waren Sie befreundet?«
    »Also, wir waren nicht gerade Busenfreunde. Aber wir kamen schon sehr gut miteinander aus. Wenn man im Führungsteam zusammen arbeitet, lernt man sich zwangsläufig näher kennen.«
    »Hatten Sie auch privat Kontakt?«
    »Wir sind, wenn’s ging, so einmal die Woche zusammen zum Golfen gefahren. Nach Hellengerst. Wir sind da beide im Club.«
    »Wie war Herr Wachter denn in der Firma angesehen? Hatte er beruflich Feinde?«
    Bartsch antwortete schnell: »Nein, also wirklich nicht. Feinde, wie das jetzt wieder klingt. Klar gab’s mal die eine oder andere Auseinandersetzung. Neue Kollegen haben auch schon mal versucht, an seinem Stuhl zu sägen, aber da war nichts zu machen. Er war ein geschätzter Kollege. Und er hatte fachlich echt was drauf.«
    Kluftinger war irritiert. »Wieso hat er dann hier gearbeitet? Wenn er so gut war, hätte er doch sicher auch woanders Chancen gehabt, oder?«
    Bartsch überlegte kurz. »Also der Philip, der wollte hier einfach nicht weg, dem hat es hier viel zu gut gefallen. Im Allgäu. Er hat immer gesagt, dass es eigentlich unbezahlbar sei, hier zu leben. Ich denke, der wäre nicht für viel Geld weggegangen.«
    Jetzt wollte Kluftinger es wissen: »Haben Sie sich nie Hoffnungen auf seinen Job gemacht?«
    »Also jetzt reicht’s aber«, entgegnete Bartsch wütend. »Ich lasse mich doch hier nicht so hinstellen. Ich werde …«
    »Wie steht es denn mit Herrn Wachters Familie?«, unterbrach der Kommissar seinen Wutanfall. Bartsch beruhigte sich augenblicklich.
    »Da hat er nie viel erzählt. Er hat zwei Töchter, eine davon im Ausland. In Italien glaube ich oder in Südtirol. Mit der hat er wohl noch Kontakt … ich meine – gehabt. Zu seiner anderen Tochter und zu seiner Exfrau glaube ich nicht. Ich denke, die eine Tochter war mit seinem Lebenswandel nicht ganz einverstanden. Mit den vielen Frauen, meine ich. Überhaupt: Wenn Sie mich fragen, dann sollten Sie da mal ansetzen.«
    »Wo?«
    »Na bei den vielen Frauen. Da haben sich so einige Dramen abgespielt.«
    »Was für Dramen?«
    »So genau weiß ich das auch wieder nicht. Aber nicht alle waren einverstanden, dass er sich relativ schnell wieder einer andern zugewandt hat.«
    Kluftinger hatte noch irgendetwas fragen wollen, aber es fiel ihm nicht mehr ein.
    »Danke, das reicht mir fürs Erste. Aber ich werde sicher noch öfter auf Sie zukommen. Also halten Sie sich bitte bereit. Und wenn Ihnen was einfällt, rufen Sie an«, sagte der Kommissar, obwohl er sich sicher war, dass Bartsch ihn nicht anrufen würde.
    Mit einem Kopfnicken in die Runde verließ Bartsch das Büro.
    Als Kluftinger das Gespräch beendet hatte, gönnte er sich und seinen Kollegen eine kleine Pause. Er machte sich einen Pfefferminztee, einen aus dem Teebeutel, der ihn, so hatte er einmal in einer ruhigen Minute ausgerechnet, lediglich 2,5 Cent kostete, plus Wasserkosten und Strom, was hier ohnehin Vater Staat übernahm. Seiner Frau durfte er dieses Rechenexempel freilich nicht preisgeben. Sie hatte dafür keinerlei Verständnis. Er aber konnte sich freuen wie ein Kind, wenn etwas wirklich günstig war.
    Kluftinger war nicht geizig, aber seine schwäbische Abstammung und mehr wohl noch die solide kleinbürgerliche Erziehung, die er genossen hatte, ließen ihn immer wieder diese kleinen Glücksmomente spüren.
    Mit seiner Tasse in der Hand ging er zu seiner Sekretärin, die zwar Sandra hieß, die alle aber nur Sandy nannten, was ihr nicht eben behagte. Alle außer Kluftinger. Er nannte sie bei ihrem Nachnamen, was nicht etwa die Hierarchie im Dienstverhältnis ausdrücken sollte, es hatte sich bislang nur noch keine Gelegenheit ergeben, dass er ihr das »Du« angeboten hätte.
    »Fräulein Henske, wie sieht das jetzt aus mit den Töchtern?«, fragte Kluftinger. Schon beim Aussprechen des Satzes wusste er, was folgen würde. Sie würde zunächst nicht wissen, um was es ging. Wenn man es unvoreingenommen betrachtete, war dies auch kein Wunder. Er hatte mit ihr noch nicht über die Töchter gesprochen. Vor allem aber konnte sie nicht wissen, dass er mit dem Satz eigentlich fragen wollte, ob sie die Töchter des Opfers bereits benachrichtigt habe und ob und wann sie im Allgäu ankommen würden. Aber insgeheim erwartete er doch, sie würde
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