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Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Titel: Milchgeld: Kluftingers erster Fall
Autoren: Michael Kobr , Volker Klüpfel
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es verstehen. Seine Frau konnte das.
    Sandy hingegen verstand es nicht, zumindest zeigte sie es nicht.
    Schließlich sollte er sich doch endlich etwas Mühe geben, sich klarer auszudrücken, wenn er schon Dialekt sprach und dabei – sie hatte keine Scheu, ihm das immer wieder zu sagen – Ober- und Unterkiefer höchstens zwei Millimeter öffnete. Sekretärinnen aus dem Allgäu sind seit frühester Jugend daran gewöhnt, dass Männer sich hier so artikulierten, Sandy aber kam aus einem kleinen Ort nahe Dresden und da, so musste Kluftinger annehmen, sprachen Männer offenbar anders.
    Kluftinger bat sie schließlich, ihn über die Ankunft der beiden Töchter zu unterrichten und erfuhr, dass die ältere der beiden noch heute aus München ankomme und sich dann zuerst um die Beerdigung kümmern wolle, dann würde sie sich bei der Polizei in Kempten melden. Die jüngere Tochter lebe, wie er schon wisse, in Italien und es sei nicht einfach gewesen, sie zu erreichen.
    »Sie ist nämlich Künstlerin und daher viel unterwegs, um zu malen«, sagte Sandy. Dass er auch schon um den Beruf der jungen Frau wusste, sagte er nicht; er nahm an, sie würde einigermaßen stolz sein, ihm Neuigkeiten, die sie selbst herausgefunden hatte, mitteilen zu können. Sie habe einen älteren Herrn am Telefon gehabt, der nur italienisch sprach, und diesem habe sie – der Volkshochschule sei Dank – erklärt, dass Signorina Wachter bei der Kemptener Polizei zurückrufen sollte, was aber noch nicht geschehen sei.
    Von sich aus fragte die Sekretärin, ob es keine Frau Wachter gebe, die zu benachrichtigen wäre. Kluftinger war davon regelrecht begeistert. Sandy, für sich nannte auch er sie so, dachte einfach mit. Der Kommissar klärte sie über die Frau auf und fragte, ob sie meine, sie könne die Adresse irgendwie herausbekommen. Zwar war Sandy in so etwas Spezialistin, sie fand im Internet auf verschlungenen Pfaden immer irgendwie Adressen heraus, hier aber machte sie Kluftinger keine Hoffnungen.
    Irgendwo in Mittel- oder Südamerika war als Ortsangabe zu ungenau und man wusste nicht einmal sicher ihren derzeitigen Namen. Mit diesen Angaben würde selbst das CIA niemanden finden, sagte sie, woraufhin er sich erlaubte zu fragen, wie es dann mit dem KGB aussehe. Was sie mit einem gestellten Lächeln quittierte, das ihm sagte, sie verstehe diese Scherze zwar nicht falsch, es sei aber an der Zeit, sie durch andere auszutauschen, um gewisse Abnutzungserscheinungen zu verhindern.
    Kluftinger war bereits wieder in sein Büro zurückgegangen, als er noch einmal kehrt machte. Bartsch hatte doch ganz deutlich darauf hingewiesen, dass die Polizei seiner Meinung nach bei Wachters Freundinnen ansetzen solle. Das war Kluftinger beim Gespräch recht seltsam vorgekommen. Warum tat er das? Wollte er den Beamten helfen oder wollte er ihre Aufmerksamkeit gezielt in eine Sackgasse lenken? Bartschs Mitteilungsbedürfnis passte hier nicht zu seinem sonstigen Auftreten.
    »Um halb zehn Konferenz im Besprechungszimmer«, sagte er abwesend. Er hatte selbst das Gefühl, dass er etwas neben sich stand, was er auf den mangelnden Schlaf letzte Nacht schob. Er fühlte sich noch nicht bei vollem kriminalistischem Verstand. Er ging in sein Büro und wartete auf die kleine Konferenz, die er anberaumt hatte, auch wenn er fand, dies sei ein zu wichtiges Wort für etwas ganz Alltägliches.
     
    ***
     
    Gegen neun Uhr vierzig hatte sich auch der letzte Kollege im Konferenzraum eingefunden und an einem Flipchart – ein Wort, über das Kluftinger nur lachen konnte, sagte er doch immer »die Tafel mit Papier drauf« – sammelten die Beamten, was sie bisher über den Fall wussten.
    Philip Wachter, Lebensmitteldesigner, war also mit einer Vorhangschnur erdrosselt worden.
    Strobl erzählte vom Anruf bei der Gerichtsmedizin, deren Bericht noch nicht vorlag, man sagte ihm jedoch, dass Wachter den Erstickungstod durch Strangulation gestorben sei, zwischen acht und zehn Uhr morgens. Am Hinterkopf finde sich eine Verletzung durch einen stumpfen Gegenstand, die aber nicht zum Tode geführt haben könne.
    »Nichts Spektakuläres also«, sagte Strobl.
    Der Kollege von der Spurensicherung gab an, dass sich an der »Tatwaffe« keine Fingerabdrücke finden ließen, eine Vorhangschnur eigne sich dafür nicht, ansonsten gebe es natürlich Wachters Abdrücke und die von mehreren anderen Personen, die sich jedoch nicht eindeutig zuordnen ließen. Es habe in der Wohnung keinerlei Einbruchsspuren
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