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Mieses Karma

Titel: Mieses Karma
Autoren: David Safier
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umarmen uns.
Alex und ich lernen uns in Venedig kennen. Ich liebe ihn.
Alex, Nina und ich machen gemeinsam Urlaub. Ich stelle fest: Sie liebt ihn auch.
Er hat auch Gefühle für sie.
Er entscheidet sich für mich. Uff.
Ich schrei Nina an, dass ich sie nie wieder sehen will.
Alex und ich heiraten in der Kirche San Vincenzo in Venedig. Ich zerspringe fast vor Glück.
Lilly wird geboren. Ich spüre ihre Haut auf meinem Bauch. Der beste Moment in meinem Leben. Warum kann er nicht ewig dauern?
Ich habe unseren Hochzeitstag vergessen.
|35| Alex und ich streiten uns. Er hat Lilly ein schwangeres Meerschweinchen gekauft.
Ich schwöre Lilly, dass wir uns bald einen schönen Tag machen werden.
Ulrich Wickert ruft: «Kim Lange.»
Ich zeige sechs Millionen Menschen meinen nackten Hintern.
Daniel und ich schlafen miteinander.
Ich wünsche mir, dass alles wieder gut wird.
Das glühende Waschbecken einer russischen Weltraumstation rast auf mich zu.
     
    Nach diesem Schnelldurchlauf durch mein Leben sah ich plötzlich das Licht. So wie man es immer in Fernsehreportagen von den
     Menschen hört, die für wenige Minuten einen Herzstillstand hatten und dann wieder ins Leben zurückgerufen wurden.
     
    Ich sah das Licht.
    Es wurde immer heller.
    Es war wunderschön.
    Es umhüllte mich.
    Sanft.
    Warm.
    Liebevoll.
    Ich umarmte es und ging darin auf.
    Gott, ich fühlte mich so wohl.
    So geborgen.
    So glücklich.
    Ich war wieder voller Urvertrauen.
     
    Doch dann wurde ich von dem Licht wieder abgestoßen.
     
    |36| Ich verlor die Besinnung.
     
    Als ich wieder aufwachte, merkte ich, dass ich einen riesigen Kopf hatte.
    Und einen wahnsinnigen Hinterleib.
    Und sechs Beine.
    Und zwei extrem lange Fühler.
     
    Und das war die Nummer eins der miesesten Augenblicke des Tages!

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    7.   KAPITEL
    Wenn man plötzlich in einem Ameisenkörper wiedererwacht, gibt es nur eine normale Reaktion: Man glaubt es nicht. Ich versuchte
     stattdessen zu rekonstruieren, was passiert war: Mir war dieses bekloppte russische Waschbecken auf den Kopf gefallen, dann
     hatte ich das Licht gesehen, wurde aber wieder zurückgeschleudert – das bedeutete: Ich war noch am Leben. Bestimmt hatte ich
     irgendeine Form von Schädelschaden. Ja, das musste es sein! Sicher lag ich im Koma und würde jeden Augenblick von irgendwoher
     Stimmen hören, nach dem Motto:
    «Lebenssignale stabil!»
    «Aber ihre Hirnfunktionen scheinen ausgesetzt zu haben.»
    «Ich mach eine neue Bluttransfusion fertig.»
    «Anschließend gibt es eine Adrenalininjektion, intravenös.»
    «Gott, sie ist schön, wie sie so daliegt.»
    «Wer sind Sie denn?»
    |37| «Daniel Kohn!»
    Au Mann, selbst in dieser Situation dachte ich an Daniel.
    Aber   … wenn ich im Koma war, warum bildete sich mein Hirn dann ein, ich wäre eine Ameise? Lag das an einem Kindheitstrauma? Und
     falls ja: Wie bescheuert muss ein Kindheitstrauma sein, dass man sich später im Koma für eine Ameise hält?
    Mein linkes Vorderbein kratzte sich fragend am Fühler. Damit brachte es sämtliche Sinne durcheinander. Anscheinend schmeckte,
     tastete und roch ich mit den Dingern: Mein Bein schmeckte salzig, es fühlte sich hart an, und es roch nach «muss dringend
     mal unter die Dusche».
    Diese Reizüberflutung war mir eindeutig zu heftig.
    Panisch dachte ich darüber nach, wie ich mit den Ärzten und Schwestern Kontakt aufnehmen konnte. Wenn ich mich bemühte, ganz
     laut zu schreien, würden sie die Komapatientin vielleicht murmeln hören. Sie würden merken, dass ich noch bei Bewusstsein
     bin, und mich aus diesem Albtraum befreien. Ich begann also, wie wild herumzubrüllen: «Hilfe!!! So helft mir doch!»
    Meine Ameisenstimme war unglaublich schrill. Ein bisschen so wie die von meiner ehemaligen Englischlehrerin, kurz bevor sie
     für mehrere Monate in die geschlossene Psychiatrie eingeliefert wurde.
    «Hilfe! Mein Hirn ist nicht tot! Kann mich jemand hören?», rief ich immer schriller.
    «Natürlich kann ich dich hören. Du bist ja laut genug», antwortete eine gütige Stimme.
    Ich erschrak. Und ich freute mich. Man hatte mich gehört. Die Ärzte hatten mit mir Kontakt aufgenommen! Halleluja! Ich war
     kurz davor, mit meinen sechs Beinen einen Freudentanz aufzuführen.
    |38| «Könnt ihr mich aus dem Koma holen?», fragte ich hoffnungsvoll.
    «Du liegst nicht im Koma», antwortete die gütige Stimme.
    Ich war geschockt. Wenn ich nicht im Koma lag, wo war ich dann? Und wer sprach mit mir?
    «Dreh dich um.»
    Langsam
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