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Mieses Karma

Titel: Mieses Karma
Autoren: David Safier
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öffnete sie. Daniel hielt eine Flasche Champagner und zwei Gläser in den Händen.
     Er lächelte mich an, als hätte es mein Po-Waterloo nie gegeben. Und das tat mir gut.
    «Wir wollten doch anstoßen», sagte er und blickte mir dabei in meine verheulten Augen. Ich brachte keinen Ton heraus, und
     er strich mir eine Träne von der Wange.
    Ich lächelte. Er betrat das Zimmer. Und wir schafften es nicht mal mehr, den Champagner zu öffnen.

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    5.   KAPITEL
    Es war der beste Sex, den ich seit Jahren gehabt hatte. Es war wunderbar, phantastisch, supercalifragilistischexpialigetisch!
    Danach lag ich in Daniels Armen, und es fühlte sich gut an. Und das war schrecklich. Es war wunderbar. Aber es war schrecklich.
     Wie konnte sich das so gut anfühlen? Ich hatte doch gerade meinen Mann betrogen. Und damit auch meine Tochter.
    |32| Ich konnte nicht länger so daliegen. Ich stand auf und zog mich an. Natürlich nicht das gerissene Kleid, das wollte ich am
     nächsten Morgen in den Müllschlucker werfen. Ich schnappte mir meine Jeans und den kratzenden Rolli.
    «Wo willst du hin?», fragte Daniel.
    «Nur kurz an die frische Luft.»
    «Unten lauern die Reporter», warf Daniel besorgt ein.
    «Ich geh aufs Dach.»
    «Soll ich mitgehen?», fragte Daniel einfühlsam. Ich blickte in seine Augen und war überrascht: Anscheinend war er aufrichtig.
     Empfand er tatsächlich was für mich? Oder hatte er nur Angst, dass ich springe?
    Ich sagte: «Ich geh nur kurz.»
    «Versprochen?»
    «Versprochen.»
    Er schaute mich an. Mir war nicht ganz klar, was er dachte. Und ich sagte: «Ich will eigentlich nicht fragen, und deswegen
     frage ich nicht, aber   … wirst du   …»
    «Ja, ich werde hier auf dich warten», antwortete er.
    Ich freute mich. Ich war mir zwar nicht sicher, ob man ihm glauben konnte, aber ich freute mich.
    Ich zog meine Schuhe an und ging aus dem Zimmer. Es war mein letzter Gang als Kim Lange.

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    6.   KAPITEL
    Die Raumstation Foton M3 führte für die russische Wissenschaft seit 1993 im Orbit medizinische, materialwissenschaftliche
     und biologische Experimente durch. Am Tag des Fernsehpreises wurde die veraltete Raumstation vom Raumfahrthafen |33| Baikonur aus in die Erdatmosphäre geleitet, um dort zu verglühen. Doch dann mussten die Ingenieure im Kontrollzentrum feststellen,
     dass der Einfallswinkel von den Berechnungen abwich. Anstatt komplett in der Atmosphäre zu verglühen, wurden nur achtundneunzig
     Prozent der Station vernichtet. Die restlichen zwei Prozent landeten als Trümmer verstreut über Nordeuropa.
    Warum ich diesen Mist erzähle? Weil das verdammte Waschbecken dieser verdammten Raumstation auf meinen Kopf fiel!
     
    Ich stand auf der Dachterrasse des Hotels, blickte über das nächtlich funkelnde Köln und war allein mit all meinen verwirrten
     Gedanken. Meinte es Daniel ernst? Sollte ich mich von Alex scheiden lassen? Wie würde Lilly reagieren? Wird man meinen nackten
     Hintern noch in vierzig Jahren in Pannenshows auf der ganzen Welt zeigen?
    Da sah ich am Himmel etwas aufleuchten. Es sah toll aus. Wie eine Sternschnuppe. Ich sah sie an, schloss meine Augen und wünschte
     mir: «Alles soll wieder gut werden.»
    Durch meine geschlossenen Lider sah ich, dass es immer heller wurde. Wie ein Leuchtfeuer. Und es wurde lauter. Ohrenbetäubend.
     Ich riss die Augen auf und sah einen glühenden Feuerball genau auf mich zustürzen.
    Mir war sofort klar, dass ich keine Chance hatte auszuweichen. Also dachte ich mir nur: «Was für eine bescheuerte Art zu sterben!»
     
    Es folgte das obligatorische «Das Leben zieht an einem vorbei». Blöd, dass dabei nicht nur schöne Momente an einem vorbeiziehen.
     Folgendes sah ich vor meinem geistigen Auge:
     
|34| Mein Vater schaukelt mich als Kleinkind auf seinen Beinen. Ich bin voller Urvertrauen.
Papa schaukelt mich auf dem Spielplatz. Ich bin immer noch voller Urvertrauen.
Papa riecht nach Brötchen.
Papa verlässt uns für die Bäckerin. So viel zum Urvertrauen.
Ich mach Mama Frühstück – ich bin sieben.
Ich bin in der Schule Außenseiterin.
Ich lerne Nina kennen. Sie ist wie ich. Jetzt sind wir zwei Außenseiterinnen.
Nina und ich wetten, wer zuerst seine Unschuld verliert. Wir sind dreizehn.
Ein Jahr später. Ich hab die Wette gewonnen. Hätte lieber verloren.
Mein Vater zieht weg. Keine Ahnung, wohin.
Nina und ich ziehen um die Häuser. Viel Alkohol. Ein bisschen Ecstasy und viel Kopfschmerz.
Endlich Abi. Nina und ich
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