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Bittere Pille

Bittere Pille

Titel: Bittere Pille
Autoren: Andreas Schmidt
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    PROLOG
    »Er kommt zu
sich.«
    Vier Worte. Es dauerte
einen Moment, bis deren Bedeutung sein vernebeltes Hirn erreichte.
Die Stimme klang hohl, blechern und bereitete ihm Angst. Wo befand
er sich?
    Er versuchte, die
Augen zu öffnen, was ihm nicht gelang. Aber er verspürte
einen fauligen, pelzigen Geschmack im Mund, schluckte trocken und
hatte dabei den Eindruck, einen ganzen Kloß
hinunterzuwürgen. Übelkeit stieg in ihm hoch. Gestorben
war er offensichtlich nicht, dachte er erleichtert. Aber er
fühlte sich taub und benommen, was vielleicht an den
Nachwirkungen der Narkose lag.
    Zustimmendes Grummeln
mischte sich unter das monotone Fiepen irgendwelcher Instrumente.
War das, was er da hörte, sein eigener Herzschlag? Wieder
versuchte er zu blinzeln. Das Einzige, was er sah, war ein grelles
Licht, das durch seine schweren Augenlider drang. Rot,
blutunterlaufen. Er sah hochgewachsene Schatten, die das Licht
verdeckten. Gestalten bauten sich um ihn herum auf. Er erinnerte
sich an einen Augenzeugenbericht, der die Entführung durch
Aliens geschildert hatte. Irgendwo hatte er so etwas mal gelesen
und es für Blödsinn gehalten. Jetzt sah er das anders.
Befand er sich an Bord eines Raumschiffs?
    Wie war er hierher
gelangt?
    Er konnte sich an
nichts erinnern. Es war, als hätten sie seine eingebaute
Festplatte gelöscht. Nur noch das hohle Betriebssystem befand
sich in seinem Kopf. Keine einzige Erinnerung, keine Emotion,
nichts. Unendliche Leere breitete sich in seinem Kopf
aus.
    »Bringt ihn
sofort raus, ich will nicht, dass er hier…« Die Stimme
klang souverän, als wäre sie es gewohnt, Befehle zu
erteilen. Der, der da sprach, duldete keinen Widerspruch; der
typische Chef, oder eben ein Akademiker, der es gewohnt war,
weniger gebildeten Menschen sein Wissen zu vermitteln. »Sehen
Sie seine Reflexe, er reagiert, wenn auch sehr träge. Also
kümmern Sie sich bitte um ihn, ja?«
    Wieder ein
zustimmendes Brummen.
    »Seine Frau hat
gesagt, dass er verbrannt werden möchte, falls…«
Eine Frauenstimme. Sie klang jung, verunsichert, besorgt.
»Aber noch lebt er ja.«
    »Wir
kümmern uns darum.« Die Stimme eines jungen Mannes.
»Es muss schnell gehen.« Da war sie wieder, die
herrische Stimme. Zwei der Schatten wichen aus seinem Blickfeld,
einer nach rechts, der andere nach links.
    Ein metallisches
Klappen, als würde eine Bremse gelöst werden. Dann
spürte er den Ruck, der durch seinen Körper ging. Es
fühlte sich an, als würde der Boden unter ihm weggezogen
werden. Wieder brauchte er einen Moment, um zu begreifen, dass er
auf dem Rücken lag. In einem Bett, auf einer Pritsche, einer
Liege oder etwas Derartigem. Er krallte die Finger in den
Untergrund und bekam ein Laken zu fassen, ohne jedoch Halt zu
kriegen. Der Stoff lag in seinen Fäusten, er spannte die
Muskeln an, konnte die Bewegung unter sich aber nicht aufhalten. Er
sah Lichter, die intervallartig aufleuchteten, bevor es wieder ein
wenig dunkler wurde. Das Rattern von Rädern oder Rollen unter
ihm übertrug sich auf die gesamte Konstruktion, auf der er
lag. Sein Körper vibrierte. Zu gerne hätte er endlich die
Augen aufgeschlagen und gewusst, wo er sich befand und wo sie ihn
hinschafften. Vermutlich schoben sie ihn mitsamt dem Bett über
einen dieser kilometerlangen Krankenhauskorridore. Aber wie war er
hierhergekommen? Leere beherrschte sein Denken.
    Zu gerne hätte er
einfach die Muskeln angespannt, um sich aufzusetzen und von dieser
Liege, diesem Bett oder was immer es war herunterzuspringen. Doch
es war, als würde sein Körper ihm nicht mehr
gehören. Er spürte nichts. Keinen Schmerz, kein Gewicht,
nichts. Die Seele hatte sich von seinem Körper gelöst und
war dennoch darin gefangen wie in einer leblosen Hülle. Er
war bei vollem
Bewusstsein, gleichwohl ihm jede Erinnerung an das Geschehene
fehlte. Panikattacken schüttelten ihn wie mächtige Wellen
ein Boot auf stürmischer See.
    Er konnte seinen
Willen nicht mehr äußern, er war diesen Leuten
ausgeliefert, ob er wollte oder nicht. Also würde er abwarten
und sehen, was sie mit ihm anstellten. Er hatte keine andere Wahl.
»Diesmal ist der Alte zu weit gegangen.« Die Stimme
gehörte dem jungen Mann. Er klang verbittert, frustriert. Er
zerquetschte einen Fluch auf den Lippen.
    »Ich will das
nicht mehr, hörst du?« Die Stimme der Frau klang
flehend. »Er setzt das Leben der Patienten aufs Spiel. Man
sollte ihn bei der Ärztekammer anzeigen. Es ist das letzte
Mal, dass ich bei diesem Spiel
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