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Michel bringt die Welt in Ordnung

Michel bringt die Welt in Ordnung

Titel: Michel bringt die Welt in Ordnung
Autoren: Astrid Lindgren
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dazusitzen und zu hören, wie Michel vorlas. Nur die Maduskan mochte es nicht. Wenn Michel kam, dann schloss sie sich in ihrem Zimmer auf dem Dachboden ein, denn sie hatte ja damals in der Wolfsgrube gesessen, die Michel gegraben hatte, und das vergaß sie nicht.
    Jetzt wirst du vielleicht unruhig und glaubst, dass Michel keine Zeit mehr für Unfug hatte, seit er in die Schule ging. Du kannst unbesorgt sein! Zu der Zeit, als Michel klein war, siehst du, war nämlich nur jeden zweiten Tag Schule, welch ein Glück!
    »Was machst du denn gerade so?«, fragte Stolle-Jocke eines Tages, als Michel kam und ihm aus der Zeitung vorlesen wollte.
    Michel dachte nach und antwortete dann wahrheitsgetreu:
    »Den einen Tag mache ich Unfug und den anderen Tag gehe ich zur Schule.«

Sonntag, der 14. November,
als auf Katthult
die Glaubensbefragung stattfand
und Michel seinen Vater
in der Trissebude einsperrte
     
    Immer grauer und dunkler wurden die Tage auf Katthult und Lönneberga und ganz Småland. Es wurde Herbst, mehr und mehr Herbst.
    »Hui, wie nasskalt«, sagte Lina, wenn sie morgens um fünf Uhr in den Stall und in die Dunkelheit hinausmusste. Natürlich hatte sie die Stalllaterne, aber die flackerte so einsam und armselig in all dem Grau. Grau, grau war der ganze Herbst, ein einziger langer grauer Alltag. Nur hin und wieder ein Schmaus und die Glaubensbefragung waren kleine bescheidene Lichter in der Dunkelheit.
    Du weißt wohl nichts von der Glaubensbefragung, wie ich mir denken kann, aber zu jener Zeit war es so, dass die Leute einigermaßen Bescheid wissen mussten über das, was in der Bibel steht und im Katechismus.
    Deshalb sollte der Pastor von Zeit zu Zeit Befragungen machen, um festzustellen, wie viel sie wussten, und zwar nicht nur die Kinder, die man ohnehin mit Fragen zu plagen pflegt, sondern alle in der Gemeinde, die Großen und Kleinen. Diese Glaubensbefragungen fanden reihum auf allen Höfen in Lönneberga statt, und wenn auch die Befragung selbst nicht so lustig war, der anschließende Schmaus war dafür umso besser. Jeder aus der Gemeinde durfte dabei sein, sogar die Leute aus dem Armenhaus. Von denen kamen auch alle, die es schafften sich hinzuschleppen. Denn wenn eine Glaubensbefragung war, durfte jeder essen, bis er platzte, und die meisten fanden, das sei eine gute Sache.
    An einem Tag im November sollte auf Katthult Glaubensbefragung sein, und das munterte alle auf, besonders Lina, denn sie mochte Glaubensbefragungen.
    »Ja, wenn auch nicht alle diese Fragen«, sagte sie. »Manchmal weiß ich gar nicht, was ich antworten soll.«
    Und sicher ist, dass Lina nicht so besonders heimisch in der Bibel war. Das wusste der Pastor und er stellte ihr deshalb ganz leichte Fragen, denn er war ein freundlicher Mann. Nun hatte er lang und breit von Adam und Eva erzählt, die im Garten Eden gewohnt hat-



ten und die ersten Menschen auf Erden gewesen waren und er glaubte natürlich, dass alle, sogar Lina, es begriffen hätten, und als jetzt Lina an der Reihe war, fragte er ganz freundlich:
    »Na, Lina, wie hießen also unsere Ureltern?«
    »Thor und Freya«, sagte Lina ohne zu zögern und Michels Mama bekam vor Ärger über diese dumme Antwort einen roten Kopf. Thor und Freya waren doch zwei alte Götter, an die die Leute in Schweden vor über tausend Jahren geglaubt hatten, bevor sie auch nur die geringste Ahnung von der Bibel hatten.
    »Du bist und bleibst ein Heide«, sagte Michels Mama nachher zu Lina, aber Lina verteidigte sich:
    »Die rühren so viel zusammen! Warum soll gerade ich Ordnung in alles bringen?«
    Der Pastor aber war wie immer bei der Befragung nachsichtig. Er tat, als habe Lina nicht falsch geantwortet, sondern erzählte stattdessen davon, wie Gott die Erde und alle Menschen, die auf ihr wohnten, geschaffen hatte, und wie wunderbar seine Schöpfung doch war.
    »Auch du, Lina, bist ein richtiges Wunderwerk«, versicherte der Pastor und er fragte Lina, ob sie das einmal bedacht habe und ob sie nicht glaube, es sei etwas Besonderes, dass Gott sie geschaffen habe.
    Lina sagte, das glaube sie – aber dann besann sie sich. »Ja, natürlich, aber mich zu machen war wohl nichts Besonderes. Bloß all diese Schnörkel, die ich in den Ohren habe, ich glaube, die zusammenzubekommen, das war bestimmt eine lausige Arbeit!«
    Da wurde Michels Mama wieder rot, denn es schien ihr, als würde Schande über ganz Katthult gebracht, wenn Lina so dumm antwortete. Und es wurde nicht besser, als hinten aus Michels
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