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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne
Autoren: Mika Waltari
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die dem Schießpulver solche Stärke verlieh, daß sie die Verwendung geringerer Zusätze von Salpeter und kostbarem Schwefel gestattete.
    Meister Schwarzschwanz versuchte nun, das richtige Mischverhältnis dieser Ingredienzien festzustellen, und wollte sich nicht auf die vorhandenen Tafeln verlassen, wenn er Birkenkohle verwendete. Er ließ zu diesem Zweck an einem Zollstock ein verschiebbares Bleigewicht anbringen, unter dem er Pulvermischungen von gleichem Gewicht zu entzünden pflegte, wobei er die Höhe notierte, bis zu der das Bleigewicht durch die Explosion emporgeschnellt wurde. Ich hielt die verschiedenen Mischverhältnisse und ihre Ergebnisse fest, bis er herausgefunden hatte, welche am wirksamsten waren.
    Nachdem diese Versuche einige Tage gedauert hatten, kam ein günstiger Wind, der stetig von Westen wehte, und wir mischten die erforderlichen Mengen von Schwefel, Salpeter und Holzkohle in einer drehbaren Trommel. Mein Meister verband die Trommel mit der Mühle und hieß den Müllerjungen darauf achten, daß sie sich gleichmäßig drehte. Ehrfürchtig schlug er dann ein Kreuz und sagte: »Gehen wir, Michael.« Als wir über die blumenübersäten Wiesen in Sichtweite von der Mühle dahinschritten, erzählte er mir, daß viele Fachleute ihre besonderen Lieblingswinde beim Pulvermischen bevorzugten. Einige behaupteten, der Nordwind verleihe ihm Stärke, andere zogen den Südwind vor und wieder andere schworen auf den Südost.
    »Aber das ist alles Aberglaube; der mag auf Laien Eindruck machen, nicht aber auf erfahrene Zunftbrüder. Solange die Mühle glatt und kühl läuft, die Lager reichlich geschmiert sind und der Funkenbildung hinreichend vorgebeugt wird, mag der Wind wehen, woher er will.«
    Als er am Stand der Sonne erkannte, daß genügend Zeit verstrichen war, schrie er dem Müllerjungen zu, die Flügel anzuhalten; sie standen still und wir gingen hinein, das Gemisch zu prüfen. Der Meister nahm eine Handvoll auf, roch daran, kostete davon und meinte, er sei zufrieden. Die Müllerburschen breiteten das Pulver mit Holzschaufeln auf glatten Brettern aus, damit es befeuchtet, gepreßt und zu Körnern gesiebt werden konnte. Zum Befeuchten verwendete Schwarzschwanz nur Wasser, obgleich er vom Schloß mehrere Gallonen kostbaren Branntweins für diesen Zweck bezog.
    »Branntwein ist nützlich bei feuchtem Wetter oder im Winter oder wenn man das Pulver sogleich benötigt, denn er verdunstet rascher als Wasser«, meinte er zu mir. »Aber das ist ein Geschäftsgeheimnis. Ich verlange für je vier Scheffel Schießpulver vom Schloß eine halbe Gallone Branntwein, und es hat den Schloßhauptmann – hol ihn die Pest! – nicht zu kümmern, wie ich ihn verwende.«
    Mit diesen Worten preßte er das Pulver zu brüchigen Blöcken und zeigte den Burschen, wie sie es sieben sollten, um ihm die nötige »körnige« Beschaffenheit zu verleihen, da ein feineres Pulver sich nur für Handfeuerwaffen eignete. Dann ließ er es auf einem warmen, sonnenbeschienenen und windstillen Abhang auf Brettern zum Trocknen ausbreiten; und schließlich wurde es in Fässer geschüttet, deren Zapfen mit Holzhämmern eingeschlagen wurden. Den Pulverjungen war es untersagt, den kleinsten Metallgegenstand bei sich zu führen, und sie trugen Pantoffel aus weichem Leder oder Birkenrinde.
    Das Schießpulver bestand die üblichen Proben, und die grauhaarigen Kanoniere im Schloß bestätigten, daß es außergewöhnlich fein, staubfrei und gleichmäßig körnig war. Dann folgten Schießübungen in Anwesenheit des Schloßhauptmanns, und mein guter Meister zeigte, daß er mit drei Schüssen aus einer großkalibrigen Kanone ein Ruderboot auf dem Fluß treffen konnte. Das heißt, er traf ein Bodenziel auf gleiche Entfernung, denn Kanonenkugeln sind teuer und müssen nach dem Abschuß wieder eingesammelt und zurückgebracht werden. Der einzige Unglücksfall während der Schießübungen ereignete sich, als wir die Bombarde benützten, denn eine Steinkugel vom Umfang eines Fasses traf auf einen Felsen und zersprang, obwohl sie mit starken Eisenbändern eingefaßt war.
    »Nur rückständige Länder wie dieses verwenden Steinkugeln!« erklärte mein Meister und spuckte verächtlich aus. »Die einzige Kanonenkugel, die dieses Namens wert ist, ist glatt und vollkommen rund; und das läßt sich nur durch das Gießen erreichen, das auch billiger ist und ein genaueres Zielen ermöglicht, weil die Kugeln alle gleich groß und gleich schwer sind. Allein ich bin in
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