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Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)

Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)

Titel: Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)
Autoren: Sabine Klimm
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regelrecht immer einen Schubs, um in der Realität anzukommen. Die gesamte Wohnungseinrichtung mit unserer Lieblingskuschelecke, den schönen gelben Gardinen, meinem Computer und meinen vielen Bildern, alles, aber auch alles musste aufgelöst werden. Wie das geschehen sollte, davon hatte ich keine Ahnung. Robert dagegen ist ein Talent im Organisieren, Planen und in der perfekten Ausführung dessen, was er sich vorgenommen hat. Als ich mich endlich aufraffte und wir aufstanden, wurde mir richtig wehmütig. Meine Blicke hefteten sich an alles, was ich so lieb gewonnen hatte. Jetzt musste ich mich davon wieder trennen. Nur gut, dass ich darin ja schon geübt war. Aber ein bisschen, nur eine kleine Insel, wollten wir uns erhalten. Da meine Eltern ein kleines Häuschen haben, konnten wir uns dort dieses Stückchen Heimat einrichten. Es wurde ein richtig gemütliches Dachzimmer, in welches sogar unsere weinrote Couch hineinpasste. Jedes Mal, wenn ich in Deutschland bin, gibt mir diese kleine Kammer das Gefühl, zuhause zu sein.
           Dank Robert hatten wir in kurzer Zeit meine Wohnung aufgelöst und lebten die letzten Tage vor unserem Abflug in der kleinen Dachkammer im Häuschen meiner Eltern. Es war eine wunderschöne Zeit, die wir auch ganz intensiv mit meiner Mutti und meinem Vati verbrachten. Doch natürlich war sie von vornherein begrenzt, sehr begrenzt. Der Abschied von meinen Eltern und meinen beiden Kindern rückte unaufhaltsam näher. Seitdem ich wusste, dass ich mit Robert zusammen irgendwann Deutschland verlassen würde, hatte ich begonnen Abschied zu nehmen. Das ist für mich in diesem Sinne ein langer Prozess geworden, den ich allein durchleben musste. Meine Eltern zurückzulassen, fiel mir besonders schwer, und der Gedanke daran, zerriss mir fast das Herz.
           Nach meiner Trennung waren sie es gewesen, die mir immer wieder neuen Mut gemacht hatten und mir die Kraft zum Weiterleben gegeben hatten. Die beiden hatten immer Anteil an allem genommen und mich dennoch mein eigenes Leben leben lassen. Sie haben mich unterstützt und immer bedingungslos geliebt. Egal was ich gemacht hatte, egal wie ich mich entschieden hatte: Sie standen mir jederzeit zur Seite und gaben mir ihre Lebensweisheit mit auf dem Weg. Meine Eltern sind für mich etwas ganz Besonderes. Tief in meinem Innern weiß ich, wie schwer es für beide war, mich gehen zu lassen. Trotz der kurzen Zeit lernten sie Robert gut genug kennen, um genau zu spüren, wie gut er es verstand, mich glücklich zu machen. Dieses Glück bedeutet ihnen sehr viel. Sie wollten mich nie mehr so leiden sehen wie in den letzten Jahren und dafür nahmen sie auch den Abschied von mir gerne in Kauf.
           Nachdem wir uns für Mexiko als Wahlheimat entschieden hatten, saßen wir oft mit meinen Eltern und meinen Kindern zusammen, um darüber zu sprechen. Robert erzählte von diesem Land und wie wir dort leben könnten, während wir gleichzeitig Bilder betrachteten. Aber es fiel mir trotzdem schwer, eine annähernde Vorstellung von dem, was mich erwarten würde, zu bekommen. Trotz aller Abschiedsgedanken freute ich mich wahnsinnig auf unsere gemeinsame Zukunft. Meine geliebte Kleinstadt war mir zu eng geworden und Robert fühlte sich schon immer in fremden Ländern zuhause. Und ich wollte durch diesen Schritt die Vergangenheit endgültig hinter mir lassen und nur noch nach vorn blicken.
           Freunde, Kollegen, Verwandte und Bekannte – von ihnen allen hatte ich mich verabschiedet. Alle wollten mich nur schweren Herzens gehen lassen und auch für mich war es nicht leicht. Viele Menschen, denen ich „Auf Wiedersehen“ sagte, versprachen: Wir schreiben uns, wir telefonieren miteinander, und wenn du wieder da bist, dann besuchst du uns. Es wurden verheißungsvolle Worte gesprochen und ich war auch ein klein wenig stolz, dass mich so viele Menschen vermissen würden.
           Von einer Frau, die mir damals eigentlich nicht unbedingt sehr nahe stand, wollte ich mich auch noch verabschieden. Es war die Ärztin, die mich jahrelang betreut hatte. Sie nahm sich jedes Mal viel Zeit, wenn ich als Patientin in ihrer Praxis war. Nach dem schmerzvollen Verlust meiner Familie hat sie mir Mut gemacht, wieder ins Leben zurückzukehren. Den Glauben an mich hat sie niemals aufgegeben. Als ich mich bei ihr persönlich verabschieden und bedanken wollte, geschah etwas ganz Besonderes: Ich war plötzlich nicht mehr ihre Patientin, sondern eine Frau, deren
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