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Mettwurst ist kein Smoothie

Mettwurst ist kein Smoothie

Titel: Mettwurst ist kein Smoothie
Autoren: Markus Barth
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Rätsel.
    (Immerhin: Die Freundin erzählte mir, dass sie die Kralle mal an ihrem Hund ausprobiert hat. Der wurde dadurch aber so wuschig, dass er sich anschließend eine halbe Stunde lang an seinem Lieblingsstofftier schubberte. Das erzählte sie mir übrigens,
nachdem
sie mir die Kralle geliehen hatte.)
     
    Eine andere Erfindung hat mir mein Kollege Sven vor kurzem aufgedrängt.
    «Guck mal», sagte er und platzierte fünf bunte Fläschchen auf meinem Schreibtisch. «Ich hab Smoothies gekauft. Die guten aus England. Schon probiert?»
    Noch so eine Sache, die mich ratlos macht: dass Engländer auf einmal als Fachmänner in Sachen gesunder Ernährung gelten. Früher aß man bei einem Ausflug auf die Insel Pommes mit Essig und Majo und gönnte sich hinterher einen frittierten Mars-Riegel. Heute pürieren die Erfinder von Black Pudding und Clotted Cream lieber Mangos, Litchis und Boysenbeeren, und Jamie Oliver rupft noch ein bisschen frische Minze obendrüber. Ich könnte schreien.
     
    Da gegen Svens Begeisterung nicht anzukommen war, öffnete ich ein Fläschchen und setzte es an die Lippen.
    «Und, wie schmeckt’s?», fragte er.
    «Obft-Mapf», antwortete ich.
    «Bitte was?»
    «Es schmeckt nach Obst-Matsch», sagte ich, nachdem ich die Pampe runtergeschluckt hatte. «Wahrscheinlich, weil es Obst-Matsch ist.»
    «Das ist doch kein Matsch. Das ist feinstes Fruchtpüree mit Fruchtsaft. Und jedes Fläschchen enthält das Gute aus zwei Portionen Obst!»
    «Das enthalten zwei Portionen Obst aber auch! Wie viel kostet der Spaß denn?»
    Sven zuckte die Schultern. «Keine Ahnung. Vier Euro oder so.»
    «
Vier Euro?
Für 200  Milliliter püriertes Obst, das wahrscheinlich so gammelig war, dass sie es im Laden nicht mehr losgekriegt hätten?»
    «Seit wann bist du denn so fortschrittsfeindlich?», fragte Sven.
    «Bin ich gar nicht», antwortete ich. «Es graut mir nur davor, dass bald alles, was püriert, zermatscht und gehäckselt ist, Smoothie heißt und doppelt so viel kostet wie vorher. Reibekuchen mit Apfel-Smoothie, Bratwürste mit Kartoffel-Smoothie und aufm Weihnachtsmarkt Kohl-Smoothie mit Schweine-Smoothie.»
    Sven schaute mich fragend an.
    «Grünkohl mit Mettwurst», erklärte ich.
    Sven verdrehte die Augen: «Kannst sagen, was du willst. Das ist ’ne tolle Erfindung.»
    «Im Grunde ist das doch gar keine Erfindung», protestierte ich. «Obst wird schließlich von ganz alleine zum Smoothie. Du musst es nur lange genug im Korb liegen lassen.»
    Sven schüttelte den Kopf.
    «Ich lass dir die anderen mal da. Du wirst schon noch Fan.»
    Dann zog er ab. Ich nahm mir ein Fläschchen und las die Aufschrift:
    «Wir versprechen, dass wir niemals Konzentrate in unsere Smoothies mischen. Sonst kannst du es unseren Müttern erzählen.»
    O Gott, dachte ich, der Obst-Matsch ist auch noch lustig! Ich hatte plötzlich unbändige Lust auf eine ganz humorlose deutsche Apfelschorle.
    In dem Moment kam meine Kollegin Meike ins Zimmer und sah mich mit den Fläschchen.
    «Wow, Smoothies!», rief sie. «Darf ich einen haben?»
    «Klar. Alle. Sag bloß, du magst die?»
    Sie nickte begeistert. «Ich verdünn sie mir aber immer mit Wasser. Sind mir sonst zu dickflüssig.»
    Ich runzelte die Stirn. «Du verdünnst sie?»
    «M-hm.»
    «Aber sind verdünnte Smoothies nicht quasi einfach … Saft?»
    Sie überlegte kurz. Dann nickte sie und lachte: «Stimmt!» Sie nahm sich kopfschüttelnd das Maracuja-Mango-Fläschchen und ging in die Küche.
     
    Dass solche Leute meine Nasenlochverstärker nicht kaufen wollten, wird mir für immer ein Rätsel bleiben.

[zur Inhaltsübersicht]
    Deutscher Meister im Danebensitzen
    «Dein Bruder kann mich nicht leiden», sagte Stefan und schaute ernsthaft betrübt. Wir waren gerade zwei Monate zusammen und fuhren von unserem Familien-Antrittsbesuch in Franken zurück nach Köln.
    «Wie kommst du denn darauf?», fragte ich, völlig irritiert.
    «Der hat den ganzen Tag kein Wort mit mir geredet!»
    «Na und?» Ich war erstaunt. «Das ist doch kein Zeichen, dass er dich nicht leiden kann!»
    «Ach nein?»
    Ich zuckte die Schultern. «Ich treffe jeden Tag Menschen, mit denen ich nicht rede. Den Busfahrer, den Besoffski im Kiosk, die lebende Statue am Rudolfplatz. Mit denen hab ich noch nie ein Wort gewechselt. Das heißt doch nicht, dass ich sie nicht leiden kann!»
    Stefan schüttelte den Kopf. «Die lebende Statue sitzt dir auch nicht am Frühstückstisch gegenüber! Wenn dein Bruder mich leiden könnte,
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