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Mettwurst ist kein Smoothie

Mettwurst ist kein Smoothie

Titel: Mettwurst ist kein Smoothie
Autoren: Markus Barth
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Menschen gegenüberstanden und mich fragten: «Wird das hier denn anerkannt, so ’ne holländische Ehe?»
    Und bevor nun die Leser mit Hochschulabschluss wissend in sich hineinschmunzeln und denken: «Na, das dauert eben, bis so eine Nachricht ins Prekariat hinabsickert», sage ich lieber gleich: Vorsicht! Ignoranz ist nach meiner Erfahrung vollkommen schulabschlussunabhängig! Meine Lieblingsreaktion stammt nämlich von einem durch und durch unprekären Redakteur, den ich auf einer Party kennenlernte. Nachdem ich ihm von Stefan und mir erzählt hatte, strahlte er mich an, als wäre ich ein Einrad fahrendes Känguru, und kiekste fröhlich: «Sie haben einen Mann geheiratet? Haha, das ist ja lustig! Und wer war die Braut?»
     
    Das gibt’s doch nicht, dachte ich damals, im dritten Jahrtausend noch so ein von Klischees durchsetztes Bild von Homosexuellen – das muss sich ändern. Deshalb werde ich jetzt und hier ein bisschen Aufklärungsarbeit leisten. Mit einem echten, unverfälschten Einblick in unser Eheleben, wie es
wirklich
ist. Damit all die Vorurteile für immer ad acta gelegt werden können. Quasi «Homo-Ehe für Dummies»:
     
    Im Grunde sind wir ganz normale Männer, die all das tun, was Männer so tun: essen, schlafen, Nägel lackieren. Wir wohnen in einem bescheidenen Luxus-Loft in der Kölner Innenstadt, das wir auch selbst eingerichtet haben, zusammen mit unseren beiden besten Freunden: « IKEA » und «Rosa Wandfarbe». Die Wohnung sieht immer aus wie geleckt; wie sollte sie auch verdrecken, Stefan und ich kleben uns ja dreimal am Tag einen Freddie-Mercury-Gedächtnis-Schnauzer ins Gesicht, schlüpfen in den dazu passenden Lederrock, singen «I want to break free» und tanzen staubsaugend durch alle Zimmer.
    Dumm ist’s nur, wenn in der Wohnung mal was kaputtgeht. Da sind wir natürlich vollkommen aufgeschmissen. Aber dann schreien, heulen und jammern wir einfach so lange, bis unsere Freundinnen, die Lesben, in ihren Overalls und Holzfällerhemden kommen. Die schrauben dann mit ihrer Lieblingsrohrzange ein bisschen in der Gegend herum und rotzen dann und wann in die Ecke, während wir die Sporttasche packen und uns in den «Bauch, Beine, Po»-Kurs verabschieden.
    Nach dem Sport gehen wir einkaufen. Wir haben ja keine Kinder und wissen deshalb oft gar nicht, wohin mit dem ganzen Friseursgehalt. Also shoppen wir Klamotten in schwulen Klamottenläden, Blumen in einem schwulen Blumenladen und schwulen Aufschnitt in einer schwulen Metzgerei. Und als Dank für die Reparaturdienste für unsere Freundinnen zu Hause noch ein halbes Pfund lesbisches Mett.
    Auf dem Heimweg schauen wir dann oft bei unserem Freund Waltraud und seinem kleinen Filipino vorbei. Die beiden sind schon etwas älter und werden eigentlich nur noch von Steroiden und Poppers zusammengehalten. Wenn sie sich nicht zufällig gerade wieder gegenseitig an ihren Nippelringen durch die Wohnung ziehen, trinken wir mit ihnen einen Schluck Champagner aus Original-Desiree-Nick-Pumps und ziehen dann weiter. Manchmal gehen wir auch noch zur Kosmetikerin. Körperpflege ist für uns ja sehr wichtig, da unsere Haut durch das viele Rumsitzen in schwulen Saunen so runzlig wird.
    Abends ziehen wir dann mit unserer besten, aber leider sehr dicken und unansehnlichen Freundin durch die Kneipen und gehen unserer Lieblingsbeschäftigung nach: Hetero-Männer schwul angucken. Viele von Ihnen haben das ja schon immer geahnt und gerne auch laut geäußert: Schwule glotzen immer so. Das stimmt natürlich, aber wie soll man auch anders? Frauen werden das bestätigen: Die meisten heterosexuellen Männer sind nun mal so unfassbar unwiderstehlich, dass man einfach hingucken muss! Gerade, wenn sie das achte Pils intus haben! Hmmm, Schaum-Schnurrbart und Bier-Bäuerchen – wer könnte da
nicht
glotzen?
     
    Nur zum Fußballschauen können wir uns nicht aufraffen, das weiß ja jedes Kind, Schwule haben keine Ahnung von Fußball. Es gibt auch keine schwulen Fußballspieler, wie soll das auch gehen, Fußball ist was für echte Männer. Kerle, die morgens nach dem Aufstehen erst mal einen Braunbären mit den Händen erlegen und danach aus einer Eichenrinde ein bisschen Feuerholz herausbeißen. Männer wie Christiano Ronaldo. Wir dagegen haben’s eher so mit Synchronschwimmen und rhythmischer Sportgymnastik, also im Grunde nur Sportarten, bei denen im Hintergrund ABBA laufen kann.
     
    Und obwohl wir kein Fußball gucken, sind wir am Wochenende gut beschäftigt, denn da
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