Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
dir aber wirklich sehr ähnlich.“
    „Wie wolltet ihr meine Leiche beiseite schaffen?“
    Sie brachte ein kleines Kästchen zum Vorschein. „Ein Schattenanzug. Wir wollten dich hierlassen. Morgen wird jemand kommen.“
    „Wir wollen ihn nicht enttäuschen“, sagte Reuben, streifte das Netz des Schattenanzugs über seinen Doppelgänger und schaltete die Energiezufuhr ein. Im Halbdunkel des Raums war die Täuschung perfekt, aber morgen, bei Tageslicht, würde sie es nicht mehr sein. „Sie werden dich fragen, weshalb der Körper erschossen statt erstochen wurde. Du wirst ihnen sagen, du hättest mich mit einer Pistole unter dem Kissen erschossen, da ich den Doppelgänger hereinkommen hörte und du Angst hattest, der Plan könnte scheitern.“
    „Woher weißt du, daß ich dich nicht verraten werde?“ fragte sie lustlos.
    „Das wirst du nicht tun, Selene“, antwortete er mit ätzender Stimme. „Du bist am Ende .“
    Sie nickte unbestimmt, öffnete dann den Mund zum Sprechen, sagte aber nichts und ging hinaus.
    Reuben streckte sich genüßlich auf seinem schmalen Bett aus. Später einmal würden seine Betten breiter und weicher sein, dachte er.
    Seine Gedanken glitten schläfrig zu der Vorstellung, daß er eines Tages mit den anderen Generälen zur Wahl dessen stehen würde, der fünf Sterne trug – oder daß er sie vielleicht sogar selbst tragen würde, Herr über Denv.
    Er verschlief das morgendliche Wecksignal und kam zu spät zu seiner Arbeitsstelle im zwanzigsten Stock. Er sah seinen Vorgesetzten, Mays Mann Oscar, Atomist vom fünfundachtzigsten Stock, der überdeutlich seinen Namen notierte. Sollte er doch!
    Er versammelte seine Mannschaft für eine grimmige Ansprache um sich: „Wir werden heute mindestens mit Ellay gleichziehen, wenn nicht sogar einige Punkte gutmachen. Bei Sonnenuntergang werden drei Geschoßsalven von Deck eins abgefeuert werden.“
    Seinen Worten folgte ein erfreutes Murmeln, dann machte sich Reuben wieder an die Arbeit.
    Den ganzen Vormittag verbrachte er damit, Plutonium von den mehr als argwöhnischen Verkäufern tief in den Felsfundamenten zu kaufen, das auf dem Weg zur Waffengilde zahllosen Prüfungen unterzogen wurde. Dort überwachte Oscar höchstpersönlich, wie die gebogenen Stäbe samt Explosivlinsen in sechzig Kilogramm schwere Sprengköpfe gefüllt wurden.
    Nachmittags kam es zu einem Zwischenfall. Reuben sah Oscar einen Augenblick beiseite treten und mit einem Wartungsmann sprechen, dessen Wache über einen der Arbeiter herfiel und ihn wegzerrte, während dieser Unschuldsbeteuerungen ausstieß. Der Mann war bei einem Sabotageakt erwischt worden. Als die Sprengköpfe fest auf den Geschossen montiert waren, die in den Abschußrampen warteten, fuhren die beiden Atomisten zu den Beobachtungsständen im dreiundachtzigsten Stock empor.
    Die Neuigkeiten von einer neuen großen Angriffswelle hatten sich bereits verbreitet, die Luft schien elektrisiert zu sein. Reuben hörte Glückwünsche von allen Seiten: „Heute nacht werden wir sie fertigmachen!“
    „Der Diener, den Sie festnehmen ließen“, wandte Reuben sich an Oscar. „Was hatte er getan?“
    Sein Kommandant starrte ihn finster an. „Wollen Sie meine Aufgaben erlernen? Versuchen Sie das nicht, ich warne Sie! Wenn Ihnen meine schwarzen Markierungen noch nicht reichen, dann kann ich für so viele Mängelberichte in Ihren Unterlagen sorgen, daß es für eine Degradierung reichen wird.“
    „Nein, nein! Ich fragte mich nur, warum die Menschen so etwas tun.“
    Oscar schniefte zweifelnd. „Wahrscheinlich ist er verrückt, wie alle Angelos. Ich habe einmal gehört, das Klima sei dafür verantwortlich. Aber Sie sind kein Wartungsspezialist oder Kontrolleur. Was schert Sie das?“
    „Wahrscheinlich werden sie sein Gehirn ausbrennen?“
    „Wahrscheinlich. Hören Sie!“
    Deck eins feuerte. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs.
    Die Leute wandten sich einander lachend zu und schüttelten sich die Hände. Achtzehn Geschosse rasten durch die Stratosphäre auf Ellay zu. Mit etwas Glück würden ein oder zwei den ersten Abwehrschirm durchdringen und Fenster und Wände in der verrückten Stadt am Meer zum Bersten bringen. Geschah den Irren ganz recht.
    Fünf Minuten später hallte eine Lautsprecherstimme durch ganz Denv {1} .
    „Abschußbericht“, sagte sie. „Achtzehn Raketen abgeschossen, achtzehn perfekte Flugbahnen. Fünfzehn wurden von Ellays’
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher