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Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Titel: Messias-Maschine: Roman (German Edition)
Autoren: Chris Beckett
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Doppeldeckerflugzeuge stießen im Sturzflug dazwischen nieder und stiegen wieder auf. Ich sah die lächelnden Gesichter der Piloten, die einander um die Türme jagten. Ich sah, wie ein rotes Flugzeug durch eine Brücke brach und mit einer lauten Explosion in ein Gebäude krachte. Doch im nächsten Moment war das Flugzeug verschwunden, die Brücke war wieder ganz, und Züge voller zufriedener Menschen sausten einmal mehr hinüber.
    »Es gibt da etwas, das ich dir gerne zeigen würde, George«, sagte Ruth neben mir mit ihrer Kleine-Rose-Stimme.
    Sie streckte den Arm aus und nahm mich bei der Hand (womit ich meine SenSpace-Hand meine: In der wirklichen Welt, in unserer Wohnung im Faraday-Bezirk, befanden wir uns an entgegengesetzten Enden des Zimmers.), und ich folgte ihr.

    Wir kamen an eine kleine Bucht, wo die Olivenhaine bis fast ans Meer heranreichten. Das Wasser war blau und so klar, dass es eher so wirkte, als würden die Fischschwärme über den glatten weißen Steinen am Grund umherfliegen, anstatt darüber hinwegzuschwimmen. Ein am Ufer vertäutes Ruderboot schien über seinem eigenen Schatten zu schweben.
    Zikaden und Grillen zirpten unablässig zwischen den Olivenbäumen und Pinien. Die Luft war vom aromatischen Duft der von der Sonne erhitzten Wildkräuter erfüllt. In der Ferne hörte man Ziegenglocken läuten. Ein kleiner Vogel mit einem Wollfetzen im Schnabel flog übers Meer zu einer Felseninsel fünfzig Meter vor der Küste, auf der eine einzige Pinie wuchs.
    Ganz oben auf der kleinen Felsklippe standen die Ruinen eines byzantinischen Tempels.

    »Aber das ist ja Agios Konstantinos!«, rief ich.
    Kleine Rose schaute mich lächelnd an und nickte.
    »Bei Mondschein ist es sogar noch schöner!«, sagte sie, und sofort verblasste das Tageslicht.
    »Aber diesen Ort gibt es wirklich, Ruth!«, erwiderte ich. (Das Tageslicht blieb, unsicher, wie es fortfahren sollte, und die Sonne hielt auf ihrem Weg dem Meer entgegen inne.) »Wir sind oft dort gewesen. Zum Picknicken. Einmal habe ich eine Schildkröte gefunden.«
    »Hier gibt es auch Schildkröten«, erklärte sie. »Schau!«
    »Aber du kannst nach Konstantinos gehen und echte Schildkröten sehen, Ruth!«
    Kleine Rose runzelte die Stirn. »Dorthin werde ich niemals zurückkehren. Nicht nach dem, was geschehen ist.«
    Vor zehn Jahren war ein schweizerischer Illyrier an jenem Küstenstreifen nahe der Grenze von griechischen Terroristen entführt und ermordet worden. Danach hatten wir Konstantinos nicht mehr aufgesucht.
    »Sieh nur!«, sagte Kleine Rose. »Eine Schildkröte, siehst du, genau zu deinen Füßen!«

Kapitel 7
    I ch hatte nicht damit gerechnet, Marija Mejic nach ihrem Besuch bei uns wegen Shirley noch einmal wiederzusehen. Aber zufällig liefen wir uns nicht viel später über den Weg. Das geschah bei einer Fortbildung für Exportfirmen, die von der Regierung am Nora-Ullman-Institut veranstaltet wurde. Zusammen mit zwei anderen – Tony Vespuccio und Ricky Timms – repräsentierte ich dort Wort für Wort. Marija gehörte zu den Vertretern der Illyria Cybernetics Corporation.
    Ricky war sozusagen ein Freund von mir. Er war ein Jahr jünger als ich und litt noch mit einundzwanzig an einer ziemlich üblen Pubertätsakne. Manchmal betranken wir uns zusammen und redeten übers Programmieren, über Sport und über verschiedene Kult-Fernsehserien, deren Zielpublikum aus unreifen jungen Männern wie uns bestand. Manchmal gingen wir auch runter ans Meer und blödelten in den Spielhallen rum. Eigentlich mochten wir einander nicht besonders.
    Tony war ein wenig älter als wir und sehr viel erfahrener.
    Beim Seminar teilte man uns in Vierergrüppchen auf, die sich mit verschiedenen praktischen Problemen bezüglich des Exports technologiebasierter Ausrüstung in die mittelalterlichen und theokratischen Staatswesen jenseits unserer Grenzen befassen sollten. (Immerhin war Illyrien von diesen Ländern abhängig, die es mit Nahrung, Rohstoffen und, trotz der Roboter und Syntecs, mit Arbeitskräften versorgten.)
    Zu meiner Gruppe gehörten Ricky, Tony und Marija.
    Marija erinnerte sich noch an mich.
    »Wissen Sie, wir haben diesen Roboter aus Ihrem Haus nicht gefunden«, bemerkte sie.
    Ich brummte irgendwas davon, dass mit dem Ersatzgerät alles in Ordnung zu sein schien.
    »Geht es Ihrer Frau gut?«, fragte sie. »Sie wirkte ziemlich zerrüttet.«
    »Deiner Frau?«, rief Tony ungläubig. »Deiner Ehefrau? «
    Ich errötete.
    Ricky kicherte.
    Ich steckte den Kopf
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