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Messewalzer

Messewalzer

Titel: Messewalzer
Autoren: Andreas Stammkötter
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anstrengenden Film hätte er seiner Müdigkeit nicht mehr zumuten können.
    Einen Moment überlegte er, ob er Liane nicht wenigstens noch einmal aus dem Festnetz anrufen sollte, beschloss aber, einen Anruf von ihr abzuwarten. Deshalb bemerkte er nicht, dass das Kabel seines Telefons durchgeschnitten war. Kroll ging zum Kühlschrank und holte sich ein Bier. Dann ließ er sich auf sein Sofa fallen und legte die Beine hoch, während er sich das Fußballspiel ansah. Bald fielen ihm die Augen zu.
    Wiggins konnte immer noch nicht glauben, dass sein Kollege die Einladung auf ein Glas Bier ausgeschlagen hatte. Das war eigentlich gar nicht seine Art. Er hatte sich so auf einen Absacker gefreut, dass er nicht unverrichteter Dinge nach Hause gehen wollte. Er entschied sich, noch im Gonzales vorbeizuschauen. Irgendjemanden würde er dort schon treffen, und wenn nicht, war es auch nicht so schlimm.
    Er setzte sich an die Theke und bestellte ein großes Weizenbier mit Zitrone. Dies trank er genüsslich, während er sich das Fußballspiel ansah, das in dem Fernseher über der Theke lief. Wie so häufig war der Ton abgestellt. Aber das störte Wiggins nicht. Wenigstens ein bisschen Ablenkung, dachte er zufrieden.
    »Wo ist denn heute dein Kollege?«, hörte er eine vertraute Stimme hinter sich. Sie gehörte dem Lokalreporter Günther Hirte.
    »Der ist müde«, antwortete Wiggins. Er zeigte auf den freien Hocker neben sich. »Nimm doch Platz und leiste mir ein bisschen Gesellschaft.«
    »Eigentlich habe ich schon genug gelöffelt«, grummelte der Reporter und ließ sich neben Wiggins am Tresen nieder. Kurzerhand bestellte er zwei Bier und zwei Tequila.
    Wie gewohnt eröffnete er den Abend mit der Erzählung einer lustigen Geschichte, die sich mal wieder nicht oberhalb der Gürtellinie bewegte. »Unterhalten sich zwei Frauen, blond! Sagt die eine, du, ich habe jetzt einen Akademiker. Sagt die andere: Das ist ja supertoll! Aber was ist das überhaupt? Darauf die Erste: Weiß ich auch nicht so genau … aber die haben einen Penis! Die andere: Das ist ja supertoll! … Aber was ist das denn?«
    Als die Bedienung den Tequila auf die Bar stellte, war Wiggins für einen Moment abwesend. Es erinnerte ihn schlagartig daran, dass er hier den letzten Tequila mit seiner Freundin Nicole getrunken hatte. Heute Abend war er gar nicht auf die Idee gekommen, sie anzurufen und zu fragen, ob sie sich treffen könnten. Warum hatte er nicht an Nicole gedacht? Gute Frage. Er konnte es sich nicht erklären. Jedenfalls hatte er ein schlechtes Gewissen.
    Er nippte an seinem Agavenschnaps und nahm nur beiläufig wahr, dass Günther den Witz zu Ende erzählt hatte. »Weiß ich auch nicht so genau: Sieht aus wie ein Schwanz, ist nur viel kleiner!«
    Wiggins war immer noch in Gedanken.
    »Fandest du wohl nicht witzig?«
    Wiggins drehte sich um. »Doch, entschuldige. Ich war gerade nur …«

    Die Stimme des Kommentators wurde lauter. Eine Mannschaft hatte ein Tor geschossen. Kroll wurde aus seinem Schlummer gerissen und öffnete die Augen. Zuerst registrierte er in seiner Schlaftrunkenheit nicht, was er sah. Er glaubte, gegenüber die Umrisse von Goran zu erkennen, und blinzelte mit den Augen. Es war keine Täuschung. Goran saß in dem Sessel, der vor dem Sofa stand und starrte ihn an. Kroll sah ihn zum ersten Mal aus der Nähe. Die grünen Augen unter dem kahl geschorenen Schädel ließen ihn diabolisch wirken.
    Kroll war sofort wach. Er schreckte auf und setzte sich aufrecht hin. »Was willst du hier?«
    Goran war die Ruhe selbst. »Ich dir doch gesagt, wir noch Rechnung offen haben. Zeit jetzt da! Wir jetzt hinter uns bringen.«
    Kroll griff nach dem Telefon neben dem Sofa.
    »Ist kaputt!«, verkündete Goran mit einem kalten Lächeln.
    Kroll realisierte auf einen Schlag die Situation, in der er steckte. Er kam sich hilflos und allein vor. Gegen einen trainierten Kampfsportler wie Goran hatte er keine Chance, das war ihm klar. Immer nur reden, dachte er, immer nur reden. »Willst du dich jetzt in der Wohnung mit mir prügeln?«
    Goran sah sich im Wohnzimmer um. »Deine Wohnung gut für Kampf. Ich schon in kleinere Häuser gekämpft, damals, in Krieg.« Er erhob sich und stellte sich in die Tür zum Flur. »Steh auf, auf Sofa du keine Chance!«
    Kroll sah sich unauffällig nach etwas um, was er als Waffe benutzen konnte, fand aber nichts. Er stand langsam auf und ging auf Goran zu. »Warum hast du Lachmann umgebracht?«
    Goran verzog keine Miene. »War
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