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Messewalzer

Messewalzer

Titel: Messewalzer
Autoren: Andreas Stammkötter
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Zwei Beamte waren gerade damit beschäftigt, die Fesseln zu lösen. Der Notarzt kam den Polizisten und dem Staatsanwalt entgegen. »Beide Personen sind in körperlich guter Verfassung, zumindest den Umständen entsprechend. Das Mädchen sollte sich jedoch zur Sicherheit einmal gründlich untersuchen lassen.«
    Kroll nickte dem Arzt zum Dank kurz zu und ging zu dem Mädchen. Es saß vor der Heizung und rieb sich die Handgelenke.
    »Hallo, Stefanie! Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie froh wir sind, dich zu sehen.«
    Das Kind verzog keine Miene. Weder ein Lächeln noch ein Ausdruck von Erleichterung oder eine andere Regung war auf seinem Gesicht zu erkennen. Es sah Kroll nur verständnislos an. »Sind meine Eltern da?«
    »Die haben sich ganz große Sorgen gemacht und warten schon auf dich. Weißt du was? Du wirst jetzt mit einem Polizeiwagen nach Hause gefahren und ruhst dich erst einmal aus.«
    Stefanie nickte. Ein Polizeibeamter nahm sie bei der Hand und verließ mit ihr den Raum.
    Kroll ging zu der Bewohnerin der Wohnung, die sich mittlerweile auf einen Stuhl gesetzt hatte. Sie sah Kroll fragend an. »Können Sie mir erklären, was los war? Ich dachte zuerst, hier läuft ein Film.«
    Kroll ergriff ihre Hand, die auf dem Tisch lag. »Ich glaube, Sie haben sich wunderbar verhalten. Wir sind sehr erleichtert. Vielen Dank. Der Mann, der Sie heute überwältigt hat, ist ausgesprochen gefährlich. Wir sind schon lange hinter ihm her, aber mit der Geisel konnte er uns entkommen.«
    Die Hausbesitzerin fiel ihm ins Wort. »Das glaub ich sofort, dass der nicht ungefährlich ist. Wer nimmt denn sonst ein Kind als Geisel? Und dann diese Tätowierungen. So was hat doch kein normaler Mensch!«
    Kroll hielt immer noch ihre Hand. »Können Sie mir bitte sagen, wie das alles passiert ist?«
    Die alte Dame lachte bitter auf. »Ich war draußen und habe die Einfahrt gefegt. Ich hab an nichts Böses gedacht und mit einem Mal stand dieser Kerl auf einmal vor mir. Mit dem Mädchen. Beide platschnass. Das Messer am Hals habe ich sofort gesehen. Der Mann war tüchtig nervös … er hat mich angeschrien, ich solle sofort mit ihnen in die Wohnung, sonst würde ein Unglück passieren. Dann sind wir reingegangen, erst ich und die beiden hinterher. Wir mussten uns vor die Heizung knien und er hat uns mit den Handschellen festgebunden.« Sie holte tief Luft. Die Erinnerung an das Geschehene schien ihr Probleme zu bereiten. Kroll sah sich um, ob der Arzt noch in der Nähe war, aber der hatte das Haus schon verlassen.
    Kroll drückte ihre Hand fester. »Ganz ruhig. Es ist alles vorbei. Wir müssen jetzt nicht weiterreden. Kein Problem. Wir können auch später noch mal wiederkommen oder morgen, wenn Sie sich besser fühlen.«
    Die Frau atmete konzentriert mit geschlossenen Augen. Sie legte ihre andere Hand auf Krolls Handrücken. »Es geht schon wieder. Einen Moment bitte. Mein Herz ist nicht mehr das allerbeste.« Sie schaute zum Regal. »Dort drüben ist meine Medizin, Weizenkorn. Ich bräuchte jetzt einen Doppelten!«
    Kroll ging zum Regal und goss ihr großzügig ein Glas ein. Sie trank den Schnaps mit beiden Händen und stellte das Glas ab.
    »Geht’s jetzt besser?«, erkundigte sich Kroll.
    Sie nickte. »Wo war ich stehen geblieben? Ach ja … also, eigentlich war ich fast fertig. Er hat uns den Mund zugeklebt und ist ziemlich schnell gegangen.« Plötzlich brach sie in Tränen aus. »Ich hatte so eine Angst um das Kind. Ich bin doch nur eine alte Frau … aber das Mädchen! Zum Glück kamen bald Ihre Kollegen.«
    »Haben Sie jemanden, der sich um Sie kümmert? Sie sollten jetzt besser nicht alleine sein.«
    Die alte Dame nickte. »Meine Tochter und mein Schwiegersohn kommen bestimmt vorbei. Kein Problem.«
    Kroll lächelte sie an. »Und gleich kommen noch ganz viele Beamte von der Spurensicherung. Das lässt sich leider nicht vermeiden.«
    Sie lächelte zurück. »Das ist kein Problem. So habe ich wenigstens noch etwas Abwechslung. Ich lass Sie aber nicht gehen, bevor Sie nicht ein Körnchen mit mir getrunken haben!«
    Kroll wurde ernst. »Aber nur unter einer Bedingung. Mein junger Kollege dort drüben darf nicht leer ausgehen. Ich glaube nämlich, der könnte jetzt auch einen gebrauchen.«
    Sie beugte sich vor und flüsterte Kroll ins Ohr. »Ist doch kein Problem! Die Körnchen gehen bei mir nie aus!«
    Den Abend verbrachten Kroll und Wiggins auf der Terrasse des Operncafés und ließen die Ereignisse der letzten Tage noch einmal
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